Klimapolitik und individuelle Entscheidungen
Eine theoretische und experimentelle Analyse von Fiskalillusion und Verdrängungseffekten bei der Bereitstellung öffentlicher Güter
Mathias Firchow
In der experimentellen Ökonomik wird seit längerem untersucht, aus welchen Gründen und unter welchen institutionellen Arrangements Individuen bereit sind, freiwillig Beiträge zu einem öffentlichen Gut wie dem Klimaschutz zu leisten. Aus individueller Sicht wiegt die schwierige Anreizstruktur der öffentlichen Güter beim Klimaschutz besonders schwer: Einerseits ist der Einfluss, den ein einzelnes Individuum mit seinen positiven oder negativen Beiträgen hierzu leisten kann, außerordentlich gering, andererseits ergibt sich das Niveau des Klimaschutzes erst im Ergebnis als „Summe“ aller individuellen Beiträge. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass eine dezentrale Lösung des Problems allein auf Basis freiwilliger Aktivitäten zum Scheitern verurteilt ist und staatliches Handeln erforderlich wird. Während die Koordination der Klimaschutzaktivitäten auf der zwischenstaatlichen Ebene ein zentrales Untersuchungsobjekt der Klimaökonomik darstellt, entsteht auf der individuellen Ebene die Frage, wie altruistisch motivierte Individuen auf die Aktivitäten des Staates reagieren. Ausgehend von einer mikroökonomischen Modellierung des Bereitstellungsproblems wird vor diesem Hintergrund ein eigenes experimentelles Setting entwickelt, welches eine Analyse der Probleme unter Kontrolle der exogenen Einflussfaktoren erlaubt. In den drei durchgeführten Forschungsexperimenten müssen die Teilnehmer Geld zwischen privaten Konsum und realer Vermeidung von CO2 aufteilen. In allen Experimenten ist keine vollständige Verdrängung der freiwilligen Beiträge zu beobachten. Die Bedeutung des ‚Warm-Glow‘-Motivs wird damit klar herausgestellt, denn Individuen werden nicht nur vom absoluten Bereitstellungsniveau des öffentlichen Gutes, sondern auch vom freiwilligen Beitragen an sich motiviert. Eine wichtige Determinante der Bereitstellung stellt die Fiskalillusion dar. So werden die freiwilligen Beiträge bei einer indirekten Konsumsteuer deutlich weniger verdrängt als bei einer äquivalenten Einkommensteuer. Des Weiteren zeigt sich, dass die Präsentation und Persistenz einer Steuer verstärkende Wirkung auf die Intensität der Verdrängungseffekte hat. Aus Sicht der Klimapolitik sollten diese dynamischen Effekte bei der Instrumentenwahl berücksichtigt werden, um die gesellschaftliche Akzeptanz von Klimaschutzprojekten nicht zu gefährden.