Voraussetzungen voraussetzungsloser Erkenntnis?
Das Problem philosophischer Letztbegründung von Wahrheit
Miriam Ossa
Im Alltag begegnen wir Menschen mit unterschiedlichen Meinungen, moralischen Vorstellungen sowie Problemlösungsstrategien. Diese Ansätze erleben wir häufig als gleichberechtigt mit der eigenen Einstellung. Dennoch stellt sich die Frage, ob tatsächlich alles relativ ist oder ob es auch Sätze gibt, die unbestreitbar wahr sind. Wenn alles (insbesondere Wahrheit selbst) relativ wäre, ließe sich dies dann überhaupt allgemeinverständlich und allgemeingültig behaupten? Es ist ein altbekanntes Verfahren, dem mit Absolutheitsanspruch vorgebrachten Relativismus durch ein sogenanntes ›reflexives Argument‹ zu begegnen. Reflexive Argumente stellen aber keinen direkten Beweis für Letztbegründung dar. Einen solchen Beweis kann es nicht geben, weil er immer von VorausSetzungen ausgehen würde, die ihrerseits begründet werden müssten. Wie in diesem Buch gezeigt wird, wird jedoch durch einen bestimmten Typ reflexiver Argumente deutlich, welche Bedingungen für uns denknotwendig und damit unhintergehbar sind. Die Einsicht in die Notwendigkeit der als letztbegründet ausgezeichneten Sätze gelingt nur durch die Erkenntnis der allgemeinen Struktur (und damit VorausSetzungslosigkeit) reflexiver Argumentation. Dies ist vor allem deshalb erstaunlich, da jedes einzelne Argument abhängig bleibt von der Logik und Sprache desjenigen, der die Existenz absolut wahrer Sätze bestreitet.