Urvertrauen und Evolution der Kindheit
Untersuchung der psychogenetisch und familienhistorisch bedingten Störung von Eltern-Kind-Beziehungen
Gabriele Reiter
Die psychogenetische Theorie von de Mause postuliert für Eltern-Kind-Beziehungen in der Generationenfolge einen permanenten Annäherungsprozeß zwischen den Eltern und dem Kind. Dieser Beziehungsfortschritt wird durch eine Art zweiter Angstbewältigung der Eltern ermöglicht. Erfahrungen in einer Münchner Selbsthilfegruppe ließen vermuten, daß dieser Prozeß an Bedingungen gebunden ist. Am Beispiel von zwei Familienhistorien wird die Abfolge von vier Generationen rekonstruiert. Das Material wurde durch narrative Interviews, Auswertung zeitgenössischer Quellen, familienhistorische Dokumente etc. erhoben (oral-history). Die Untersuchung zeigt, daß in Eltern-Kind-Beziehungen, die unter dem Einfluß individual- und familienhistorisch bedingter Störfaktoren wie die hier angeführten stehen, sich die von Lloyd de Mause behauptete Evolution der Kindheit nicht vollziehen kann.