Spekulation und Vorstellung in Hegels enzyklopädischem System
Kazimir Drilo, Axel Hutter
Das Verhältnis von Spekulation und Vorstellung in Hegels enzyklopädischem System ist von einer eigentümlichen Spannung gekennzeichnet. Spekulation ist nicht nur die kritische Reinigung der Inhalte der Vorstellung von ihren Vorurteilen und Irrtümern, sondern zugleich Anerkennung und Rechtfertigung des endlichen, vorstellenden Denkens innerhalb seiner Grenzen, sowohl auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie als auch der Religion. Wie „überzeugt“ man aber die Vorstellung, ihren Standpunkt aufzugeben und auf den Standpunkt der Spekulation zu wechseln? Soll die Spekulation tatsächlich die Vorstellung ganz und endgültig in die Form des Begriffs überführen? Wird die Vorstellung dabei verwandelt, sodass sie sich zu der Wahrheit, die sie eigentlich schon in sich trägt, erhebt, oder muss sie sogar getilgt werden, um dadurch Platz für eine vorstellungslose Wahrheit zu schaffen? Wie verhalten sich Spekulation und Vorstellung zueinander in verschiedenen Teilen des enzyklopädischen Systems, in der Logik und in den Sphären des subjektiven, des objektiven und des absoluten Geistes? Ist die Vorstellung ein Schlüsselbegriff nur der Psychologie und der Religionsphilosophie, wo sie anscheinend ihren natürlichen Ort hat, oder des ganzen enzyklopädischen Systems? Die hier skizzierten Fragen werden in den Beiträgen des Tagungsbandes kritisch überprüft und auf ihre Implikationen hin durchdacht. Die Vielfalt der dabei entstandenen Interpretationsvorschläge gibt den aktuellen Stand der Debatte wieder.