Vladimir Sorokins Diskurse
Ein Handbuch
Dirk Uffelmann
Vladimir Sorokin ist der prominenteste und zugleich umstrittenste russische Schriftsteller der Gegenwart. Einem breiteren Publikum bekannt wurde der im Moskauer künstlerischen Untergrund der späten 1970er- und 1980er-Jahre sozialisierte Autor erst nach 1990 mit Erzählungen und Romanen, die bei traditionell gesinnten Leserinnen und Lesern heftigen Anstoß erregten. Sie verletzten nicht allein die sowjetischen ideologischen Tabus, sondern spickten Handlungsmuster, die der Postmodernist Sorokin aus der klassischen Literatur des 19. Jahrhunderts und des Sozialistischen Realismus entlehnte, auch mit Vulgärsprache, Sex und Gewalt.
Berühmt wurde Sorokin, als die Putin-Jugend 2002 seine Bücher zerstörte und er in seinen dystopischen Romanen neonationalistische und neoimperialistische Diskurse unter die Lupe nahm. Damit avancierte er zu einem der schärfsten Kritiker eines „neuen russischen Mittelalters“, blieb aber seiner Poetik der Demontage fremder Diskurse treu.