Dramatische Aufklärung

Dramatische Aufklärung von Rippe,  Olaf
Obwohl Szenen des Erkennens im Drama oft entscheidende Wende- bzw. Abschlusspunkte markieren und der Konfliktgestaltung ein ganz eigenes Gepräge geben, ist über den Begriff der Anagnorisis in der germanistischen Literaturwissenschaft kaum diskutiert worden. Man begnügt sich meist mit der Wiederholung dessen, was Aristoteles im Rahmen seiner Tragödienlehre vermeintlich darunter verstand. Oft wird die ‚Wiedererkennung‘ im neuzeitlichen Drama auch mit künstlerisch fragwürdigen Enthüllungs-Szenen assoziiert, wie sie in der Trivial- und Schauerdramatik verbreitet sind. Olaf Rippe setzt hier einen Kontrapunkt. Er bilanziert innovative Forschungsbeiträge zum Thema und zieht deren Ergebnisse für die Neulektüre einiger Tragödien des 18. Jahrhunderts heran. Vor allem Impulse der angelsächsischen Literaturwissenschaft führten dazu, dass die Anagnorisis in jüngster Zeit als vielschichtige, teils widersprüchliche Kategorie literarischer Plots gewürdigt wird. In den für diesen Band ausgewählten Stücken von Lillo, Pfeil, Goethe, Klinger, Moritz und Schiller werden klassische Anagnorisis-Motive – der unerkannte Heimkehrer, die ungeklärte Herkunft oder die Selbsterkenntnis des Helden – produktiv in die literarische Welt des 18. Jahrhunderts übersetzt. Dabei beziehen die Autoren auf packende Weise die überlieferte Anagnorisis-Dramaturgie mit ihrer ironischen Spannung zwischen Unwissenheit und Wissen auf zeittypische Probleme der (Selbst-) Aufklärung.
Aktualisiert: 2020-03-04
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Die Signatur des Bösen

Die Signatur des Bösen von Habel,  Sabrina
In 'Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt' von 1791 entwirft Friedrich Maximilian Klinger ein ästhetisches Programm, das sich dem klassischen Konzept einer "Signatur des Schönen" ebenso radikal verweigert wie dem Leibniz'schen Optimismus einer Signatur des Göttlichen in der Welt. Die Geschichte des Teufelspakts erhebt das Diabolische zum Gründungsmoment und Fluchtpunkt literarischer Sprache. Ausgehend von einem besonderen Sprachzeichen, dem 'Diabol', entfaltet sich das Böse zum Regulativ eines Textes. Der Teufel als rhetorische Figur setzt eine umfassende "Diabolisierung" des literarischen Textes in Gang, die in die Ordnungsphantasie eines totalitären Systems mündet.
Aktualisiert: 2019-01-08
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Triumph der Rache

Triumph der Rache von Fischer,  Frank
Nur zwei Dramen hat Joachim Wilhelm von Brawe (1738-1758) geschrieben, das bürgerliche Trauerspiel 'Der Freygeist' und die heroische Tragödie 'Brutus'. Trotzdem ist es ihm damit gelungen, einen markanten Beitrag zur Entwicklung der deutschsprachigen Dramatik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu leisten. Die von ihm entwickelte Racheästhetik steht konträr zu den anthropologischen und poetologischen Konzeptionen seiner Zeitgenossen, vor allem auch Lessings, und weist schon deutlich auf die Werke der nächsten Autorengeneration hin, auf Klingers 'Zwillinge' etwa oder Schillers 'Räuber'. Indem Brawes Rachegenies unter Bezugnahme auf Hans Magnus Enzensberger als "radikale Verlierer" verstanden werden, wird die für seine Stücke charakteristische Kausalität der Racheakte schließlich nachvollziehbar.
Aktualisiert: 2019-01-08
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Der Mythos Medea

Der Mythos Medea von Eichelmann,  Sabine
Warum ist der Stoff des Medeamythos für uns heute noch interessant? Mythen und Namen, die sinnbildlich geworden sind, fassen fundamentale Denkmuster zusammen, die eine Grundlage unserer Kultur und Identität bilden. Anders als Geschichten stehen Mythen zeitenthoben für sich selbst. Dichter sind die Mittler zu den Interpretationen und transportieren so den Mythos in unsere Zeit. Auch der Mythos Medea wurde fast unzählige Male bearbeitet, jedoch behielt er seine Aktualität, denn neben dem sinnbildlich für den Namen Medea stehenden Kindermord werden zentrale Themen des Menschseins aufgerufen: Verrat, Schuld, Treue, Rache, Ehe, Ehre, Stolz, Recht und Vertrauen. Besonders jedoch durch seine unerhörte Begebenheit, die Ermordung der eigenen Kinder durch die Mutter, schreibt sich der Mythos über das kulturelle Gedächtnis in die Erinnerung der Menschen ein. Medea wird zu der Kindermörderin. Sabine Eichelmann verfolgt besonders werkimmanent die Veränderungen des Mythos bis zu uns. Angefangen bei der mit Mutterliebe ringenden stolzen Kindermörderin des Euripides, über Senecas zaubernde Rachefurie folgen wir dem Medeamythos zur remythisierten fürchterlich großen Medea Klingers, die reuig im zweiten Stück durch Selbstmord ihr Schicksal bestimmt. Es folgt Grillparzers Medea mit Vorgeschichte, die sich in drei Stücken entwickelt. Den Abschluss bildet die Medea Christa Wolfs, die zunächst ganz verändert erscheint. Doch trotz der unterschiedlichen Bearbeitungen, oder gerade deshalb, überdauert der Mythos Medea die Zeiten und findet durch das kulturelle Gedächtnis den Weg zu uns.
Aktualisiert: 2020-11-16
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