Zin
Eine Geschichte aus dem Libanon
Leila Chammaa, Hassan Zahreddine
Am Tag, an dem Zineddine als Hilfsjunge in einer Druckerei zu arbeiten beginnt, kann er weder lesen noch schreiben. Sein Name sei zu lang, meint der Drucker bei der Begrüßung, greift in den Setzkasten, fügt drei Buchstaben zusammen und färbt den Block ein. Als er das Blatt aus der Presse zieht, steht darauf: Zin.
Dieses Papier ist der Beginn einer großen Faszination. Noch bevor Zin versteht, was er setzt, weiß er, wo jeder Buchstabe im Kasten seinen Platz hat. Er findet Gefallen an seinen täglichen Aufgaben an der Druckmaschine, füllt Farbe ein, legt die Walzen bereit, trägt Druckbögen zum Packtisch – und erlernt im Stillen das Alphabet, Buchstabe für Buchstabe.
Bis heute ist es im Libanon nicht selbstverständlich, dass jedes Kind die Schule besucht. Und so scheint es Zin normal, dass auch er tatkräftig einen Beitrag leistet, die Familie über Wasser zu halten.
Eines Abends nimmt er auf dem Heimweg eine Stimmung iwahr, die er nicht einordnen kann. Er wundert sich über die vielen Polizisten, da springt wie aus dem Nichts ein Mann auf die Straße, öffnet seine Tasche und wirft einen Stapel Blätter in die Luft. Als Zin eines aufhebt, erkennt er, dass er selbst die Flugblätter gedruckt hat. In der Sicherheit der elterlichen Wohnung entziffert er bei Kerzenlicht den Text und beginnt zu verstehen, welche Kraft Buchstaben und Wörtern haben …
In ebenso präzisen wie poetischen Bildern erzählt der libanesische Künstler Hassan Zahreddine diese Geschichte aus der Kindheit seines Vaters. Die Illustrationen dazu hat er im aufwendigen Mezzotinto-Druckverfahren hergestellt. Sie zeigen Strich für Strich das Erwachen eines Kindes, das unter erschwerten Bedingungen seinen Weg findet.