Kunstraub in Südtirol 1939–1945
Hermann Brugger
Der Kulturgut-Transfer und Kunstraub in Südtirol während der Option und Umsiedlung 1939–1943 wurden bis heute nicht thematisiert. Der Schwund an Kunstobjekten in dieser Zeit lag zum einen an der berechtigten Mitnahme von privatem Eigentum der Abwanderer, zum anderen nutzten Behörden und Händler die Situation aus, um durch Ankauf und gesetzwidrige Ausfuhren, Verschleppungen und organisierte Diebstähle der Kunstwerke habhaft zu werden. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Kulturkommission, eine Teilorganisation der SS Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe, mit dem Auftrag der „Feststellung, Aufnahme und Bearbeitung des gesamten kulturellen und kulturhistorisch wichtigen Besitzes der Umsiedler“. Die Ausfuhren der erworbenen Kunstwerke durch die Kulturkommission wurden durch Umgehung der Richtlinien für die Rückwanderung und der geltenden italienischen Ausfuhrbestimmungen bewerkstelligt. Laut der Transportpapiere wurden beispielweise 1943 „drei Tonnen Arbeitsmaterial“, mit den SS-Gebirgs-Jägern unkontrolliert über den Brenner ins Deutsche Reich gebracht. Zu gleicher Zeit wurden von den faschistischen Behörden bedeutende Kunstwerke aus Südtirol ins Nationalmuseum von Trient verschleppt, diese sind heute an die Autonome Provinz Bozen zurückgegeben. Die Klärung der Provenienz steht teilweise noch aus. Zusätzlich wird ein überregionaler Kunstdiebstahl von ca. 90 Kunstobjekten aus Südtiroler Kirchen aufgezeigt, einzelne Objekte scheinen in Museen auf. Mittels Provenienzforschung wird die Entstehungs-, Erwerbs-, Verlust- und Restitutionsgeschichte einiger Kunstobjekte dargestellt. Die Kunstobjekte, erschaffen in ihrer Zeit, sind die Protagonisten der Geschichte.