Zwischen Gewalt und Menschenrechten
Religion im Spannungsfeld der Moderne
Christian Spiess
Das Verhältnis von Religionen zur Moderne erscheint heute zumeist prekär. Auf der einen Seite ist man konfrontiert mit massiver Gewalt und aggressiver Ablehnung von Demokratie und säkularem Verfassungsstaat. Auf der anderen Seite treten Religionsgemeinschaften als Protagonisten einer Politik der Menschenrechte auf.Was ermöglicht und begünstigt nun die Annahme der Moderne? Orientierung kann hier der schwierige Weg des Katholizismus bieten, der von einem strikt antimodernistischen Widerspruch gegen Menschenrechte und Demokratie zu deren vorbehaltloser Anerkennung in den 1960er Jahren geführt hat. Dieser Weg zeigt: Nur wenn Religionsgemeinschaften in modernen Gesellschaften anerkannt und respektiert werden, werden sie umgekehrt die normativen Grundlagen der Moderne – nämlich Menschenrechte und Demokratie sowie die Trennung von Religion und Politik – anerkennen.