Werckmeister. Musicalische Temperatur
Reprint der Auflage Quelinburg 1691
Mark Lindley , Wolfgang Ruf, Andreas Werckmeister
Andreas Werckmeister (1645-1706) war kein weitgereister Mann, so daß man den Gesichtskreis seines Denkens für provinziell halten könnte. Geschichtlich gehört er jedoch zu den zwei oder drei bedeutendsten Theoretikern der Temperatur von Skalen, die einen zentralen technischen Aspekt der westlichen Musik während jener Epoche von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert bildete, als das Clavier als ein grundlegendes Mittel des musikalischen Denkens diente.
Werckmeisters Verdienst. Werckmeister gilt als der erste Theoretiker der irregulären „guten Temperatur“. Er lehnte den Gebrauch der subsemitonia, also der doppelten Halbton-Tasten, als „nur ein Flickwerk“ ab und entwarf für eine Musik, in welcher „ficte [Vorzeichnung] viel gebraucht wird“, eine Temperatur. Dieses Schema wurde von den Theoretikern des 18. Jahrhunderts als „Werckmeisters Temperatur“ oder „Werckmeisters Stimmung“ bezeichnet.
In diesem Licht betrachtet, darf man Werckmeister mit Recht als den Propheten und Pionier einer ästhetisch befriedigenden Art der chromatischen Skala bezeichnen, die im 19. Jahrhundert außer Gebrauch kam, als die gleichstufige Temperatur zur Norm wurde.