Sämtliche Hörspiele, Essays, Features, Gespräche und anderes. Mit 120-seitigem Begleitbuch.
Aktualisiert: 2018-07-06
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Die Geschichte einer Familie "aus dem Osten" wird in diesem Roman ohne aufdringliches Symbolisieren zum Spiegelbild der Nachkriegsgeschichte unserer Gesenschaft. Ein ehemaliger Exerzierplatz, auf dem Angriff, Abwehr und Rückzug geprobt wurden, wandelt sich zu einer blühenden Baum- und Pflanzschule, zum Schauplatz von Neubegjnn und gewagter Lebensgründung. Doch nach vollbrachter Leistung folgt der Abstieg: Die Kräfte des Gründers lassen nach, die Familie zerfällt, unabweisbar stellt sich die Frage nach dem Wert eines Lebens unter dem Vorzeichen drohender Entmündigung.
Sie stellt sich zugleich als Existenzfrage für den Erzähler, der Anfang, Aufbau und Verfall unmittelbar miterlebte und auf seine schlichte Art berichtet, was geschah: Es ist der Bericht eines Benachteiligten, eines Geschlagenen, der die Sache seines "Chefs" ganz und gar zu seiner eigenen macht. Auch in dieser Figur beweist Siegfried Lenz seine Solidarität mit den Spachlosen, die - scheinbar unbedeutend und machtlos - überall an den Rand gedrängt werden.
Die Sprache dieses Romans ist so stark, daß der Leser unwiderstehlich in den Sog der Geschehnisse, der Handlung, der Bilder hineingezogen wird.
Aktualisiert: 2015-10-06
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Die kleine Stadt, die jedermanns Stadt sein könnte, liegt an einem Fjord, eine rechtschaffene Stadt, deren Leben geordnet ist, ohne Aufregung in ihrer Geschichte. Nur einmal war es anders: Ein Ereignis riß die Stadt aus ihrer Ordnung heraus, und von diesem Ereignis sollte sie fortan nicht mehr loskommen; es wurde zum Inhalt des Stadtgesprächs, hielt sich hartnäckig darin - und veränderte sich dabei. Doch dann versucht einer, das Ereignis, an dem er teilhatte, vor dem Stadtgespräch in Sicherheit zu bringen: Tobis, der Erzähler.
Er erinnert sich an die Zeit des Krieges, der Gegner hält die Stadt besetzt. Eines frühen Morgens fahren Lastwagen durch die Straßen, sie halten vor bestimmten Häusern; der Kommandant der Stadt läßt nach einem Attentat vierundvierzig Geiseln festnehmen, ausgesuchte Männer, die Elite der Bevölkerung. Er will mit dieser Maßnahme Daniel, den jungen Anführer der Widerstandsgruppe, zwingen, sich zu stellen. Daniel muß sich entscheiden: Folgt er der Aufforderung, wird es keinen Widerstand mehr geben; stellt er sich nicht, sterben vierundvierzig Männer.
Das ist ein Ereignis, von dem die Stadt nicht aufhören wird zu sprechen. Es wird zum Stadtgespräch, und es ändert sich mit der Zeit, mit dem Wandel der Verhältnisse. Am Beispiel der Betroffenen versucht Siegfried Lenz, auch den Leser zu einer Entscheidung aufzufordern, sich zu den Ereignissen in Beziehung zu bringen und, wo es nötig sein sollte, seine Einstellung zu überprüfen. Denn es bleibt die Frage: Gibt es eine Moral, die für sich beanspruchen kann, auf das Entweder-Oder, dem Daniel - und mit ihm die Stadt - sich ausgesetzt sieht, eine eindeutige Antwort bereitzuhalten?
"Dieser Roman", so schrieb die Welt, "nimmt den Leser nicht nur gefangen, weil er hier in den Bann einer besonderen Erzählkunst gerät, sondern vor allem auch, weil er in jeder Zeile die hohe Gerechtigkeit eines Mannes spürt, der den Menschen, auch wenn er schuldig ist, nicht verachten kann."
Aktualisiert: 2021-05-12
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Vier typische Lenz-Erzählungen in leisen Tönen, mit feinem Humor und leichter Ironie. Die titelgebende Erzählung wurde 1990 mit Ben Becker in einer der Hauptrollen verfilmt.
Aktualisiert: 2023-01-13
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Die Nacht im Hotel. Mein verdrossenes Gesicht. Jäger des Spotts. Der Läufer. Das Wrack. Ein Haus aus lauter Liebe. Die Flut ist pünktlich. Lukas, sanftmütiger Knecht. Nur auf Sardinien. Die Festung. Der große Wildenberg. Drüben auf den Inseln. So zärtlich war Suleyken.
Dieser Band enthält die frühen Erzählungen - Geschichten eines jungen Schriftstellers, die in seinem Werk einen hohen Stellenwert beanspruchen, weil sich in ihnen darstellt, was Lenz einmal als den Sinn und die Absicht des Geschichtenerzählens formuliert hat: "Eine Geschichte will nicht abbilden, beschreiben, berichten, was sich so oder so ereignete oder hätte ereignen können. Sie ist weiter nichts als die Spiegelung der Sekunde, in der das Tellereisen zuschnappt; das Ablösen und der Transport der Beute werden dem Leser überlassen. Freilich, es kommt viel auf die Placierung der Falle an und auf ihre Tarnung. Dazu gehören Aufwand an Phantasie, verpflichtende Erwägungen, bedachtsamer Bau, Ausschluß des Zufalls, verknüpfte Beziehungen - und anscheinend ist es gerade dies, was man der Geschichte vorwirft, was sie so verdächtig gemacht hat: die verpflichtende Architektur."
Als ein "verdächtiges" Genre also begreift Lenz die Erzählung, als eine Art des Schreibens, die den Leser - mit seiner naiven Neugier und seinen Vorbehalten - unmittelbar beteiligt und damit zwischen ihm und dem Autor eine besondere Beziehung, einen Pakt herstellt.
Zugleich legt dieser Band noch von einer anderen Seite der schriftstellerischen Begabung des Autors Zeugnis ab: von seinem Humor - einem Humor, der sich lokalisieren läßt. "Kleine Erkundungen der masurischen Seele": so nannte Lenz die Geschichten, die 1955 unter dem Titel "So zärtlich war Suleyken" erschienen sind; seither hat Suleyken, dieses kleine masurische Dorf mit seinen skurrilen Bewohnern, seinen unverrückbaren Platz auf der Landkarte der literarischen Phantasie.
Aktualisiert: 2016-11-17
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Am Schicksal des Fremdenführers Ulrich Martens, der in seinem Stadtrundfahrt-Bus die ganze Welt zu Gast hat, stellt Siegfried Lenz die Folgen eines Verlustes dar, der jeden von uns eines Tages treffen könnte: der Verlust der Sprache. Es geht ihm darum, aufzuzeigen, welch entscheidende Wirkung eine plötzliche, wehrlose Stummheit haben kann: Das vertraute, auf das Reden gegründete Verhältnis zur Welt zerbricht, die Beziehung selbst zu den nächsten Freunden wird auf eine unerwartete Probe gestellt. Der Autor erkundet einen Zustand der Sprachlosigkeit. Und dabei zeigt sich, daß mit dem Verlust der Sprache auch die Welt - die mit Wörtern erfaßbare Umwelt -verlorengeht. Die Beschreibung der mannigfachen Probleme, die sich bei der Wiedereroberung von Wörtern und Begriffen, von Erinnerungen und Zusammenhängen einstellen, demonstriert zugleich den Versuch einer neuen Selbstbegründung.
"Der Verlust" ist ein Roman, den man nicht gelassen, nicht aus sicherer Distanz lesen kann. Es ist vielmehr ein Buch, das in der Eindringlichkeit seiner Diktion den Leser unmittelbar betrifft und betroffen macht - ein Buch, das ihn angeht und zur Stellungnahme aufruft. Die Betroffenheit, die es in ihm auslöst, hat zugleich die Funktion eines Spiegels: Bei dem Versuch, sich mit den handelnden Personen zu identifizieren, ihrem Verhalten mit Billigung oder Ablehnung zu folgen, erkennt der Leser sich selbst.
"Es ist müßig", so urteilt die Westfälische Rundschau, "sich darüber den Kopf zu zerbrechen, ob Lenz Erfahrungen oder reine Fiktion niederschreibt, allein wichtig ist das Ergebnis. Und dies spricht für sich. Vielleicht wird dieses Buch kein spektakulärer Erfolg wie einige der Vorgänger, aber es gehört mit Sicherheit zu den bedeutendsten Werken von Lenz und, weit darüber hinaus, zu den bedeutendsten, die in vielen, vielen Jahren erschienen sind."
Aktualisiert: 2015-10-06
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Die in diesem Band zusammengefaßten Hörspiele - "Das schönste Fest der Welt", "Die Enttäuschung", "Das Labyrinth", "Die Haussuchung" - stammen aus der Zeit von 1953 bis 1967; sie sollten in engem Zusammenhang mit der im gleichen Zeitraum entstandenen erzählenden Prosa gesehen werden. In ihrer äußeren Form sind sie durchweg einfach und von szenischer Kontinuität; selbst da, wo phantastische Handlungselemente zugrunde liegen, haben sie etwas von dem Realismus der epischen Arbeiten des Autors. Ihre beherrschende Form ist der Dialog - eine Form, die Lenz nicht nur souverän handhabt, sondern zu der er offenbar auch ein besonderes Verhältnis pflegt: sie läßt Raum für eine ganz spezifische Art unterschwellig verborgenen Humors. Hinter der vordergründigen Handlung dieser Hörspiele - ob es sich nun um einen Anschlag auf eine Gala-Party handelt, um einen mißlungenen Gefangenenausbruch oder um das Verschwinden unwillkommener Besucher in einem mysteriösen Labyrinth - steckt ein gemeinsamer Wesenszug: es geht ihnen um den Zwiespalt von Freiheit und Ordnung. Oder, genauer gesagt, um die Unfreiheit der Menschen und um ihre Versuche, sich dagegen aufzulehnen. Die konkrete Situation führt zur Erhellung übergeordneter Zusammenhänge: so wird das Hörspiel zum Denkspiel.
"Hatte Dürrenmatt", so urteilte Manfred Leier in der "Welt der Literatur", "einst die Groteske zur einzig möglichen Form des Komischen erklärt, so ist Lenz von der harten Hand des erbarmungslosen Dichters weit entfernt. Seine Figuren stehen immer im Ruch besonnter Gegenwart. Es sind schwärmerische Geister oder böswillige Tanten, sie haben Humor und List, doch sie verwenden beides auf den Mord im Schlafrock. Es sind liebliche Landschaften, die Lenz entwirft, und sie behalten einen Hauch von Märchen, auch wenn sie böse sind, auch wenn sie moralisch werden. Sie haben einen Anflug von Idylle, und das ist symptomatisch für den Rang, den sie in der deutschen Literatur von heute einnehmen. "
Aktualisiert: 2015-10-06
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"Wie und wodurch handelt ein Schriftsteller? Indem er bloßstellt; indem er entdeckt, was Ideologien verschweigen. Aber auch das kann schriftstellerisches Handeln sein: die Realität so auszulegen, daß niemand sich unbetroffen fühlt, daß wir uns erfahren in unseren Möglichkeiten. Handeln heißt hier ebenfalls: Vorschläge für ein deutliches Leben zu machen, und zwar mit Hilfe sowohl der historischen Analyse als auch des Gegenentwurfs, der über eine enthüllte Gegenwart hinausweist: So war es, so ist es, so könnte es sein."
Der große Erzähler Siegfried Lenz hat stets Stellung bezogen - natürlich zur Literatur, aber ebenso zu gesellschaftlichen und politischen Fragen. Seine Essays früherer Jahre sind in den Bänden 'Beziehungen' und 'Elfenbeinturm und Barrikade' gesammelt.
Im vergangenen Jahrzehnt hat sich Lenz in einer Vielfalt von Betrachtungen, Reden und Aufsätzen mit wichtigen Themen der Zeit, der Kunst und des Schreibens auseinandergesetzt. Neben einfühlsamen, erhellenden Texten über Heinrich und Thomas Mann, Dostojewski, Theodor Storm, Wilhelm Raabe, Strindberg und Andrzejewski stehen Überlegungen zu Phantasie, über das Erinnern, über den Frieden. Wie ein Leitmotiv wirkt dabei das Nachdenken über die Beziehung zwischen Geschichte und Gegenwart, die Lenz 1988 in seiner Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels so charakterisierte: "Geschichte ist nie abgeschlossen, sie wirkt in jede Gegenwart hinein, sie überprüft uns, gibt uns etwas auf, sie verstört, erinnert und verpflichtet uns und läßt uns erschauern vor den Möglichkeiten des Menschen".
Aktualisiert: 2015-10-06
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Der Band vereinigt Heines mythologische Schriften in deutscher und französischer Fassung, die zwei erzälerisch-essayistischen Arbeiten "Elementargeister" und "Die Götter im Exil" sowie die beiden Ballette "Die Göttin Diana" und "Der Doktor Faust". Zusammen mit zahlreichen unveröffentlichten Bruchstücken und Exzerpten aus dem Nachlaß wird hiermit ein in Heines Gesmtwerk bisher vernachlässigter Spezialbereich vorgelegt, der den Autor in neuem Licht zu zeigen vermag.
Aktualisiert: 2015-10-06
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Hermann Kesten sagt von Robert Neumann, dem Autor von "Mit fremden Federn" und "Unter falscher Flagge": "Aus dem glänzenden Parodisten wurde ein glanzvoller Epiker." Manfred Bieler ist nun den umgekehrten Weg gegangen - der glänzende Epiker erweist sich, gleichsam en passant, als treffsicherer Parodist seiner Zunft. Dabei begibt er sich bewußt auf brenzliges Terrain. Denn hierzulande war die Parodie als literarische Kunstform noch nie sonderlich wohlgelitten. Das mußte Friedrich Nicolai, Verfasser der Parodie "Freuden des jungen Werthers", schon Ende des 18. Jahrhunderts erkennen, als Goethe und Schiller den Unbotmäßigen als "Todfeind" geißelten: "Nicolai, zuerst schwöre dem Schönen den Tod!" Augenzwinkernd lädt Bieler den Leser zu einem Rundgang durch das Walhalla der deutschsprachigen Literatur unseres Jahrhunderts ein; durch wohldosiert aufgetragene Nachbildung ihrer sprachlichen Eigenheiten und Marotten, ihrer stilistischen Prätentionen, karikiert er die Bewohner der dichterischen Ruhmeshalle mit deren eigenen Mitteln. "Weltkindlich-unternehmungslustig", etwas boshaft, ein bißchen liebevoll, widmet er sich unter anderem der Lyrik von Bertolt Brecht, Erich Fried, Ingeborg Bachmann, der Prosa von Siegfried Lenz, Uwe Johnson, Peter Handke, Heinrich Böll, Christa Wolf, Günter Grass und etlichen anderen Poeten.
Aktualisiert: 2015-10-06
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Den drei Theaterstücken von Lenz, die in diesem Band vorgelegt werden, ist ein Wesenszug gemeinsam: Sie spielen unter der Zwangsherrschaft einer Diktatur und decken - auf sehr unterschiedliche Weise - ihre Mechanismen auf; sie brandmarken den Zynismus im Verhältnis der absoluten Macht zum Machtlosen, der Herrschenden zum Beherrschten, der Obrigkeit zum Untertan.
In "Zeit der Schuldlosen" sind es neun unbescholtene Bürger, die sich auf Befehl des "Gouverneurs" plötzlich der Schuld ausgesetzt finden. Die Schuld an einem Verbrechen, zu dem sie genötigt werden, und das nur einer von ihnen begangenen haben kann, trifft sie alle - ohne Unterschied der Person und in gleichem Maß. "Das Gesicht" führt den Gedanken weiter. Der Friseur Bruno Deutz sieht dem "Präsidenten" so täuschend ähnlich, daß dieser ihn - für den Fall eines Attentats - zu seinem Double bestellt. Doch es zeigt sich: auch der augenscheinlich harmlose Kleinbürger weiß die Instrumente der Diktatur zu gebrauchen - die Repräsentanten der Macht sind austauschbar. Einen Testfall bringt auch "Die Augenbinde" auf die Bühne: Teilnehmer einer Expedition geraten in ein Dorf, für dessen Einwohner es Gesetz ist, blind zu sein. Die Alternative - Unterwerfung unter das Gesetz oder furchtlose Behauptung der Freiheit - führt zu einer gnadenlosen Prüfung der Sehenden: das Schauspiel als Parabel. In der Auseinandersetzung mit den Problemen von Macht und Schuld prüft Siegfried Lenz den Menschen; er erprobt seine Anfälligkeit gegenüber den Versuchungen der Macht und seine Standfestigkeit in Situationen, in denen die Schuld Gewissen wachruft.
"Die Station Theater", so schrieb Johannes Jacobi in der Zeit, hat bestätigt, daß in dem Erzähler Lenz ein Bühnentalent nach Entfaltung drängt. Die Fähigkeit, Dialoge zu schreiben, szenische Spannung mit einem Mindestmaß an Aktion zu erzeugen und die innere Dynamik mit sprachlichen Mitteln ständig zu steigern - das sind zweifellos Eigenschaften eines Dramatikers. "
Aktualisiert: 2015-10-06
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In seinen Reden und Aufsätzen hat sich der Erzähler Siegfried Lenz mit einer Vielfalt von Themen und Problemen auseinandergesetzt: mit Themen der Literatur, der er sich verpflichtet fühlt, aber auch mit philosophischen und aktuellen Fragen der Zeit. Seine essayistischen Arbeiten sind Beiträge zum Verständnis der Welt, in der wir leben; seine Betrachtungen sind nicht nur exakt durchdacht und treffend formuliert, sie zeugen überdies von ernstem persönlichem Engagement. Lenz weiß, daß es schwierig ist, die Wahrheit zu schreiben; aber er stellt sich dieser Schwierigkeit, wo immer sie ihm begegnet. Und nicht allein die Gegenwart fasziniert den Essayisten Lenz: sie wird zugleich begriffen als Fortsetzung und nachvollziehbare Folge geschichtlicher Vergangenheit. Wo Geschichten erzählt werden, wird auch Geschichte erzählt.
Viele seiner Essays entstanden aus gegebenem Anlaß oder als Auftragsarbeiten für Zeitungen, Zeitschriften, Sammelbände und Festschriften. Die Rede "Elfenbeinturm und Barrikade" wurde 1976 anläßlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Hamburg gehalten; mit der vielbeachteten Rede "Am Rande des Friedens" bedankte sich der Autor 1988 für den Friedens-Preis des deutschen Buchhandels; über das Problem der Namen literarischer Figuren (" Weder Schall noch Rauch", 1985) sprach Lenz anläßlich der Verleihung des Thomas-Mann-Preises der Stadt Lübeck; den Dichter Wilhelm Raabe würdigte er, als ihm die Stadt Braunschweig ihren Raabe-Preis zusprach. Die Rede "Israels Träume" entstand als Laudatio auf den Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels von 1992, den israelischen Schriftsteller Amos Oz.
Aktualisiert: 2015-10-06
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In seinen Reden und Aufsätzen hat sich Siegfried Lenz immer wieder mit einer Vielfalt von Themen und Fragen auseinandergesetzt - mit Themen der Literatur, aber auch mit politischen Problemen und mit Fragen des gesellschaftlichen Lebens. Seine Betrachtungen zeugen nicht nur von fundierter Sachkenntnis, sondern auch von einem tiefen persönlichen Engagement. Die in diesem Band versammelten Essays und Reden sind zumeist aus gegebenem Anlass entstanden. Die Rede "Über den Schmerz" hielt der Autor 1993 in Jerusalem anlässlich der Verleihung der philosophischen Ehrendoktorwürde durch die Ben-Gurion-Universität. "Von der Wirkung der Landschaft auf den Menschen" ist eine Würdigung für das Engagement von Loki Schmidt. Für die Deutsche Geriatrische Gesellschaft schrieb er "Die Darstellung des Alters in der Literatur". Weitere Beiträge sind u.a. "Das Erscheinungsbild des Politikers in der Nachkriegsliteratur" und "Die Logik des Vergleichs".
Aktualisiert: 2015-10-06
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Zwei besondere Merkmale kennzeichnen den Themenbestand der Erzählungen dieses Bandes: Kontinuität und behutsamer Zuwachs. Lenz knüpft an Vorhandenes an, führt bewährte Motive weiter. Der Widerstreit zwischen Macht und Geist ist für ihn noch immer fruchtbar; sein Verhältnis zum Meer als Schauplatz menschlicher Bewährung und menschlichen Versagens ist ungebrochen. Doch daneben treten neue Themen, neue Motive ins Bild, stellen sich neue Fragen zu erzählerischer Beantwortung: Welchen Einfluß übt die Aufgabe, für einen prominenten Politiker Reden zu entwerfen, auf den geistigen Haushalt eines Schriftstellers aus? Wie steht es um die Geltung erbarmungsloser Kriegsgerichtsbarkeit - "Ein Kriegsende" - in der Stunde der Kapitulation? Wie kann bloße Abwesenheit, der unvorhergesehene Ausfall vereinbarter Kommunikation, erwiesenes Vertrauen in tödlichen Argwohn verwandelt werden? Und wie wird es der jungen Serbin Ludmilla ergehen, die nach Hamburg fährt, um die andere Hälfte eines zerbrochenen Löffels zu finden? Wie endlich soll Ludmilla, die in der Naturwelt der sibirischen Tundra aufgewachsen ist, im fernen Deutschland mit einer ihr völlig fremden Lebenseinstellung fertig werden?
Indem sie exemplarische Fragen stellen, fordern diese Geschichten den Leser auf, Konsequenzen zu ziehen, angedeutete Schicksale zu vervollständigen. Sie bieten keine handlich gelösten Probleme an, keine eindeutigen - und schon deshalb fragwürdigen - Lebensrezepte; aber sie nötigen den Leser immer wieder, die in ihnen verborgenen Denkanstöße beim Wort zu nehmen.
Aktualisiert: 2016-11-17
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Die literarische Form der Erzählung spielt im Gesamtwerk von Siegfried Lenz eine bedeutende Rolle; im Wechsel mit seinen großen Romanen erschienen immer wieder Bände mit Erzählungen, stets hat der Geschichtenerzähler Lenz den Romancier begleitet. Dieser Band führt also fort, was schon Tradition hat: die Spannweite zwischen Tragik und Komischem, die Aufdeckung menschlicher Unzulänglichkeiten und zwischenmenschlicher Beziehungen, das Wechselspiel von Furcht und Hoffnung. Im Alltag spürt Siegfried Lenz Schicksalhaftes auf, beispielhaft erhellen seine Geschichten Fragen unserer Zeit. So begegnet die junge Ludmilla, die in der Naturwelt der sibirischen Tundra aufgewachsen ist, im fernen Deutschland einer Einstellung zum Leben, die ihr fremd und unbegreiflich bleiben muß. Und: Was kann einem ganz normalen Soldaten widerfahren, der nicht so funktioniert wie alle anderen? Was wird aus einem Mann, der etwas erreichen will, das seinem Charakter widerspricht? Späte Nachforschungen über eine Tapferkeitsmedaille offenbaren, dass im Krieg der Befehl zwangsläufig über jede humane Regung obsiegt.
Aktualisiert: 2015-10-06
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"Die Auflehnung": Widerstand oder Unterwerfung - zwei Männer stehen vor dieser Alternative. Sie sind Brüder. Der eine, Frank Wittmann, ein erfahrener Teichwirt, sieht seinen Besitz durch Rivalen bedroht, die unter dem Schutz des Gesetzes stehen. Es wird von ihm erwartet, dass er das geltende Recht respektiert; doch das würde seinen Ruin bedeuten. Nicht bereit zur Selbstaufgabe, entschließt er sich, den Schutz seiner Existenz in die eigene Hand zu nehmen; überzeugt davon, dass das Gesetz ihm keine andere Wahl läßt, entscheidet er sich, es zu mißachten.
Sein Bruder Willy, ein international bekannter Teekoster, dessen sensibler Geschmackssinn seiner Firma zu Erfolg und Ansehen verhalf, repräsentiert eine andere Spielart der Auflehnung. Als er eines Tages entdeckt, dass er seiner besonderen Fähigkeit nicht mehr sicher und daß auf sein Urteil kein Verlaß mehr ist, kündigt er und verläßt die Firma. Gleichwohl kann er sich mit dem schwerwiegenden Verlust nicht abfinden: immer wieder stellt er Versuche an, forscht, prüft, sucht sich zu versichern, von dem Wunsch erfüllt, zurückzugewinnen, was er einmal besessen hat. Allerdings bleibt ihm dabei die Erfahrung nicht erspart, dass es Auflehnungen gibt, die sinnlos sind.´
Aktualisiert: 2015-10-06
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Siegfried Lenz legt nach Schweigeminute und Landesbühne neue, hinreißende Lebens- und Liebesgeschichten vor.
Es ist Sommer geworden. Auf der kleinen Insel in der Elbmündung sind die ersten Feriengäste angekommen, und für den Wirt der Gaststätte Blinkfeuer hat die Saison begonnen. Da peitscht ein Unwetter von der Nordsee über die Insel, und als die Menschen sich wieder an den Strand trauen, liegt dort eine große Kiste, im Sturm über Bord gegangen von einem Schiff der China Shipping Container Lines. Darin befinden sich Masken, bestimmt für das Völkerkundemuseum in Hamburg. Die Menschen probieren die Masken an, sind plötzlich selbst Drache, Tiger oder Puma. Die vermeintliche Maskierung bringt das wahre Gesicht zum Vorschein. Daraus ergeben sich Komplikationen.
"Der Mensch ist am wenigsten er selbst, wenn er für sich selbst spricht. Gib ihm eine Maske, und er wird dir die Wahrheit sagen." Oscar Wilde
Aktualisiert: 2015-10-16
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"Heimatmuseum": ein großer Roman und zugleich die Beschwörung eines verlorenen Landes, seiner Menschen und ihrer Lebensform - das geduldige Protokoll eines Verlustes, was im Zusammenbruch einer genügsamen Privatwelt die Tragik einer Epoche deutlich werden läßt. Zwei scheinbar widerspruchsvolle Haltungen versucht Siegfried Lenz in diesem Roman zu beschreiben: Heimatsinn und Weltoffenheit. An Aufbau und Zerstörung eines masurischen Heimatmuseums und seines unscheinbaren, doch beziehungsreichen Inventars demonstriert er den hartnäckigen Wunsch der Menschen, sich selbst Vergangenheit zu schaffen, um Gegenwart erträglich zu machen. Unter dem Zwang, die Verrichtung seines mit unbeirrbarer Hingabe aufgebauten Museums zu rechtfertigen, bietet der Erzähler, der masurische Teppichmeister Zygmunt Rogalla, die Geschichte seines Lebens an: er erzählt von altüberkommenen Bräuchen, von eigentümlicher, in zwei Weltkriegen erprobter Grenzlandgewinnung, von unentmutigter Lebensgründung. Und er berichtet von den unvermeidlichen Gefährdungen, denen sein Museum ausgesetzt ist, sobald es politischen Zwecken dienstbar gemacht werden soll.
Worauf es dem Autor besonders ankam: das Bild Masurens noch einmal erstehen zu lassen, frei von aller Provinzmystik und mit dem erklärten Wunsch, einigen belasteten Begriffen ihre Unverfänglichkeit zurückzugeben. So gesammelt und bewahrt, wird das Erzählte auf seine Weise zum Inventar eines erschriebenen Heimatmuseums.
In der "Welt am Sonntag" schrieb Ingeborg Brandt: ,"Heimatmuseum" bedeutet eine geistige Klärung, die in die verborgensten Winkel des Herzens leuchtet. "Heimatmuseum" ist aber auch ein Stück explosiven Lebens mit Gestalten und Schicksalen, Träumen, Legenden und Spracheigenheiten. Eine dichterische Leistung, so fest gewirkt aus Kette und Schuß, so eindringlich in Symbolik, masurischer Teppichkunst, ,jeje die Verjänglichkeit". Das Beste von Lenz, ein Buch, das dauern wird über Generationen hinaus. "
Aktualisiert: 2015-10-06
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Hinrichs ist Taucher; er ist alt geworden in diesem Beruf. Fast zwanzig Jahre ist er Tag für Tag hinuntergestiegen in das trübe Wasser des Hafenbeckens, um dort seiner gefahrvollen Arbeit nachzugehen. Jetzt will er sich nicht ausbooten lassen; er will das Sausen in den Ohren, den Druck auf dem Herzen nicht zugeben, er will die Beklemmung, die er plötzlich in der Tiefe spürt, nicht wahrhaben. Um seine Anstellung nicht zu verlieren, fälscht er seine Papiere und macht sich jünger. Er tut dies mit der Entschlossenheit und Überlegung eines Mannes, der seine letzte Chance wahrnimmt. "Es ist ein Roman ohne Pathos, ohne Aufschrei. Diese völlig effektlos wirkende Kunst des Erzählens, dieses betont distanzierte Untertreiben jeglicher Dramatik, diese souveräne Stille, das alles verleiht dem Buch eine geradezu unheimliche, leise Kraft." (Hans Hellmut Kirst)
Aktualisiert: 2020-01-06
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Die Düsseldorfer Heine-Ausgabe, eine Gemeinschaftsarbeit von deutschen und französischen Germanisten, erschließt das Gesamtwerk dieses zur Weltliteratur gehörenden Autors in sechszehn Bänden (15 Text- und Apparatbände und 1 Registerband). Die Bandgliederung erfolgt nach gattungsmäßigen und inhaltlichen Schwerpunkten und fügt den Einzelwerken in jeweiligen Textanhängen die zugehörigen Bruchstücke, Nachlesen und erstmals auch die autorisierten französischen Versionen bei. Auf die Unterschiede zwischen deutscher und französischer Fassung macht ein eigenes Zeichensystem aufmerksam. Die Edition stützt sich auf eine umfassende Quellendokumentation aus mehreren hundert öffentlichen und privaten Sammlungen aus allen Teilen der Welt. Bei der Textherstellung wird der auf maschinellem Weg erarbeitete Heine-Index eingesetzt und eine neuartige Methode zur Ermittlung des autornächsten Textes angewandt. Der Lesartenapparat verzeichnet sämtliche Varianten aus Handschriften und relevanten Drucken in Form der Schichtenwiedergabe. Die Druck- und Zensurgeschichte der einzelnen Werke läßt sich durch neu gefundene Verlags-, Druckerei- und amtliche Korrespondenzen in vielen Fällen wesentlich detaillierter als bisher beschreiben. Die Darstellung der zeitgenössischen Aufnahme von Heines Werken geht auf eine systematische Durchsicht der deutschen und französischen Zeitungen und Zeitschriften zwischen 1820 und 1860 zurück und bezieht mehr als 300 Rezensionen ein. Im Kommentar werden alle erläuterungsbedürftigen Textstellen erfaßt und sorgfältig erklärt. Jeder Band enthält einen Abbildungsteil und ein Personen- und Abkürzungsverzeichnis.
Gesamtherausgeber ist der Düsseldorfer Neugermanist Manfred Windfuhr.
Aktualisiert: 2015-10-06
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