[Hrsg. von Carl Aigner und Reinhard Linke. Mit Beiträgen von Carl Aigner, Otto Breicha, René Edenhofer, Elfriede Jelinek, Josef Krawina, Hanns Kreczi, Reinhard Linke, Kristian Sotriffer. Carl Aigner und Reinhard Linke im Gespräch mit Elisabeth Baumgartner, Gertraud und Friedrich Cerha, René Edenhofer, Agathe Höllwerth-Ohnsorg, Barbara und Herwig Niemann, Claudia Mayer-Rieckh, Marianne Pesendorfer, Ernst Ploil, Uta Peyrer-Prantl und Katharina Prantl, Gustav Schörghofer, Kurt Spurey, Paul Twaroch, Linde Waber und Alfred Zinhobl.]
So reiße ich meine Erde auf, schmelze zusammen, lasse glühen und hoffe, der Einsamkeit durch die Realisierung von Träumen und Kontakten zu entgehen. ()
Als „Musterbeispiel für ein typisch österreichisches Schicksal“ beschreibt Ernst Ploil den Werdegang des 1927 in Sigmundsherberg/Niederösterreich geborenen Künstlers Kurt Ohnsorg. Liest man die vielen zeitgenössischen Medienberichte, so erstaunt, warum bis auf wenige Ausnahmen erst in den letzten Jahren eine Wiederentdeckung seines exzeptionellen Werkes beginnt. Als „As der künstlerischen Keramik“, als „Wotruba der Keramik“ (Otto Breicha) oder als „einer der genialsten Keramiker, die Österreich in den letzten 150 Jahren hervorgebracht hat“ (Ernst Ploil) wird er beschrieben. Spricht man heute, fast ein halbes Jahrhundert nach seinem tragischen Tod (1970) mit KeramikkünstlerInnen über ihn, hat sich an dieser hohen Wertschätzung nichts geändert. Im Hinblick auf seine Radikalität und Kompromisslosigkeit ist Ohnsorgs Œuvres noch immer ein Kompass und Leuchtturm für die Gegenwartskeramik.
Die Ignoranz gegenüber bestimmten Kunstentwicklungen war und ist in Österreich, auch aus historischen Gründen, besonders merkbar. Das gilt für das Spannungsverhältnis von freier und angewandter Kunst ebenso wie für bestimmte „Techniken“ und Materialien wie Keramik, die per se schnell als nicht kunstwürdig kategorisiert werden. Gewiss: Die Grenzen zwischen freier und Gebrauchskeramik sind oft fließend, gerade bei Ohnsorg, hat er doch auch permanent mit seinen Aktivitäten in Wilhelmsburg und vor allem in Gmunden versucht, die Gebrauchskeramik mit unkonventionellen Konzepten auf künstlerisches Niveau zu hieven. Womit eine andere Facette seines Wirkens angesprochen werden muss: sein institutionelles Engagement. Die Gründung des Josef-Hoffmann-Seminars 1961 (gemeinsam mit Alfred Seidl) sowie die Gmundner Keramikseminare respektive -symposien von 1963 bis 1969 stellen innovative Schritte in der Verschränkung von künstlerischer und industrieller Produktion dar. Sein nachhaltigstes Erbe jedoch ist die Gründung einer Meisterklasse und Professur für Keramik an der damaligen Kunstschule der Stadt Linz, der heutigen Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung – ohne seine Beharrlichkeit wäre diese Pionierarbeit nicht gelungen.
Mit der vorliegenden Publikation wird erstmals ein monographischer Überblick über die Persönlichkeit und das Werk von Kurt Ohnsorg anhand von diversen historischen Dokumenten und Materialien versucht; ebenso bietet sie einen ersten Werküberblick von 1950 bis 1970; zahlreiche aktuelle Interviews erweitern das Blickfeld auf den Künstler.
Aktualisiert: 2021-08-04
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