Philosophische Kehrseiten
Eine andere Einleitung in die Philosophie
Natalie Pieper, Benno Wirz
Philosophisches Denken produziert Kehrseiten. Sobald ein Denkprojekt in Angriff genommen wird, erfordert es offen gelegte oder implizite Entscheidungen hinsichtlich Interesse, Gegenstand, Begriffe, Methode und Ziel. Dies eröffnet ein Feld von Denkmöglichkeiten, blendet aber zugleich andere aus. Ein Denkprojekt vollbringt eine Konstitutionsleistung und erzeugt darin Grenzziehungen, Differenzierungen, Ausschlüsse und Unterlassungen. Die Denkfigur der Kehrseite richtet die Aufmerksamkeit auf ein Doppeltes: sowohl auf das Konstituierende des philosophischen Anliegens, zugleich aber auch auf seine Neben- und Abfallprodukte. In den Blick gelangt das, was mitgedacht und mitgängig ist, jedoch nicht zur Debatte steht. Das Interesse an Kehrseiten setzt diese beiden Seiten – das Konstituierende und sein Anderes – in ein Verhältnis und denkt sie in Bezug aufeinander. Im Zentrum steht dabei die Frage nach den Interessen und Strategien, den Gründen und Zielen, die philosophisches Denken zur Bildung von Kehrseiten veranlassen. Anhand von prägnanten Kehrseiten der Philosophie wie Vergessen, Zweifel, Dunkel, Literatur usw. werden Neulektüren klassischer Texte der Philosophie präsentiert. Die Beiträge bieten sowohl Reflexionen auf die Kehrseiten-Thematik als auch Metareflexionen auf das die Philosophie eigens auszeichnende Denken. Das Buch versteht sich insofern als Einleitung der etwas anderen Art in die Philosophie am Leitfaden der Denkfigur der Kehrseite. Es umfasst Beiträge der Zürcher Forschungsgruppe „Philosophische Kehrseiten“ sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Philosophie, Kultur- und Literaturwissenschaft, wie Eva Geulen und Michael Hampe, Elisabeth Bronfen und Simon Critchley.