Liebespfand fürs Vaterland
Krieg, Geschlecht und faschistische Nation in der italienischen Gold- und Eheringsammlung 1935/36
Petra Terhoeven
Am 18.12.1935 fand in Italien die wohl aufwendigste Selbstinszenierung des faschistischen Regimes statt. Im Zuge einer beispiellosen Spendenaktion zur Finanzierung des Äthiopienkrieges waren italienische Paare, besonders aber die Frauen dazu aufgerufen, mit dem Austausch ihrer goldenen Eheringe gegen einen wertlosen, aber kirchlich gesegneten Ersatz ihre Treue zum Faschismus unter Beweis zu stellen. Millionen leisteten dem Appell Folge. Der vorliegende Band beleuchtet erstmals die Hintergründe dieses bemerkenswerten Geschehens. Dabei wird das kollektive Eheringopfer als Schlüsselereignis zum Verständnis grundlegender Aspekte des Faschismus betrachtet — vor allem der zentralen Bedeutung der militärischen Expansion als innenpolitischem Mobilisierungsinstrument. Für die Frauen nahm die Trennung vom Ehering als symbolische Hochzeit mit dem Vaterland die Bereitschaft zum Gatten- bzw. Sohnesopfer im Krieg vorweg. Die Studie leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag zu Faschismus-, Totalitarismus- und gender-Theorie. Organisation, Verlauf und Resonanz der Trauringspende eröffnen auch einen sehr plastischen Einblick in den faschistischen Alltag, der über weite Strecken durch das Wechselspiel zwischen popularem Konsens und erzwungener Kooperation bestimmt war. Entsprechend der hohen Bedeutung visueller Propaganda im faschistischen Italien enthält der Band über sechzig Abbildungen, die ausführlich interpretiert und auf ihre symbolische wie ästhetische Wirkung hin untersucht werden.