Wilhelm K. Küchelbecker
Aus dem Nachlass eines Dekabristen
Joachim Winsmann
Am Lyzeum waren sie nicht immer ein Herz und eine Seele – die Nachwelt verbindet mit ihren Namen dennoch eine lebenslange Freundschaft. Monsieur „Ungeschick“ könnte man Wilhelm Küchelbecker nennen, einen etwas zu lang geratenen jungen Mann, dessen Traumwelt 1826 platzte, als er wegen seiner Beteiligung am Dekabristen-Aufstand am 14. Dezember 1825 verhaftet wurde. Er verkörpert – gerade durch seine Tragik – jene junge Generation, die nach dem Sieg über Napoleon ein neues Russland erbauen wollte, zumindest eine konstitutionelle Monarchie. Dabei wollten sie die Leibeigenschaft und den Analphabetismus abschaffen, um auch in Zukunft als Staat in Europa den Ton angeben zu können. Der Putschversuch misslang, 5 maßgeblich Beteiligte wurden hingerichtet, viele degradiert und zu langen Strafen verurteilt. Nikolai I., der neue Herrscher des russischen Imperiums, wollte, daß diese Menschen in Vergessenheit geraten. Er hatte dabei wohl nicht mit der hohen Schreibkultur gerechnet, die bei der intellektuellen Jugend Russlands, zumal Absolventen des Lyzeums und anderer vortrefflicher Bildungseinrichtungen, Wurzeln geschlagen hatte. Auch Wilhelm Küchelbecker griff immer wieder zur Feder, um der Festung zumindest geistig zu entfliehen. Wie er dies tat, davon möchte ich in diesem Buch erzählen. J. Winsmann