Heft 64: Herstellung dauerhafter zementgebundener Oberflächen im Trinkwasserbereich

Heft 64: Herstellung dauerhafter zementgebundener Oberflächen im Trinkwasserbereich von Boos,  Peter
Weil sich hydraulisch gebundene Baustoffe im Trinkwasserbereich bereits seit Römerzeiten bewährt haben, besteht im Bereich der Trinkwasserversorgung ein großer Teil der wasserberührten Flächen aus zementgebundenen Baustoffen. So erfolgt der Wassertransport von der Wasserförderung zur Speicherung und von der Speicherung zum Verbraucher durch mit Zementmörtel ausgekleidete Guss- und Stahlrohre sowie durch Betonrohre. Darüber hinaus werden Trinkwasserspeicher in der Bundesrepublik Deutschland fast ausschließlich aus schlaff bewehrtem bzw. vorgespanntem Beton gebaut. Gemäß Arbeitblatt W 311 des Deutschen Verbands des Gas- und Wasserfaches (DVGW) "Planung und Bau von Wasserbehältern - Grundlagen und Ausführungsbeispiele" [ist es sowohl für die Hygiene als auch für die Reinigung der Innenflächen von Trinkwasserbehältern besonders wichtig, dass diese glatt und porenfrei sind: Raue Oberflächen, Kiesnester und Poren ermöglichen das An- und Ablagern von Stoffen, die die Aufkeimung fördern. Ein wasserundurchlässiger Betonbehälter mit einer glatten Oberfläche bedarf gemäß dieses DVGW-Arbeitblattes W 311 daher auch keiner Innenbeschichtung. Für den Bau von Trinkwasserbehältern aus Beton [und die Auskleidung von Trinkwasser-Druckrohrleitungen [gibt es bereits bewährte Regeln. So muss der für den Trinkwasserbehälterbau verwendete Beton den Anforderungen für wasserundurchlässigen Beton nach DIN 1045 [entsprechen. Über die Forderungen der DIN 1045 [hinaus, darf gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 311 der Wasserzementwert höchstens 0,55 betragen, empfohlen wird sogar ein Wasserzementwert von w/z £ 0,50. Betone, die den geforderten Grundanforderungen entsprechen, besitzen erfahrungsgemäß einen hohen Hydrolysewiderstand, sind also auch bei ständigem Kontakt mit Wasser beständig. Von einem Bauprodukt wird erwartet, dass es dauerhaft ist, d. h. seine Gebrauchsfähigkeit unter den planmäßigen Beanspruchungen mit einem geringen Instandsetzungsaufwand über die erwartete Nutzungsdauer erhalten bleibt. Nach heutigem Stand der Technik werden richtig zusammengesetzte Mörtel und Betone, die für den ständigen Kontakt mit Trinkwasser # das der Qualitätsvorschrift der Trinkwasserverordnung entspricht # konzipiert wurden, der oben genannten Anforderung gerecht: Erst im Laufe von mehreren Jahrzehnten wird ihre Oberfläche durch hydrolytische Prozesse rau und weniger reinigungsfreundlich. Dann allerdings lässt sich der "Soll"-Zustand einer glatten, porenarmen und reinigungsfreundlichen Oberfläche mit einem Zementmörtel wieder herstellen. Unabhängig davon, ob dieser zementgebundene Mörtel gespachtelt, geputzt oder (im Trocken- oder Nassspritzverfahren) gespritzt wird, ist diese Art der Oberflächeninstandsetzung mit zementgebundenen Mörteln im DVGW-Arbeitsblatt W 312 vorgesehen. Von dieser neuen Zementmörtelauskleidung wird wiederum eine jahrzehntelange Gebrauchsfähigkeit erwartet. Seit über 30 Jahren kommen immer wieder auch sogenannte mineralische, kunststoffmodifizierte Beschichtungen in Trinkwasserbehältern zum Einsatz. Diese Mörtel wurden ursprünglich für den Bereich der Bauwerksabdichtung bei nicht drückendem Wasser konzipiert. Seit über 20 Jahren treten bei einigen dieser Beschichtungsmaterialien mit nicht akzeptierbarer Häufigkeit Mängel in Form von Entfestigungen auf, die sich entweder durch "braune Flecken" oder aber durch flächenhafte Erweichungen äußern. Der ordnungsgemäße Betrieb der Behälter und die Reinigungsmöglichkeit der wasserberührten Flächen werden durch diese Mängel neben dem ästhetischen Eindruck beeinträchtigt. Der wirtschaftliche Schaden ist erheblich, wenn man bedenkt, dass die Mängel teilweise schon nach ½ bis 1 Jahr auftraten, wo mit einer jahrzehntelangen Gebrauchsfähigkeit gerechnet wurde. Die technischen Ursachen und Mechanismen für die Entstehung dieser Mängel sind bislang nicht geklärt. Auch die Reproduktion der braunen Flecken im Labor steht noch aus. Darüber hinaus fehlen klare technische Grundanforderungen für Auskleidungsmörtel, wie sie für Beton im Bereich der Trinkwasserspeicherung schon lange definiert sind. Durch die Untersuchungen soll ermittelt werden, worauf die Schadensauffälligkeit bestimmter Beschichtungsmörtel zurückzuführen ist und wie zementgebundene Baustoffe in Trinkwasserbehältern grundsätzlich beschaffen sein müssen, damit sie eine jahrzehntelange, instandsetzungsfreie Nutzungsdauer aufweisen. Hierzu sollen die folgenden Punkte näher betrachtet werden: Gegenstand der Untersuchungen sind Betone und zementgebundene Mörtel, wie sie in Trinkwasserbehältern zum Einsatz kommen. In diesem Zusammenhang wird der Einfluss der jeweiligen Zusammensetzung auf das grundsätzliche Hydrolyseverhalten der beiden Baustoffe untersucht. In Bezug auf das Beschichtungsmaterial "Mörtel" wird zusätzlich der Einfluss der Beschaffenheit des Trägerbetons ermittelt. Die Porosität zementgebundener Baustoffe hat einen entscheidenden Einfluss auf deren Dauerhaftigkeit. Aus diesem Grund wird die Entwicklung der Porosität (Porenvolumen und Porenradienverteilung) verfolgt und die Korrelation dieses Parameters mit typischen Eigenschaften zementgebundener Baustoffe überprüft. Es wird unter besonderer Berücksichtigung mineralogischer und chemischer Untersuchungsverfahren bestimmt, wie sich die Mineralphasenzusammensetzung während der Korrosion verändert und welche Faktoren das Erscheinungsbild der Korrosion der mineralischen Beschichtungen (fleckige bzw. großflächige Aufweichungen) beeinflussen. Insgesamt werden die Untersuchungen in Umfang und Form so angelegt, dass mit Hilfe dieser Arbeit technische Grundanforderungen für zementgebundene Mörtel im Trinkwasserbereich definiert werden können. Dazu muss auch die "Praxistauglichkeit" der im Labormaßstab gewonnenen Erkenntnisse überprüft werden.
Aktualisiert: 2019-01-04
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