Im Februar 2005 widmete sich erstmals ein internationales Symposion dem Thema „Musiktheater im Exil der NS-Zeit“. Veranstaltungsort war das Musikwissenschaftliche Institut der Universität Hamburg. Die 16 Referate der Tagung sind im vorliegenden Band abgedruckt:
Vorwort der Herausgeber; Barbara von der Lühe (Berlin), Belcanto auf Iwrith; Burcu Dogramaci (Hamburg), „Faust“ für Ankara – Carl Ebert im türkischen Exil; Fiamma Nicolodi (Florenz), Aspects of Italian Musical Theatre under the Fascist Dictatorship; Beate Angelika Kraus (Bonn), Exilmusik auf Frankreichs Bühnen? Musiktheater in Paris von 1933 bis 1944; Barbara Busch (Würzburg), Kurt Jooss und Berthold Goldschmidt im englischen Exil. Auf den Spuren eines verloren geglaubten Werkes: „Chronika“; Michael Fend (London), Das Unternehmen Glyndebourne in den 1930er Jahren; Jutta Raab Hansen (London), Musiktheater in Internierungslagern auf der Isle of Man; Friedrich Geiger (Hamburg), Amerika im Musiktheater – Musiktheater in Amerika. Das Beispiel Richard Mohaupt; Claudia Maurer Zenck (Hamburg), Ein Musiktheaterexport nach Nordamerika – die Salzburg Opera Guild; Albrecht Gaub (Middleton, Wisconsin), Der Beitrag von Exilanten aus Deutschland zur Entwicklung des Musiktheaters in Kanada; Friederike Fezer (Hamburg), Irr- und Umwege eines Opernregisseurs im Exil. Die biographischen Stationen und künstlerischen Tätigkeiten P. Walter Jacobs von 1933 bis 1949; Albrecht Dümling (Berlin), Schneewittchen in Uniform. Die Musikrevue Sergeant Snow White 1943 in Melbourne; Ingo Schultz (Handewitt), Komponiert und geprobt im KZ Theresienstadt: Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung von Viktor Ullmann; Peter Petersen (Hamburg), Der Weg der Verheißung von Weill / Werfel / Reinhardt und Hagadah shel Pessach von Dessau / Brod – ein Vergleich; Christoph Dompke (Berlin), Operette, Musical und Kabarett im Exil; Sophie Fetthauer (Hamburg), Opernsänger und -sängerinnen im Exil am Beispiel der Ensemblemitglieder des Hamburger Stadttheaters.
Aktualisiert: 2021-01-09
Autor:
Barbara Busch,
Burcu Dogramaci,
Christoph Dompke,
Albrecht Dümling,
Michael Fend,
Sophie Fetthauer,
Friederike Fezer,
Albrecht Gaub,
Friedrich Geiger,
Beate A Kraus,
Barbara von der Lühe,
Fiamma Nicolodi,
Peter Petersen,
Jutta Raab Hansen,
Ingo Schultz,
Claudia Maurer Zenck
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Alfred Vagts (1892-1986) wurde als ältester Sohn eines Windmüllers in Basbeck an der Niederelbe geboren. Er besuchte zunächst die Lateinschule in Otterndorf, machte 1910 sein Abitur in Hannover und leistete danach in Göttingen seinen Militärdienst ab. Seit dem Wintersemester 1911/12 studierte er in München Geschichte, Literatur und Theaterwissenschaft. Im Seminar von Arthur Kutscher lernte er die Repräsentanten des literarischen Expressionismus kennen, unter ihnen Becher, Benn, Klabund Toller und Mühsam. Er begann unter ihrem Einfluß Gedichte zu schreiben.
Ende 1914 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Er kämpfte an der Ostfront, an der es weit weniger hurrapatriotisch zuging als an der Westfront. Seit dem Dezember 1914 veröffentlichte er in der Zeitschrift "Die Aktion" regelmäßig Gedichte gegen den Krieg.
Im Winter 1917/18 nahm er als Vertreter des Rates der Offiziere an den Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk teil. Ein Jahr später beteiligte er sich an der Münchener Räterepublik. Er wandte sich jedoch von den radikalen Kräften ab, ging 1919 nach Hamburg und setzte dort sein Geschichtsstudium fort, das er mit einer Promotion über die Rolle des Öls in der mexikanischen Revolution abschloss. Für die Arbeit hatte er von Außenminister Stresemann persönlich eine Ausnahmegenehmigung zum Studium der Akten im Archiv des Auswärtigen Amtes erhalten.
1922 gehörte Vagts zu den ersten deutschen Studenten, die nach dem Krieg ein Stipendium zum Studium in den USA erhielten. Er lernte den bekannten amerikanischen Historiker Charles Beard kennen, besuchte ihn in den folgenden Jahren mehrfach und heiratete 1927 dessen Tochter Miriam, die selbst schriftstellerisch tätig war. Ab 1925 arbeitete Alfred Vagts am Hamburger Institut für auswärtige Politik, unter anderem zusammen mit Hans von Dohnanyi, Theodor Haubach und Albrecht Mendelssohn. Seit 1920 war er Mitglied der SPD.
Bereits im November 1932 hatten Alfred und Miriam Vagts Deutschland verlassen und waren über London in die USA emigriert. An den Universitäten von Harvard und Princeton übernahm er Gastprofessuren und wurde in Sherman, Connecticut, sesshaft. In New York betätigte er sich in der SPDnahen Gruppe "Neues Beginnen" und war im Herbst 1944 der Hauptredner auf einer Gedenkveranstaltung für die Widerstandskämpfer in Deutschland.
Wie schon nach dem Ersten- trat Vagts auch nach dem Zweiten Weltkrieg für die Versöhnung zwischen beiden Völkern ein und plädierte als einer der ersten für den Brückenschlag mit Nachkriegsdeutschland. Er unterstützte im Hungerwinter 1946/47 die CARE-Paket-Hilfsaktion und erklärte in der amerikansichen Presse öffentlich, warum er seinem Jugendfreund Gottfried Benn Lebensmittel geschickt habe, auch wenn er mit den Nazis paktiert habe: "damit er nicht verhungert und Gelegenheit zum Nachdenken über seine Irrtümer hat."
In den Forschungen zur deutschen Exilliteratur spielt Alfred Vagts nur eine geringe Rolle, weil er bereits ab 1937 hauptsächlich in englischer Sprache publizierte. Er war ein durchaus erfolgreicher Sachbuchautor. Sein Taschenbuch "Hitlers Second Army" über die paramilitärischen Verbände der Nazis erreichte eine Auflage von 300.000 und wurde zur Pflichtlektüre für alle GIs, die in Deutschland Krieg führten. 1951 dachte Alfred Vagts an eine Rückkehr nach Deutschland. Er bewarb sich um einen Lehrstuhl am historischen Seminar der Universität Hamburg. Der international bekannte Historiker, Hauptwerk: History of Militarism, Civilian and Military, wurde aber wegen "fehlender Lehrerfahrung" abgelehnt. Diese Zurückweisung hatte ihn tief gekränkt. Seither ist er nur noch selten nach Deutschland gereist.
Im hohen Alter hat Alfred Vagts damit begonnen, seine Memoiren zu schreiben. Seine Lebenserinnerungen sind unvollendet geblieben. Alfred Vagts hat einzelne Kapitel seiner Memoiren an seine in Deutschland lebende Nichte Ursel Hensler zur Überarbeitung und zur Übertragung in Reinschrift geschickt. Andere Abschnitte hat er deutschen Freunden und seinem Neffen Peter Schütt zur kritischen Lektüre zugesandt.
Aus diesen Materialien und aus dem Nachlass hat Peter Schütt in enger Zusammenarbeit mit dem in Boston lebenden Sohn, Prof. Detlev Vagts, und mit seiner Kousine Ursel Hensler eine Auswahl aus den autobiographischen Schriften des Schriftstellers und Historikers zusammengestellt, ergänzt um bislang zum Teil unveröffentlicht gebliebene Gedichte aus seinen jungen Jahren und Auszüge aus literatur- und geschichtswissenschaftlichen Forschungsarbeiten.
Inhalt:
Vorbemerkung des Herausgebers
1. Meine Kindheit und Jugend im Zweistromland zwischen Elbe und Weser
2. Basbecker Gedichte
3. Ritt in die Not - Gedichte
Exkurs: Petra Jenny Vock: "Kritikwürdige Lyrik aus dem Kriege, dokumentarisch vielleicht wichtig"
4. Die Münchner Räterepublik
5. Hamburg 1923 bis 1932
6. Amerikanische Aufenthalte in den Zwanzigerjahren
7. Unter Emigranten und Amerikanern
8. Besuche in der alten Heimat
9. Erinnerungen an Gottfried Benn
Nachwort: Hans-Ulrich Wehler: Alfred Vagts - ein antimilitaristischer Militärhistoriker
Aktualisiert: 2021-01-12
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Trotz seines enormen wissenschaftlichen Werks blieb Alfred Einstein (1880-1952) von der Hochschullehrerlaufbahn in Deutschland ausgeschlossen. Antisemitische Ressentiments behinderten seinen Karriereweg, der erst in Amerika zum Erfolg führte.
Melina Gehrings Studie zeichnet den Lebensweg Einsteins in allen Einzelheiten nach und lenkt dabei das Augenmerk auf Verfolgung und Exil. Die Verfasserin hat den umfangreichen Nachlass des Musikwissenschaftlers in der Alfred-Einstein-Collection, Berkeley, neu durchgesehen und ausgewertet. Die zahlreichen Briefe von und an Einstein, die Gehring in dieser Arbeit dokumentiert und aus denen sie zitiert, waren bisher zum großen Teil unbekannt. Das gleiche gilt für die unveröffentlichte Autobiographie und die Tagebücher Einsteins.
Zu den Ergebnissen dieser Studie gehört auch der Nachweis, dass Alfred und sein berühmter Zeitgenosse Albert Einstein sich zwar kannten, nicht aber, wie allgemein angenommen, miteinander verwandt waren. Ihrem Briefwechsel ist ein eigenes Kapitel gewidmet.
Aktualisiert: 2021-01-09
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