Sowjetrussische Vornamen
Ein Lexikon
Herwig Kraus
Zu den Kuriositäten der Sowjetzeit gehören die von der kommunistischen Ideologie inspirierten neuen „revolutionären“ Vornamen. Mit der bolschewistischen Machtergreifung verlor die orthodoxe Kirche das Monopol der Namengebung. Statt eines Namens aus dem Kirchenkalender konnte nun jedes beliebige Wort als Vorname gewählt werden. Oft ist nur für Spezialisten erkennbar, daß sich z.B. hinter „Melor“ die Initialen von Marx, Engels, Lenin und Oktoberrevolution verbergen, und „Trolebuzin“ nichts mit einem Trolleybus gemeinsam hat, sondern aus den Anfangsbuchstaben von Trockij, Lenin, Bucharin und Zinov’ev entstand. Die „revolutionäre“ Vornamengebung war zwar nur eine vorübergehende Erscheinung, die ungewöhnlichen Kreationen kamen und kommen aber immer noch in beträchtlicher Zahl als Vor- und Vatersnamen vor. Das vorliegende Lexikon beleuchtet ein bislang unerforschtes Kapitel der neueren russischen Geschichte und Onomastik und ermöglicht erstmalig das Dechiffrieren der nach 1917 massenweise gebildeten künstlichen Vornamen wie „Lenmar“, „Marksen“ oder „Ninel“.