Poetik und Praxis der Freundschaft (1800–1933)

Poetik und Praxis der Freundschaft (1800–1933) von Michaelis-König,  Andree, Schilling,  Erik
Die Auseinandersetzung mit Freundschaft reicht in Literatur und Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart, von Homer bis Günter Grass, von Platon bis Jacques Derrida. Der vorliegende Band nimmt einen Ausschnitt dieser Tradition in den Blick: die Verschränkung von Freundschaft in Literatur und Lebenspraxis, wie sie sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert entfaltet hat. In dieser Zeit kommt es zu einer Verbindung von Fakt und Fiktion, die auch Rückschlüsse auf eine Theorie der Freundschaft zulässt: Zum einen entwirft die deutschsprachige Literatur vielfältige Formen von Freundschaft, ihrer Entstehung, ihrer Entwicklung und ihres Scheiterns. Zum anderen ist sie selbst eine Geschichte der Freundschaften unter Schriftstellerinnen und Schriftstellern, für die die Kommunikationsformen der Freundschaft oft in ein Wechselspiel mit der Praxis ihres Schreibens treten. Dieses Verhältnis wird im vorliegenden Band erstmals dezidiert in den Blick genommen.
Aktualisiert: 2019-03-28
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„… als käm ich heim zu Vater und Schwester“

„… als käm ich heim zu Vater und Schwester“ von Andreas-Salomé,  Lou, Freud,  Anna, Rothe,  Daria A, Weber,  Inge
Der umfangreiche Briefwechsel zwischen Lou Andreas-Salomé und Anna Freud dokumentiert eine außergewöhnliche Freundschaft. Die Psychoanalyse und Sigmund Freud, das Wichtigste in beider Leben, ist darin von zentraler Bedeutung. Die Briefe bilden zusammen mit der Korrespondenz zwischen Freud und den beiden Frauen ein Dreieck, das einmalig in der Geschichte der Psychoanalyse ist. Anna Freud hatte, gerade 26jährig, ihre erste Analyse bei ihrem Vater beendet, und Lou Andreas-Salomé, 60jährig, hatte den Höhepunkt ihrer psychoanalytischen Karriere erreicht, als sich die beiden durch Freuds Vermittlung in Wien kennenlernten. Verbindende Elemente in der Korrespondenz zwischen Lou Andreas-Salomé und Anna Freud sind Rilkes Duineser Elegien ebenso wie die Diskussionen zu "Schlagephantasien und Tagträume". Der ganz persönliche Blick auf die psychoanalytische Bewegung - beispielsweise auf Otto Rank und Max Eitington, auf Helene Deutsch und Melanie Klein, auf Freuds gerade entstehende Schriften und auf Veröffentlichungen anderer Analytiker - läßt die Geschichte der Psychoanalyse in neuem Licht erscheinen. Auch zeitgenössische kulturelle und politische Entwicklungen in Österreich und Deutschland zwischen den beiden Weltkriegen werden aus der Perspektive beider Frauen erkennbar. Die Herausgeberinnen: Inge Weber, geb. 1941, ist Psychoanalytikerin und Lehranalytikerin in Göttingen. Sie hat (zusammen mit Brigitte Rempp) die Texte Lou Andreas-Salomés zur Psychoanalyse ("Das 'zweideutige' Lächeln der Erotik", 1990) herausgegeben. Daria A. Rothe, geb. 1936, lehrte Germanistik an der University of San Diego und der University of Michigan. Veröffentlichte neben Beiträgen über Rilke und Kokoschka in literaturwissenschaftlichen Zeitschriften "Rilke and Russia: a re-evaluation" (1990). Pressestimmen: "Der Briefwechsel zwischen Lou Andreas-Salomé und Anna Freud bietet dem Leser die seltene Chance, zwei Frauen im Gespräch zu sehen, die zu Repräsentantinnen des geistigen Lebens im 20. Jahrhundert geworden sind (.)."(Hannelore Schlaffer, Frankfurter Rundschau) "Die Psychoanalytikerin Inge Weber aus Göttingen und die Literaturwissenschaftlerin Daria A. Rothe haben die verdienstvolle Arbeit auf sich genommen, diese Korrespondenz sorgfältig und leserfreundlich herauszugeben.(.) Dokumentiert ist eine ungewöhnliche Freundschaft. Dokumentiert ist aber auch Annas Entwicklung von einer schwärmerischen, für ihr Alter sehr kindlichen jungen Frau zu einer beeindruckend kosistenten und produktiven Persönlichkeit."(Sabine Richebächer, Neue Zürcher Zeitung) "Eine Vielzahl von Interessen kann die Lektüre dieser Briefe befriedigen (.) Der liebevoll-vertraute Umgang der beiden Schreiberinnen miteinander, der alles umschließt, Schwätzen über Privates und Diskussionen über Theoretisch-Sachliches, hat diesen Briefwechsel taufrisch bleiben lassen und macht ihn herzbewegend."(Heidi Gidion, Göttinger Tageblatt) "Ein einmaliges Zeitdokument und ein wunderbares Lesebuch zugleich."(Thüringer Allgemeine)
Aktualisiert: 2022-09-13
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Rainer Maria Rilke schwerelos irdisch

Rainer Maria Rilke schwerelos irdisch von Focke,  Wenda
Zwei russische Frauen besonderer geistiger und emotionaler Größe gab es im Leben Rainer Maria Rilkes, die ihm Heimat hätten sein und werden können. Nur: Heimat – des Herzens. Eine äußere Heimat hätte Bindung bedeutet und ein ihn Herauslösen aus dem Prozess seiner gewichtlosen und zugleich erdrückenden Arbeit, dem Lebens-Dienste an der Poesie. Eine der Frauen stand am Anfang seines schöpferischen Lebens, Lou Andreas-Salomé. Die andere begegnete ihm kurz vor seinem Ende. Es war die wohl größte russische Dichterin des 20. Jahrhunderts – Marina Zwetajewa. Was aber war der Anlass zu den vorliegenden drei Essays? Zum einen faszinieren mich Leben und Werk der Zwetajewa seit Jahren, zum anderen erscheint mir der Mensch Lou Andreas-Salomé weit mehr als eine "femme fatale", sicher in den Augen einer heute lebenden Frau. Sodann näherte sich mir über Dichtung und Briefe Rilkes das Phänomen der Engel, das in die letzte große Elegie an Marina einmündet. Irdisch war Rilke fast bis in den Tod hinein und dennoch schwerelos, liebend schwerelos. Diese drei Menschen, Rainer Maria Rilke, Lou Andreas-Salomé und Marina Zwetajewa verband eine tiefe Gemeinsamkeit: sie waren sich bis ins Ende hinein treu. Vielleicht würde man das heute nüchterner mit "sie waren authentisch" übersetzen. Unbedingte Treue der eigenen Seele und dem eigenen Werk sowie den geliebtesten Personen gegenüber ist auch heute für manch einen etwas fast Undenkbares: ". aber – man wird doch etwas Wasser in den Wein. ?" Nein – sie kannten sich, sie wussten, und sie liebten das Leben zu sehr, um es zu betrügen. Und dann waren da zwischen ihnen die Engel, die sich aus erschreckender Unerträglichkeit zu Schwingen entwickelten, Himmel und Erde zueinanderschwebend, in einer innersten Bewegung, damit das Sichtbare in leuchtend Unsichtbares wandelnd. O Herr, gib jedem seinen eigenen Tod! - Während Rainer durch Höllen ging und Lou im Tode noch einmal der Ironie des Lebens anheim fiel, zerbrach Marina am Menschenverrat. Sie vertrauten jedoch zeitlebens alle drei darauf, dass im Wissen um die ureigene, reine Schwingung der Liebe das wirkliche Leben niemals verloren geht. Größeren Frauen konnte Rilke nicht begegnen – weniger große Seelen hätten ihn auch wohl kaum ertragen.
Aktualisiert: 2019-12-11
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