In der Studie wird der Transit russländischer Jüdinnen und Juden durch das Deutsche Reich während des Krisenjahres 1881/82 anhand neuer Quellenfunde behandelt. Im Fokus steht die transnationale Organisation einer "gelenkten" jüdischen Auswanderung nach Amerika durch die Alliance Israélite Universelle und deutsche Hilfskomitees, welche die Grundlage für den 20 Jahre später gegründeten "Hilfsverein der deutschen Juden" bildet. Die logistische Optimierung des jüdischen Transits durch das Deutsche Reich war eng verzahnt mit der Abwehrarbeit gegen den sich zeitgleich formierenden Antisemitismus. Akteur*innen der "Berliner Bewegung" instrumentalisierten eine vermeintliche jüdische "Masseneinwanderung" und profitierten dabei von der wachsenden Popularität kollektivistischer und rassistischer Ordnungsmodelle. Ausgehend von Auswanderungs- und Fluchtursachen jüdischer Emigrant*innen und dem Transit russländischer Jüdinnen und Juden von Ost nach West wird organisationsgeschichtlich die Entstehung und Entwicklung der jüdischen Migrationshilfe geschildert. Es werden drei bedeutende Akteuren der Abwehr und Migrationshilfe – Salomon Neumann, Moritz Lazarus und der "Hilfsvereins"-Gründer Paul Nathan vorgestellt, um das Zusammenspiel von Abwehrarbeit und gelenkter Migration zu illustrieren. Abschließend werden die drei Entwicklungslinien bis zur Gründung des Hilfsvereins im Jahr 1901 skizziert.
Aktualisiert: 2023-06-29
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Hg. v. Aktiven Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e. V.
In den Straßen nördlich des Berliner Alexanderplatzes, im sogenannten Scheunenviertel, fand im November 1923 ein Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung statt. Vor allem in der Grenadierstraße konnte der Mob ungestört wüten, verletzen und plündern.
Der gewaltvolle deutsche Antisemitismus hat eine lange Vorgeschichte. Bereits im „demokratischen“ Preußen gibt es erste Internierungslager und einen Berliner Polizeipräsidenten, der von einer „Ostjudenplage“ spricht und dementsprechend handelt.
Karsten Krampitz untersucht, wie im Krisenjahr 1923 die verbale Gewalt nach und nach in physische Gewalt umschlägt. Dabei fragt er, warum die judenfeindlichen Ausschreitungen der Weimarer Demokratie heute so gut wie vergessen sind. Die Juden und Jüdinnen der Grenadierstraße waren nach Amerika oder Palästina weitergezogen oder nach Auschwitz deportiert und ermordet worden. Ihre Erinnerung an das Pogrom im November 1923 haben sie zwar mitgenommen, in diesem Buch aber kommen einige von ihnen zu Wort. Die damals angefertigten Opfer protokolle werden nun erstmals publiziert.
Aktualisiert: 2023-06-27
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Geschichtsschreibung in eigener Sache ist eine heikle Sache. Doch prominente Historiker und Slawisten wie etwa Karl Schlögel, Dietrich Beyrau oder Ulrich Schmid, Politikwissenschaftler und Geographen, Juristen und Religionswissenschaftler schaffen es. Sie blicken auf das Jahrhundert der Osteuropaforschung zurück und untersuchen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihres Faches und des deutschen Blicks auf Osteuropa. Es geht um Faszination und Feindschaft, Annäherung und Abgrenzung, wissenschaftliche Erkenntnis und Mitwirkung an Krieg und Völkermord.
Aktualisiert: 2023-06-15
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