Der Notenband "Haben Sie inzwischen etwas Neues komponiert?" versammelt Streichquartette und Lieder von Emigrierten und Remigrierten wie Leo Bütow, Richard Engelbrecht und Brigitte Schiffer. Beigefügt ist eine Audio-CD u. a. mit einer Einspielung des Zweiten Streichquartetts von Wolf Rosenberg durch das LaSalle Quartett.
Nicht nur Personen kehrten nach 1945 aus dem Exil ins deutsche Musikleben zurück, sondern mit ihnen – oder teilweise an ihrer Stelle – auch Kompositionen, Schriften und Tonaufnahmen, Ideen und kulturelle Praktiken (wie beispielsweise Aufführungstraditionen). Der Notenband der Schriftenreihe "Kontinuitäten und Brüche im Musikleben der Nachkriegszeit" versammelt Streichquartette und Lieder von emigrierten und remigrierten Komponistinnen und Komponisten und lässt auf diese Weise die Besonderheiten des Komponierens "zwischen Exil und Rückkehr" sowie der begleitenden Kommunikationsvorgänge zwischen Vertriebenen und Gebliebenen greifbar werden. Gerade die Gattungen Lied und Streichquartett wurden in Kreisen einer zumeist bürgerlich geprägten deutsch-jüdischen Emigration über die Kreise professioneller Musikschaffender hinaus mit besonderer Bedeutung aufgeladen, nicht zuletzt wegen der angenommenen Stilhöhe und ihrer auch aus der Nähe zum häuslichen Musizieren resultierenden Intimität. Als individuelle Praxis konnte die Aufführung dieser Gattungen – anders als das öffentliche Konzert- und Kulturleben – gleichsam zum transportablen Teil des kulturellen Hausstandes werden. Im Exil wurden Lied und Streichquartett auf diese Weise gleichermaßen zum Resonanzraum einer verlorenen Heimat wie zum Ansatzpunkt der Auseinandersetzung mit dem neuen Leben im Emigrationsland.
So begann Richard Engelbrechts Beschäftigung mit dem zwölftönigen Komponieren erst nach seiner Flucht in Argentinien, seine Remigration 1946 ging mit einer Rückkehr zu eher tonal orientierten Werken wie dem hier vorgelegten Streichquartett einher. Brigitte Schiffers Streichquartett zeichnet ihren Emigrationsweg auf besondere Weise nach. An die wegen ihrer jüdischen Herkunft nur im Verborgenen mögliche Uraufführung an der Berliner Hochschule für Musik 1934 schloss sich später der Gewinn eines Kompositionspreises in Ägypten und eine Aufführung im Umfeld Leo Kestenbergs in Palästina an. Leo Bütows in der Isolation des dänischen Exils entstandenen Vertonungen von Texten Friedrich Hölderlins arbeiten sich an Fragen der eigenen Herkunft ebenso ab, wie sie sich an eine erhoffte deutsche Nachwelt richten – eine Flaschenpost mit musikalischem Inhalt. Wolf Rosenberg schließlich gehörte einem Kreis von jüngeren Palästina-Emigranten an, die sich dort intensiv mit der musikalischen Moderne der ersten Jahrhunderthälfte auseinandersetzten. Zu ihnen gehörte auch Walter Levin, für dessen LaSalle Quartett Rosenbergs hier erstmals publiziertes Zweites Streichquartett entstand.
Eine CD mit einer 'lecture performance' von Rosenbergs Komposition durch das LaSalle Quartett sowie weitere Aufnahmen der hier abgedruckten Werke ergänzen den vorgelegten Band.
Aktualisiert: 2023-06-15
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Der Notenband "Haben Sie inzwischen etwas Neues komponiert?" versammelt Streichquartette und Lieder von Emigrierten und Remigrierten wie Leo Bütow, Richard Engelbrecht und Brigitte Schiffer. Beigefügt ist eine Audio-CD u. a. mit einer Einspielung des Zweiten Streichquartetts von Wolf Rosenberg durch das LaSalle Quartett.
Nicht nur Personen kehrten nach 1945 aus dem Exil ins deutsche Musikleben zurück, sondern mit ihnen – oder teilweise an ihrer Stelle – auch Kompositionen, Schriften und Tonaufnahmen, Ideen und kulturelle Praktiken (wie beispielsweise Aufführungstraditionen). Der Notenband der Schriftenreihe "Kontinuitäten und Brüche im Musikleben der Nachkriegszeit" versammelt Streichquartette und Lieder von emigrierten und remigrierten Komponistinnen und Komponisten und lässt auf diese Weise die Besonderheiten des Komponierens "zwischen Exil und Rückkehr" sowie der begleitenden Kommunikationsvorgänge zwischen Vertriebenen und Gebliebenen greifbar werden. Gerade die Gattungen Lied und Streichquartett wurden in Kreisen einer zumeist bürgerlich geprägten deutsch-jüdischen Emigration über die Kreise professioneller Musikschaffender hinaus mit besonderer Bedeutung aufgeladen, nicht zuletzt wegen der angenommenen Stilhöhe und ihrer auch aus der Nähe zum häuslichen Musizieren resultierenden Intimität. Als individuelle Praxis konnte die Aufführung dieser Gattungen – anders als das öffentliche Konzert- und Kulturleben – gleichsam zum transportablen Teil des kulturellen Hausstandes werden. Im Exil wurden Lied und Streichquartett auf diese Weise gleichermaßen zum Resonanzraum einer verlorenen Heimat wie zum Ansatzpunkt der Auseinandersetzung mit dem neuen Leben im Emigrationsland.
So begann Richard Engelbrechts Beschäftigung mit dem zwölftönigen Komponieren erst nach seiner Flucht in Argentinien, seine Remigration 1946 ging mit einer Rückkehr zu eher tonal orientierten Werken wie dem hier vorgelegten Streichquartett einher. Brigitte Schiffers Streichquartett zeichnet ihren Emigrationsweg auf besondere Weise nach. An die wegen ihrer jüdischen Herkunft nur im Verborgenen mögliche Uraufführung an der Berliner Hochschule für Musik 1934 schloss sich später der Gewinn eines Kompositionspreises in Ägypten und eine Aufführung im Umfeld Leo Kestenbergs in Palästina an. Leo Bütows in der Isolation des dänischen Exils entstandenen Vertonungen von Texten Friedrich Hölderlins arbeiten sich an Fragen der eigenen Herkunft ebenso ab, wie sie sich an eine erhoffte deutsche Nachwelt richten – eine Flaschenpost mit musikalischem Inhalt. Wolf Rosenberg schließlich gehörte einem Kreis von jüngeren Palästina-Emigranten an, die sich dort intensiv mit der musikalischen Moderne der ersten Jahrhunderthälfte auseinandersetzten. Zu ihnen gehörte auch Walter Levin, für dessen LaSalle Quartett Rosenbergs hier erstmals publiziertes Zweites Streichquartett entstand.
Eine CD mit einer 'lecture performance' von Rosenbergs Komposition durch das LaSalle Quartett sowie weitere Aufnahmen der hier abgedruckten Werke ergänzen den vorgelegten Band.
Aktualisiert: 2022-09-30
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Vom Kloster Reichenau, einem der Zentren für Kunst und Liturgie im Mittelalter, sind nur wenige Musikhandschriften erhalten. Ausgehend von einer dieser Quellen – dem Nachtragsteil des Antiphonars Karlsruhe, BLB, Aug. perg. 60 von 1516 – werden Text und Musik von Heiligenoffizien untersucht. Ein Vergleich mit Rheinauer und Einsiedler Handschriften ermöglicht einen Einblick in Techniken der Text- und Musikbehandlung. Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Quellen weisen die Reichenauer Offizien dem gängigen Standard zu, Unterschiede zeigen aber auch eine gewisse Selbständigkeit des Inselrepertoires. Die Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, daß Bern von Reichenau (1008-48) – entgegen der These von Anselm Schubiger – nicht der Verfasser des Meinrads-Offiziums ist.
Aktualisiert: 2019-12-19
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