Was tun bei (Cyber)Mobbing?
Systemische Intervention und Prävention in der Schule
In unserer Welt gibt es seit einigen Jahren neben der analogen Realität eine digitale. Da sich ein erheblicher Teil der Kommunikation unter Kindern und Jugendlichen im digitalen Raum abspielt, werden Konflikte nicht mehr nur in analoger, sondern immer mehr auch in digitaler Form ausgetragen. Mobbing wird dadurch erleichtert und sein Schädigungspotential
enorm gesteigert. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge leiden in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder
unter fortwährenden Attacken ihrer Mitschüler. Die Folgen für die Betroffenen sind gravierend. Leistungseinbrüche,
Gewaltphantasien, Rückzug, Depression, Suizidgedanken und psychosomatische Reaktionen zeigen die große Belastung der Opfer. In Klassen mit (Cyber-)Mobbing herrscht ein Klima der Diskriminierung, Demokratie als Lebensform wird
täglich in Frage gestellt. Häufig gilt das Recht des Stärkeren. Bildungsinhalte, wie der Umgang mit Diversität, Erziehung zu Toleranz und Mitgefühl sind in solchen Klassen schwer zu vermitteln. Unser Handbuch soll einen Beitrag dazu leisten, Demokratie und den Rechtsstaat in Klassen stärker erlebbar zu machen, Kinder und Jugendliche effektiv zu schützen
und ihnen eine prosoziale Entwicklung zu ermöglichen. Diese Veröffentlichung verbindet Gewaltprävention,
Mobbingintervention und Medienpädagogik miteinander. Bisher arbeiten Pädagogen in den Arbeitsfeldern
der Gewaltprävention/-intervention und Medienpädagogik eher getrennt voneinander. Doch Mobbing und Cyber-Mobbing sind die beiden Seiten der gleichen Medaille. Zur Bearbeitung ist Expertenwissen aus der Gewaltprävention und der Medienpädagogik nötig. So haben sich klicksafe und das Mehr-Ebenen-Programm Konflikt-KULTUR zusammengetan,
wechselseitig voneinander gelernt und Neues entwickelt.
Der Inhalt dieses Handbuchs:
In Kapitel 1 definieren wir einige grundlegende Begriffe, aus denen bereits der Ansatz der Autoren zu entnehmen ist.
In Kapitel 2 geht es um Begriffsklärungen und Hintergrundwissen zum Thema Mobbing, Cyber-Mobbing und Cyber)Mobbing. Insbesondere wird dabei auf die Dynamik des Mobbings und auf die Spezifika des Mobbings mit digitalen Mitteln eingegangen. In Kapitel 3 werden vier Fälle von (Cyber)Mobbing aus der Praxis beschrieben. Sie zeigen in knapper
Form, wie man mit Hilfe des Systemischen Konfliktmanagements bei (Cyber)Mobbing vorgehen kann. In Kapitel 4 stellen wir zwei Interventionsmethoden vor, die erfolgreich wissenschaftlich evaluierte Systemische Mobbingintervention (SMI) und die
vielfach praxiserprobte Systemische Kurzintervention (SKI). In Kapitel 5 wird Systemisches Konfliktmanagement (SKM) als Bestandteil von Schulentwicklung mit Zielen, Maßnahmen und Teilprozessen ausführlich beschrieben. Sie erfahren, wie man den Schweregrad eines Falles eruiert und die dazu passenden Interventionen findet und durchführt. Die in Kapitel 4
beschriebenen Interventionsmethoden sind darin eingebettet. Am Ende des Kapitels erhalten Sie eine Kurzanleitung, auf die Sie im Notfall zurückgreifen können. Kapitel 6 beschreibt einen fünften (Cyber)Mobbing-Fall („Der Fall Nele“). Darin werden der Fall und das Vorgehen mittels Systemischen Konfliktmanagements ausführlich geschildert. Besonders für eilige Leser ist es empfehlenswert, diese Fallgeschichte zuerst zu lesen, bevor sie sich intensiv mit den Grundlagen des SKM in Kapitel 5 beschäftigen. Im Kapitel 6 erfahren sie anhand des Fallbeispiels, wie es praktisch gut laufen kann, um in Kapitel 5 zu erfahren, auf welchem konzeptionellen Hintergrund dies geschieht. In Kapitel 7 geht es um den pädagogischen Gesamtrahmen. Alles Wissen im Umgang mit (Cyber-)Mobbing darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Intervention nur dann eine nachhaltige Wirkung entfaltet, wenn sie auf einem pädagogischen Fundament steht. Dazu zählen Mut zur Führung, Souveränität und Bedürfnisorientierung, eine klare Werte- und Normorientierung, das Fördern personaler Kompetenzen, insbesondere der Fähigkeit zur Selbststeuerung, die Einbettung der Methoden in eine Motivations- und Beziehungskultur und die Förderung von emotionaler Empathie und Mitgefühl. Diese Aufzählung ist umfangreich und klingt anspruchsvoll — in Kapitel 7 wird sie mit Leben gefüllt. In Kapitel 8 finden sich zehn ausgearbeitete Praxisprojekte
zur Präventionsarbeit in Klassen oder Gruppen zu (Cyber)Mobbing. Diese Projekte können ohne aufwendige Vorbereitungen umgesetzt werden. Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulsozialarbeiter, Schulpsychologen, Präventionsbeauftragte, Multiplikatoren und Fortbildner aus Schule, Jugendhilfe und Polizei erhalten methodisch-didaktische Hinweise
und Hintergrundinformationen für die rein vorbeugende Arbeit. Am Schluss eines jeden Kapitels finden Sie eine Literaturliste,
die die verwendeten Quellen aufzählt und zu vertiefender Lektüre einlädt. Die in den Kapiteln beschriebenen Musterformulare zum Download finden Sie unter www.klicksafe.de/cyber-mobbing und www.konflikt-kultur.de/cyber-mobbing.