Poesie und Politik
Der Dokumentarfilmer Joris Ivens (1898-1989)
Jan P Barbian, Werner Ruzicka
Der am 18. November 1898 in Nijmwegen geborene und am 28. Juni 1989 in Paris verstorbene Joris Ivens zählt zu den markantesten Persönlichkeiten der internationalen Filmgeschichte. Sein Leben ist gekennzeichnet von den Widersprüchen des 20. Jahrhunderts, so dass seine Biographie paradigmatisch genannt werden kann. Sein Werk wechselt zwischen Poesie und Politik, zwischen entschiedener Parteinahme und zunehmender Distanz zu allen Parteien, zwischen klassischem Dokumentarismus und bewusster Inszenierung, zwischen lyrischem Realismus und militantem Agit-Pop. „Vom Wind der Geschichte“ angetrieben, hat dieser Weltbürger seine Zeit durcheilt. Er hat Kriege gefilmt und überlebt, sah seine Freunde für ihre Ideen sterben, sah, wie die Völker sich erhoben und die revolutionären Führer sich in Despoten verwandelten. Während Ivens in den Niederlanden, in Frankreich und in anderen europäischen Ländern, aber auch in den USA und in Japan durch Publikationen und Retrospektiven präsent ist, ist der vorliegende Sammelband nach langer Zeit die erste deutschsprachige Würdigung des Dokumentarfilmers. Die Beiträge zeichnen einige der inneren Entwicklungslinien im Werk von Joris Ivens nach und bewerten die Widersprüchlichkeiten in seinen Filmen und Selbstzeugnissen, um auf diese Weise allgemeinere Kriterien für die Rolle eines Künstlers im 20. Jahrhundert ableiten zu können.