Die angolanische Dichterin und Historikerin ANA PAULA TAVARES ist durch ihre zweisprachige Werkauswahl »Árvore da Febre ˗ Fieberbaum« (Edition Delta, Stuttgart 2010) mit Gedichten aus ihren fünf bis dahin erschienenen Lyrikbänden aus den Jahren 1985 bis 2007 hierzulande immer bekannter geworden und las daraus u.a. in Berlin, Köln und Heidelberg. Ihre großartige Lyrik wird weltweit und auch hier sehr geschätzt.
Ana Paula Tavares zählt gemeinsam mit der sãotomensischen Lyrikerin Conceição Lima zu den »eindringlichsten lyrischen Stimmen der afrikanischen Gegenwartsliteratur« (Michael Kegler).
»Ihre kraftvollen Bilder und die Bezüge zu afrikanischen Traditionen haben mich eigentlich von Anfang an direkt angesprochen. Inhaltlich beschäftigt sie sich vor allem mit der Frau in der angolanischen Gesellschaft und wie Liebe, Krieg und Tradition ihr Leben bestimmen«, schrieb unlängst die ZDF-Redakteurin und Autorin Ruth Omphalius in ihrem Blog »Reading the Women of the World« (18. Februar 2021).
Ana Paula Tavares wurde 1952 in Lubango, Provinz Huíla, Angola, geboren, wo sie ihre Kindheit und Schulzeit verbrachte. Zum Studium der Geschichtswissenschaften zog sie in die Hauptstadt Luanda, wo sie seit ihrem Abschluss 1973 als Geschichtslehrerin arbeitete. Nach den bitteren Wirren des Unabhängigkeitskrieges gegen Portugal ab 1961 erlangte Angola am 11. November 1975 die politische Unabhängigkeit und versank in einen annähernd dreißigjährigen Bürgerkrieg. Ana Paula Tavares verließ Ende der 1970er Jahre ihre geliebte Heimat und lebt seither in Portugal.
In Lissabon studierte sie Lusoafrikanische Literatur und promovierte in Afrikanische Geschichte. Die Historikerin lehrt an der Universidade Católica in Lissabon, ist freie Mitarbeiterin am Instituto de Investigação Científica Tropical und gehört zur Angolanischen UNESCO-Kommission.
Ana Paula Tavares veröffentlichte 2010 im renommierten Verlag Editorial Caminho ihren sechsten Lyrikband »Como Veias Finas na Terra« (Wie feine Adern in der Erde), während ihr siebter Titel »Água Selvagem« (Wildes Wasser) ihre bislang unveröffentlichten Gedichte versammelt.
Ihre feinsinnige und sinnliche Lyrik vereint Ästhetik und Ethik, intensiviert die mündliche Erzähltradition Afrikas und verwebt die Natur (Erde, Blume, Baum, Wald, Fluss, Regen, Wind, Meer, Düne, Wüste) mit dem Gespräch der Lebenden und ihrer Toten. Geschichte und mythische Geschichten sind bei Ana Paula Tavares, die heute in der Nähe von Lissabon lebt, poetisch ineinandergeflochten und miteinander verbunden. Die Frau, »das Schweigen der Zeit« und die Sprache, das Wort, die Silben stehen oft im Mittelpunkt ihrer Gedichte: »ein Rest der alten Sprache / woraus die Verse / gemacht sind«.
Tobias Burghardt (Nachwort)
Aktualisiert: 2021-07-29
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Die sãotomensische Lyrikerin CONCEIÇÃO LIMA gehört zu den wesentlichen Autorinnen der heutigen afrikanischen Poesie.
Conceição Lima wurde 1961 in Santana, São Tomé, geboren und verbrachte auf der paradiesischen Insel am Äquator ihre Kindheit und Schulzeit, nach der sie zum Studium der Journalistik erst nach Portugal ging. Nach ihrer Rückkehr aus Europa arbeitete sie in der Hauptstadt São Tomé für diverse Medien und gründete und leitete in den 1990er Jahren die unabhängige Wochenzeitung »O País Hoje«. Dann zog sie nach London, um weiterführende Afro-Portugiesische und Brasilianische Studien am King's College sowie Afrikanische Politik zu studieren. Zudem war Conceição Lima rund zwanzig Jahre lang bei der BBC journalistisch tätig. Aus jener Zeit in der europäischen Ferne stammen ihre ersten beiden Lyrikbände »O Útero da Casa« (2004, Die Gebärmutter des Hauses) und »A Dolorosa Raíz do Micondó« (2006, Die schmerzvolle Wurzel des Affenbrotbaums), die in der gleichnamigen zweisprachigen Doppelausgabe (Edition Delta, Stuttgart 2010) auf Deutsch bereits vorliegen.
Im Jahr 2009 kehrte sie zum zweiten Mal nach São Tomé zurück und ist seither als freie Journalistin dort tätig. Ihr dritter Gedichtband »O País de Akendenguê« (2011, Das Land von Akendengué) wurde in Portugal als »ein Ereignis von seltener Bedeutsamkeit in der aktuellen portugiesischsprachigen Poesie« (Helder Macedo) gewürdigt. Darin weitet sie den Begriff »Insel« ins Universelle und verleiht ihrer insularen Afrikanität, zu der neben zahlreichen afrikanischen Kunst- und Kulturschaffenden wie Pierre Akendengué, Alda Espírito Santo, Protásio de Pina, Luís Carlos Patraquim, Tchicaya U Tam'Si und Francisco José Tenreiro auch Camões, Sophia de Melo Breyner Andresen, Vladimír Holan oder Adonis gehören, eine universelle Dimension. Der afrikanische Blickwinkel ihrer Poesie erweiterte und vertiefte sich zunehmend nach der zweiten Rückkehr auf ihre Insel: »21 – Ich habe die Postkarten zerrissen./ Nichts ist so wirklich, wie hier zu sein.« (2015, Wenn Samt-Tamarinden auf dem Dach des Gipfels blühen). In ihrem vierten Gedichtband »Quando Florirem Salambás no Tecto do Pico« thematisiert sie u.a. auch die heutige politische und soziale Situation ihres Landes.
Conceição Lima zählt gemeinsam mit der angolanischen Dichterin Ana Paula Tavares zu den »eindringlichsten lyrischen Stimmen der afrikanischen Gegenwartsliteratur« (Michael Kegler).
Anknüpfend an ihre beiden zweisprachigen Erstwerke »O Útero da Casa & A Dolorosa Raíz do Micondó – Die Gebärmutter des Hauses & Die schmerzvolle Wurzel des Affenbrotbaums« (Edition Delta, Stuttgart 2010) liegt nun mit ihren folgenden beiden zweisprachigen Werken »O País de Akendenguê & Quando Florirem Salambás no Tecto do Pico – Das Land von Akendengué & Wenn Samt-Tamarinden auf dem Dach des Gipfels blühen« (Edition Delta, Stuttgart 2021) das bisher veröffentlichte Lyrikwerk von Conceição Lima vollständig ins Deutsche übersetzt vor.
Tobias Burghardt (Nachwort)
Aktualisiert: 2021-08-26
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EUGÉNIO DE ANDRADE wurde am 19. Januar 1923 in Póvoa de Atalaia, einem kleinen Ort der Beira Baixa, als José Fontinhas geboren. Er wuchs mit seiner Mutter die ersten acht Jahre auf dem Lande auf, bevor sie mit ihm nach Lissabon ging. In den Sommerferien kehrte er regelmäßig zu seinem Großvater, einem Steinklopfer, an seinen Geburtsort zurück: 'Aus dieser lichterfüllten Kindheit erbte ich Bilder der Freiheit, denn ich lebte in ständiger Berührung mit der Erde und den Tieren, mit spontanen Menschen, die noch sehr nah an den Grundbedürfnisse des Körpers und der Seele leben.'
In seiner Schulzeit in Lissabon verbrachte er viele Nachmittage stundenlang in öffentlichen Bibliotheken, las Bécquer, Pessoa, Passanha, Baudelaire, Verlaine, Rimbaud und schrieb seine ersten Gedichte. Als er mit 19 Jahren seinen Lyrikerstling veröffentlichte, erfand er das Pseudonym Eugénio de Andrade. Nachdem er ein Jahr später mit seiner Mutter in die Nähe von Coimbra gezogen war, führte er seine Ausbildung fort und machte Militärdienst. Dann wurde er Verwaltungsinspektor im Gesundheitsamt von Lissabon, das ihn erst nach Coimbra versetzte und schließlich nach Porto, wo er 35 Jahre im sozialmedizinischen Dienst tätig war. Neben jenem Beruf lebte er ein zurückgezogenes Dasein als Dichter, veröffentlichte rund 25 Lyrikbände, übersetzte Gedichte von Lorca und Sappho sowie 'Die portugiesischen Briefe' von Mariana Alcoforado (1640-1723) und wurde der bedeutendste moderne portugiesische Dichter von internationalem Rang. Eugénio de Andrade starb am 13. Juni 2005 in Porto.
Seine Gedichte wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und in mehr als fünfzig Einzeltiteln weltweit veröffentlicht. 1997 erschien bei Hanser in München die Werkauswahl 'Stilleben mit Früchten' (Ausgewählte Gedichte 1942-1995) in der deutschen Übersetzung - ohne portugiesische Originaltexte - und mit einem klugen Nachwort von Curt Meyer-Clason. Wo jene einsprachige Auswahl aufhört, setzt die vorliegende zweisprachige Veröffentlichung der beiden letzten Bände von 1995 und 2002, in der endgültigen Fassung, an: 'O Sal da Língua & Os Sulcos da Sede - Das Salz der Sprache & Die Furchen des Durstes'.
Eugénio de Andrade sucht in seinem Spätwerk stets nach vertrauten Gesprächen unter Freunden wie mit den Dingen, die der elementaren Welt angehören, in der ihnen eigenen Natur der Stille, und wacher Aufmerksamkeit bedürfen: Erde und Hand, Flamme und Stimme, Baum und Erinnerung, Licht und Körper, Kindheit und Mutter, Wunsch und Wort, Durst und Salz, Haus und Luft, Wasser und Sommer, Kalk und Zikade. Die Wortmusik von Eugénio de Andrade ist eine Feier der Welt, die am Dualismus 'der westlichen Kultur' leidet und eine paradiesische Urverbundenheit des Lebens in seiner glühenden Unvollendetheit dagegen stellt.
Seine Poetik ist minimalistisch, leise, schlicht, transparent. Darüber schrieb er einst: 'Siehe, der Mensch, scheint jedes Gedicht zu sagen. Hier ist der Mensch, hier ist sein flüchtiges Gesicht, geschaffen aus tausend Gesichtern, alle atmen prächtig auf der Erde, keines ist erhabener als das andere, sie sind getrennt durch tausendundeine Verschiedenheit, vereint durch tausendundeine gemeinsame, gleiche und andersartige Sache, allesamt ähnlich und doch jedes einzelne einzig, einsam, verlassen. Mit jenem Gesicht ist der Dichter innig verbunden.'
Tobias Burghardt (Spuren)
Aktualisiert: 2020-02-09
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