Schlüsselwort: Metalllegierung

Elektrisch leitfähige Kunststoffbauteile gewinnen aktuell in zahlreichen Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie, der Informations- und Medizintechnik sowie der Luft- und Raumfahrt an Bedeutung. Mit dem hybriden Mehrkomponenten-Spritzgießen wird in der vorliegenden Arbeit durch Kombination der Urformverfahren Kunststoff-Spritzgießen und Metall-Druckgießen eine neue Verfahrenstechnik entwickelt, die die Herstellung von Kunststoffbauteilen mit integrierten metallischen Leiterbahnen in einem Einstufenprozess auf einer Maschine und in einem Werkzeug ermöglicht. Dazu wird auf einen im ersten Schritt hergestellten thermoplastischen Träger eine Metalllegierung aufgespritzt. Um eine direkte Verarbeitung aus der Schmelze zu ermöglichen, werden niedrig schmelzende Metalllegierungen eingesetzt, die Schmelzpunkte im Bereich gängiger technischer Thermoplaste besitzen. Die auf Zinn basierenden Legierungen sind z. B. zum bleifreien Löten in Elektro- und Elektronikanwendungen etabliert. Zur Umsetzung der Verfahrenstechnik wird auf Basis einer Kunststoffmikrospritzgießeinheit in Anlehnung an etablierte Auslegungsrichtlinien für Gießeinheiten aus dem Metall- Druckgießen und an konstruktive Lösungen aus dem Bereich des Warmkammerdruckgießens eine modulare Aggregattechnik zur Verarbeitung der niedrig schmelzenden Metalllegierung entwickelt, die in eine Spritzgießmaschine integriert werden kann. Die Leistungscharakteristik des Aggregats wird auf Basis eines theoretisch-analytischen Modells so ausgelegt, dass über den Hydraulikantrieb so hohe Einspritzgeschwindigkeiten erzielt werden, dass Geometrien wie beispielsweise filigrane Leiterbahnen unter Berücksichtigung der raschen Erstarrung der Metalllegierung gefüllt werden können. Um die Leistungsfähigkeit der neu entwickelten Anlagentechnik zu überprüfen und erstes Prozesswissen über das hybride Mehrkomponenten-Spritzgießen aufzubauen, werden im Rahmen der Inbetriebnahme in grundlegenden Untersuchungen wichtige Eigenschaften von Bauteilen in Elektro- und Elektronikanwendungen überprüft. Dazu werden in einem modularen Versuchswerkzeug Probekörper hergestellt und die resultierenden elektrischen Eigenschaften der auf einen Kunststoffträger aufgespritzten Leiterbahnen sowie der prozessintegriert kontaktierten metallischen Einlegeteile bewertet. Ein zweiter Untersuchungsschwerpunkt beschäftigt sich im Rahmen der Inbetriebnahme mit der Haftung zwischen Thermoplast und niedrig schmelzender Metalllegierung, um in späteren Anwendungen einen Verbund zwischen Kunststoffträger und metallischer Leiterbahn generieren zu können, der über einen makroskopischen Formschluss hinausgeht. Mit der Entwicklung des hybriden Mehrkomponenten-Spritzgießens steht ein neuer Einstufenprozess zur Herstellung von Bauteilen für Elektro- und Elektronikanwendungen zur Verfügung. Die durchgeführten Grundlagenuntersuchungen belegen das Potenzial der neuen Verfahrenstechnik und liefern erste Richtwerte für erzielbare Bauteileigenschaften, die als Grundlage zur Abschätzung der Einsatzmöglichkeit dienen können.