linke mehrheit?
über rot-grün-rot, politische bündnisse und hegemonie
Tom Strohschneider
Wer nach einer Antwort sucht, den treibt immer auch Hoffnung: Linke Mehrheit, das klingt nach einem Ort der Aufbewahrung guter Ideen, nach einem gemeinsamen Feuer, das gegen die Schlechtigkeit dieser Welt wärmt und die Richtung ausleuchtet in eine bessere.
Es gibt jedoch ganz verschiedene Vorstellungen darüber, was eine linke Mehrheit sein müsste. Meist ist sie auf eine parteipolitische Kategorie der Bündnisfähigkeit geschrumpft, die Mehrheit ist dann rot-grün-rot – und gegenwärtig offenbar defekt.
Woran mag das liegen? Am Souverän, an den Nichtwählern? Oder an den Protagonisten selbst? Wer über die Existenz einer linken Mehrheit diskutiert, wird denn auch mit einem widersprüchlichen Befund konfrontiert: Das Verbindende lässt sich nicht so einfach parteipolitisch zu einer Homogenität von Vorstellungen und Zielen verdichten. Und zugleich müssen die teils deutlichen Unterschiede im Denken, Fühlen, Schmecken keineswegs gleichbedeutend sein mit politischer Handlungsunfähigkeit.
Die Frage nach der linken Mehrheit wird im Spannungsverhältnis zwischen Parteien und sozialen Milieus, zwischen parlamentarischer Logik und gesellschaftlicher Selbstbewegung beantwortet. Nicht die Stimmenzahl von drei Parteien allein ist es, die schon ausreichend politischen Kitt bildet. Die Antwort auf die Frage lautet: Natürlich, aber das Kriterium auch dieser Wahrheit kann nur eine Praxis sein.