Zeit-Häuser
Das Unsichtbare sichtbar gemacht
Hartwig Eckert
Ohne Zeit sind wir nichts.
In sprachlichen Bildern machen wir das Unsichtbare wahrnehmbar: Die Zeit verrinnt, die Zeit drängt, wir begeben uns auf einen Wettlauf mit der Zeit, wenn wir ihn verlieren, läuft uns die Zeit davon, wir träumen von Zeitreisen, wir sprechen von Zeitersparnis, Zeitgewinn und Zeitverschwendung, Zeit wird uns gestohlen durch Zeitfresser, und mit dem Rest der Zeit wissen wir oft nichts Besseres anzufangen, als sie uns zu vertreiben oder Mord an ihr zu begehen, indem wir Zeit totschlagen.
Da wir es hilfreich finden, uns die unsichtbare Zeit in sprachlichen Bildern so zu erfassen, als wäre sie ein Raum, ein Gegenstand, ein Freund oder ein Feind, sind Fotografien der konsequente nächste Schritt, uns durch ihre Betrachtung neue Gedanken – nicht über die Zeit an sich – sondern über jene Zeit zu machen, in der jeder von uns lebt. In diesem Buch wird der Begriff „Zeit-Haus“ eingeführt, in dem jeder lebt und das jeder so einrichtet wie seine räumliche Behausung. Aus der Tatsache, dass man Zeit-Häuser nicht sehen kann, darf man nicht schließen, dass sie nicht existieren. Sie sind gnadenlos real. Wenn wir das Unsichtbare nicht sichtbar machen, verbringen wir unser Leben wie eine Wespe, die den Rest ihres kurzen Daseins gegen die für sie unsichtbare Fensterscheibe anfliegt.