Niersteiner Geschichtsblätter
Das Weingut Finck und die Niersteiner Glöck
Dr. Susanne Bräckelmann
Nierstein und die Glöck gehören untrennbar zusammen. Beide werden erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 742 erwähnt. In jenem Jahr beginnt die verbriefte Geschichte Niersteins, in jenem Jahr die der ältesten urkundlich erwähnten Weinlage Deutschlands. Die Glöck ist eine herausragende Lage, die schon früh den Weltruf der Niersteiner Weine mitbegründete. Dem letzten privaten Besitzer der Glöck hat Nierstein zudem ein prägendes Anwesen zu verdanken: das heutige Rathaus der Stadt. Dieses Gebäude wurde von Philipp Josef Finck im 19. Jahrhundert als Sitz seines Weinguts erbaut. 1937 erwarb es die Gemeinde samt dazugehöriger Parkanlage und baute es zum Rathaus um. Die Niersteiner Glöck war ein Herzstück des Weinguts, mit dem Philipp Josef Finck große Bedeutung für den Weinbau in Rheinhessen erlang.
Diese Verbindungen nahm der Geschichtsverein im Jahre 2013 zum Anlass, zu einem informativen und genussvollen Abend im Park und auf der Terrasse des Rathauses einzuladen, bei dem die Geschichte der Familie Finck, ihres Weingutes und die der Glöck den informativen Teil und eine exklusive Probe von Glöckweinen den genussvollen Teil darstellten. Als Referenten gestalteten Dr. Hermann Schefers, Historiker und Nachfahre der Fincks, und Otto Schätzel, der Leiter des Staatsweingutes Oppenheim, die Veranstaltung.
1925 nämlich, als die Hessische Staatsdomäne das Weingut Finck kaufte, ging auch die Glöck in Staatsbesitz über. Heute im Alleinbesitz des Landes Rheinland-Pfalz wird sie vom Staatsweingut Oppenheim ökologisch bewirtschaftet. Nur 2,1 Hektar klein ist die berühmte Glöck, die – von einer alten Mauer schützend umschlossen – mit der oberhalb gelegenen Kirche bis heute in besonderer Beziehung steht.
Die in dieser Sonderausgabe der Niersteiner Geschichtsblätter erstmals veröffentlichten Beiträge sind überarbeitete und teils erweiterte Fassungen der Vorträge der Veranstaltung vom 23. August 2013, ergänzt um zahlreiche, ebenfalls bisher unveröffentlichte Bilder und Dokumente. Die wundervoll gestaltete, 1898 im Verlag Zabern erschienene Festschrift zum 70. Geburtstag von Fincks Schwiegersohn Heinrich Diehl, der das Weingut nach Fincks Tod weiter führte, wird in diesem Heft faksimiliert abgedruckt. Der Beitrag zur Geschichte des Niersteiner Rathauses schildert die Veränderungen am Gebäude und dessen Nutzung seit 1937 und führt in die Gegenwart.