SIMONE PIOREK Republikflucht im schweren Fall

SIMONE PIOREK Republikflucht im schweren Fall von May,  Manfred
Simone Piorek hat mit vorläufigem Abschluss 2021 Material zusammengetragen, das vom MfS über sie und ihren damaligen Freund und zu dem vorgeblich von beiden geplanten Versuch, die DDR illegal zu verlassen, angelegt worden ist. Heute lächerlich klingende Begründungen, beispielsweise das kurzzeitige Benützen eines schrottreifen Mopeds machen aus dem nie tatsächlich geplanten Republikfluchtvorhaben einen „Versuch im schweren Fall“. Sie hat auch minutiös zusammengetragen, welche gesundheitlichen und beruflichen Handlungsstränge ihres Lebens den Anfang in der traumatisierenden Behandlung haben. Allein das mutwillige und brutale Zerbrechen beruflicher Träume mündet auch nach 1990 in ein wiederkehrendes Staccato aus arbeitssuchend, Arbeitslosenhilfe, Krankschreibung. Kurze Erholung bildet eine erste Phase der Selbständigkeit; dann aber vor allem die respektgebietende achtjährige Tätigkeit als Projektleiterin einer Kreativwerkstatt im Rahmen einer „Maßnahme“. Bis heute folgen weitere Versuche der beruflichen Selbständigkeit. Frau Piorek hat in der Rückschau auf die Weichenstellungen in ihrer Jugend nicht nur nacherlebbar gemacht, wie Körper und Seele auf die traumatisierenden Umstände seither reagieren. Ich verdanke ihr detailreiche Schilderungen der Behandlung, der sie und ihr Freund im Durchgangsheim Schmiedefeld ausgesetzt waren und wie beide nach der Entlassung eine fast lückenlose Fortsetzung der Drangsalierung ausgesetzt waren. Erschütternd ist, wie nun, in „Freiheit“, in ihrem gewohnten Umfeld, unter Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, Verwandten, kaum Unschuldige oder Mitfühlende auszumachen sind.
Aktualisiert: 2023-04-14
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GISELA SCHUBERT Letzte Briefe

GISELA SCHUBERT Letzte Briefe von May,  Manfred
Der erste Besuch bei Gisela war im Mai 2011. An G.s Seite waren ihr Ehemann, eine Freundin. Sie hatte den Besuch gewünscht. Eruptiv kam es aus ihr; die ganze Bandbreite ihrer Themen war angedeutet, ausgespuckt, ausgesprochen nicht, noch längst nicht. Weitere Besuche folgten, unterbrochen von Pausen, von zum Teil langen, sehr langen Pausen – bis hin zu einer nun über mehrere Jahre gehenden intensiven Zusammenarbeit. Dann: Malereien, Zeichnungen, Texte – ein einziger Aufschrei, monologisch. Es wurde der erste Band der edition H – ganz selbstverständlich: ICH; GISELA SCHUBERT. Er ist gewissermaßen der Maßstab, an dem sich die folgenden Veröffentlichungen messen lassen sollen, fernab der bekannten Erinnerungsliteratur, der bekannten Betroffenheitsmalerei: Briefe folgten: Noch einmal die Lebensstationen, die vielen Heime, das Leben danach. Es war ein anderer Ton, das Erwarten der Antwort, etwas Dialogisches, Ersatz für ein nie stattgefundenes Gespräch aus dem Verstehen heraus. Es waren Letzte Briefe; Gisela Schubert ist im Sommer 2021 gestorben
Aktualisiert: 2023-04-20
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CAROLA CASTENS … leise schreien

CAROLA CASTENS … leise schreien von May,  Manfred
Carola Castens hat sich am 7. Mai 2020 in einer E-Mail an mich gewandt. Für sie noch ganz frisch war ein Leseerlebnis, das sie so schildert: „Bis zum 02.05.2020 war ich der festen Überzeugung, dass ich die Quälereien, denen ich im D-Heim Schmiedefeld ausgeliefert war, verdient habe. Denn, so sagte es mir meine Mutter immer wieder, wenn wir auf das Thema Jugendwerkhof kamen, da ich ja schwer erziehbar war und das Jugendamt in der DDR seine eigenen Methoden hatte. Gut, ich sah das zwar anders, hatte aber auch keine Gegenargumente. Nun habe ich aber den Artikel „Erinnerungsort Durchgangsheim Schmiedefeld“ vom 04.08.2017 im Netz gefunden und sofort stiegen Tränen hoch und Wut, bis zu diesem Zeitpunkt war mir nicht bewusst, was das für eine emotionale Baustelle in mir ist, die ich wohl sehr tief versenkt habe, über diese zwei oder drei Monate 1980 habe ich mit niemandem gesprochen. Gestern nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, auch wenn es die DDR nicht mehr gibt, so sind doch meine Erfahrungen mit den Behörden allgegenwärtig
Aktualisiert: 2023-04-14
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DA OBEN, AUF DIESER BURG

DA OBEN, AUF DIESER BURG von May,  Manfred
123 handgeschriebene Seiten sind es – vorläufig - geworden. E.B. wollte der Stadtverwaltung Heldburg mitteilen, was sie als Kind im Sonderschulheim Veste Heldburg (heute Deutsches Burgenzentrum) erdulden musste. Begonnen hat sie den Brief 2016, als in den Medien, die ausführlich über die Eröffnung des Burgenzentrums nach aufwändiger Restaurierung der Burg berichteten, nahezu stereotyp die Rede davon war, dass man über die Zeit als DDR-Kinderheim bzw. als DDR-Sonderschulheim so gut wie nichts wisse. B. schrieb sich ihr Wissen von der Seele, mehrere Jahre lang. Den Brief jedoch schickte sie nicht ab. Reden mit denen, „die lieb zu mir waren.“ – das hat sie versucht über die Jahre. Das allein sagt schon, dass es keine blinde Wut ist, die sie beim Schreiben geleitet hat. Wer möchte ihr vorschreiben, welche Worte sie wählen sollte, wenn die Erinnerung sie überrennt beim Schreiben? Die Angst derer, mit denen Birgit Eisenacher geredet hat, deren Nähe sie wieder gesucht hat; die Angst dieser Menschen vor dem Brief ist unbegründet. Im Gegenteil: Vor dem Hintergrund ihrer Erlebnisse gelingt ihr ein bewundernswert differenziertes Bild. Sie schont die Täterinnen und Täter nicht, gar nicht; sie offenbart ihre Gefühle, diesen und sich selbst gegenüber schonungslos
Aktualisiert: 2023-04-13
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KONTROLLE – KEINE VORKOMMNISSE

KONTROLLE – KEINE VORKOMMNISSE von May,  Manfred
"o. V." manchmal auch "k. V." sind die ökonomischen Kürzel eines Rasters, das sich bleischwer über die Tage legte, die Kinder und Jugendliche in den Arrestzellen des Durchgangsheimes Schmiedefeld verbrachten. Ohne Vorkommnisse – keine Vorkommnisse sollen die Abkürzungen bedeuten, die in einer üppigen Fülle von Abwandlungen die triste Feststellung, es sei nichts „vorgekommen“ seltsam kontrastiert: Kontr. o. b. V. – also ohne besondere Vorkommnisse, Kontrolle k. V., Kontrolle – keine Vork., Kontrolle – keine Vorkommnisse, dies alles in der Handschrift der Erzieherin, des Erziehers, die/der diese Feststellung in einer kaum vorstellbaren Terminhäufung protokolliert hat. „Vorkommnisse“ stören die routinierte Abfolge des ewig Gleichen selten – das konnten sein: macht keine Meldung, verweigert das Essen, klagt über Kopfschmerzen, beschmiert die Zelle, droht mit Suizid, versucht sich zu erhängen oder erwürgen. Der Zellenalltag stellt in dem ohnehin schon durch vergitterte Fenster, Zaun mit Übersteigschutz, ein rigides Disziplinierungssystem gekennzeichnetes Heim noch einmal einen dramatischen Einschnitt dar. Es ist ein Glücksfall, dass ein Arrestbuch und ein Isolierbuch erhalten geblieben sind, die es gestatten, die Arretierungen im Zeitraum zwischen 10.11.1983 (Beginn Arrestbuch) und 08.12.1987 (letzte Eintragung im Isolierbuch) nachzuvollziehen. Beide liegen in der edition H als Quellenpublikation vor.
Aktualisiert: 2023-04-13
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WIE GEHT ES DIR, MIR GEHT ES GUT

WIE GEHT ES DIR, MIR GEHT ES GUT von May,  Manfred
Ein Stapel Briefe – Briefe eines Jungen an seine Mutter – aus dem Durchgangsheim Schmiedefeld, aus dem Spezial-Kinderheim Wenigenlupnitz, aus dem Jugendwerkhof Wittenberg; einige wenige aus einer Trennung von Mutter und Sohn davor. Es gibt eine Lücke, über die geschwiegen wird. Der Junge ist am Beginn 14 Jahre alt; er wird knapp 18 sein, wenn er entlassen wird. Es ist die Hälfte der Kommunikation zwischen Sohn und Mutter – die andere Hälfte erschließt sich nur andeutungsweise: Über das Schreiben der Kinder in Heimen wissen wir viel: In der Regel wurden Briefe gelesen; sie mussten erneut geschrieben werden, wenn es unerlaubte Inhalte gab oder wenn sie von der gewünschten Form abwichen. Alexander Matzke schreibt in einem seiner Briefe aus dem Durchgangsheim Schmiedefeld, der ersten Station in der Heimbiografie von Alexander, in dem er zweieinhalb Monate verbrachte: “Schreiben darf [ich] nur am Wochenende, 3 Briefe“. Über das Lesen der Briefe von „draußen“ wissen wir so gut wie nichts. Briefe der Mütter, der Geschwister, der Freundin oder des Freundes ins Heim sind in den meisten Fällen nicht erhalten. In den 530 archivierten „Übergabeprotokollen“, die beim Wechsel aus dem Durchgangsheim Schmiedefeld in ein anderes Heim angefertigt wurden, und die auf der Formularrückseite armselig geringe private Habseligkeiten auflisteten, findet sich in ganzen neun Fällen die Notiz über aufgehobene Briefe. Auf dem Übergabeprotokoll für Alexander, angefertigt bevor er von Schmiedefeld nach Wenigenlupnitz in das dortige Spezial-Kinderheim, auf „Transport“ geschickt wurde, ist kein Brief erwähnt.
Aktualisiert: 2023-04-13
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GEDUSCHT DELITEXBEHANDELT EINGEKLEIDET ISOLIERT

GEDUSCHT DELITEXBEHANDELT EINGEKLEIDET ISOLIERT von May,  Manfred
Jahresarbeitspläne des Durchgangsheimes gestatten es, das Bestimmung, Denken und Handeln des Durchgangsheimes und seines Personals innerhalb eines rigiden Umerziehungssystems zu begreifen, das Korsetthafte wahrzunehmen, das Vorstellungsräume für Menschliches auf ein unerträgliches Maß einzwängte und dies für alle handelnden Personen – für die Kinder und Jugendlichen ganz klar, aber wohl auch für Erzieherinnen und Erzieher. Nahtlos geht das „Arrestbuch“ des Durchgangsheimes Schmiedefeld in das „Isolierbuch“ über. Es gibt keine Erklärung für den Wechsel des Namens. Es bleibt die gleiche Art im handschriftlichen Führen der Protokolle, die gleiche Art der Unterschrift, gewissermaßen eine sich schier unendlich wiederholende Geste der Herablassung, der Macht. Es sind die gleichen Gründe für die Arretierung; es bleibt die gleiche Formel für den Beginn der Zeit in der Zelle: geduscht – delitexbehandelt – eingekleidet – isoliert.
Aktualisiert: 2023-04-13
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