›Die Wellen‹, Virginia Woolfs sechster Roman, wurde 1931 veröffentlicht. Es ist das originellste und tiefgründigste all ihrer Bücher, vielleicht ein Meisterwerk, ein »Klassiker« (E. M. Forster). »Die Wellen«, schrieb Stephen Spender, »das mir als größtes Werk Virginia Woolfs erscheint, ist einer dieser Romane unserer Zeit, der seit dem Tag, an dem er veröffentlicht wurde - vor beinahe zwanzig Jahren -, eine immer größere Wirkung entfaltet hat.«
In den ›Wellen‹ sind sechs Personen versammelt. Ihre Stimmen evozieren die Intensität der Kindheit, die Zuversicht und sinnliche Erfahrung der Jugend, das Losgelöstsein des mittleren Alters. Sinneswahrnehmungen, Emotionen, Reflexionen kommen und gehen im Voranschreiten des Erzählstroms wie die Jahreszeiten, wie die Wellen, die Sonne.
Virginia Woolfs farbig instrumentierte Beschwörung der Entwicklung von Bernard, Louis, Neville, Rhoda, Jinny und Susan - sechs ganz unterschiedliche Stimmen -, ihre kunstvolle Darstellung der Ebbe und Flut ihrer sinnlichen und intellektuellen Erfahrungen stellt eines der radikalsten Experimente der Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts dar. ›Die Wellen‹ ist die höchst eigenwillige Antwort der Moderne auf das traditionsreiche Genre des Bildungsromans.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Zu Virginia Woolfs Lebzeiten erschien nur ein Band mit Kurzprosa, und zwar ›Montag oder Dienstag‹. Er enthielt acht Erzählungen. Bis zur Veröffentlichung des hier nun auf deutsch vorliegenden Bandes (1985 in London erschienen, in erweiterter Ausgabe 1989) waren selbst auf englisch lediglich 21 Erzählungen Virginia Woolfs erhältlich. Diese Ausgabe enthält 46 Erzählungen und Skizzen, von denen 28 bisher noch nie ins Deutsche übersetzt waren. Sie vereint die gesamte von ihr selbst und ihrem Mann Leonard Woolf aus dem Nachlaß veröffentlichte Kurzprosa und alle unveröffentlichten Stücke.
Die Sammlung ist chronologisch angeordnet, so dass dem Leser neue Einsichten in den schriftstellerischen Werdegang Virginia Woolfs eröffnet werden. In den Erzählungen experimentiert die Autorin mit erzählerischen Methoden, Themen und sogar einzelnen Figuren, wie Mrs Dalloway, die sie dann in ihren Romanen breiter angelegt fortführte.
›Das Mal an der Wand‹ präsentiert nicht nur die maßgebliche Textfassung von jeder Erzählung, der Band enthält auch Kommentare mit den wichtigsten Informationen, die u. a. die Entstehungsgeschichte der abgedruckten Fassungen skizzieren.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Virginia Woolfs subtile Gesellschaftskomödie aus viktorianischer Zeit
Katharine Hilbery, wohlerzogene Tochter aus der Londoner Oberschicht, ist standesgemäß und langweilig verlobt. Doch sie erliegt der Faszination des jungen Rechtsanwalts und sozialen Aufsteigers Ralph, der sie liebt, aber seinerseits von der Frauenrechtlerin Mary verehrt wird. Katharine entscheidet sich gegen die Konventionen ihrer Herkunft und für ihre Liebe zu Ralph.
Ihre Cousine Cassandra schwärmt hingegen für Katharines Verlobten und verzehrt sich deshalb in Gewissensnöten. Spionierende Tanten, verpasste Rendezvous, Eifersucht und gekränkte Eitelkeiten können nicht verhindern, dass die Verliebten zueinander finden.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Nach einer behüteten Kindheit bei ihren »kleinen, ziemlich blassen« Tanten in Richmond bricht Rachel Vinrace auf dem Schiff ihres Vaters, der ›Euphrosyne‹, nach Südamerika auf. Während dieser ›Fahrt hinaus‹ erfährt sie zum erstenmal »eine Offenbarung ihrer eigenen Persönlichkeit, eine Offenbarung von sich selbst als wirklichem, dauerhaftem Ding, verschieden von allem anderen, unverschmelzbar, wie das Meer oder der Wind«. In Santa Marina wird Rachel in den privilegierten englischen Zirkel aufgenommen, aber sie ist abgestoßen von der sterilen Selbstzufriedenheit der Menschen, denen sie dort begegnet. Selbst die Liebe und das Glück, die sie mit dem jungen Schriftsteller Terence Hewett findet, können sie nicht völlig befriedigen, denn »sie wollte viel mehr als die Liebe eines einzigen Menschen«. Rachels plötzlicher Tod unterstreicht die Hoffnungslosigkeit und zugleich die Schönheit ihres romantischen Idealismus.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Zerrissen zwischen »akuter Verzweiflung« und »natürlichem Vergnügen« arbeitet Virginia Woolf vier Jahre lang an ihrem vorletzten und umfangreichsten Roman ›Die Jahre‹. Immer wieder vertraut sie zwischen dem Oktober 1912 und dem April 1936 die Qualen des Schreibens und Umschreibens, aber auch die Augenblicke eines »sehr glücklichen freien Gefühls« ihrem Tagebuch an. Und als das »wunderlichste« ihrer »Abenteuer« bei seinem Erscheinen im März 1937 von der Presse als ein Meisterwerk gefeiert wird und wochenlang an der Spitze der bestgehenden Titel der ›Herald Tribune‹ steht, notiert sie erleichtert und stolz: »Es wurden 25 000 Exemplare verkauft - bei weitem mein Rekord.«
Dieser Erfolg mag nicht zuletzt auf die bei Virginia Woolf überraschende, auf den ersten Blick fast konventionelle Erzählweise zurückzuführen sein, auf den konkreten chronologischen Handlungsablauf eines Generationsromans zwischen 1880 und den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Das Buch ist, schreibt sie, »natürlich verschieden von den andern: hat, glaube ich, mehr ›wirkliches‹ Leben in sich...« Dieses ›wirkliche Leben‹ verkörpert die Londoner Offiziersfamilie Pargiter, bestehend aus den Eltern, Kindern und Enkeln. Zunächst leben sie noch alle zusammen auf dem alten Familienbesitz ›Abercorn‹, die todkranke Mutter und der Oberst mit seinem schmuddligen Geheimnis von der kleinen Mätresse, die drei Söhne und die vier Töchter. Feste werden gefeiert und Liebschaften geknüpft. Aber die Tage, Wochen und Jahre vergehen und führen unabänderlich jeden seinem eigenen individuellen Schicksal entgegen, führen zu Ehen, Geburt und Tod, zu Glück, Geselligkeit und Einsamkeit. Und doch hat Virginia Woolf, »die Dichterin des fließenden Erlebens, des Bewußtseinsstroms«, die Zeit angehalten durch das Immerwiederkehren gleicher Augenblicke. Erinnerungsschübe verbinden auseinandergerissene Schicksale über mehr als fünfzig Jahre, verknüpfen Gegenwart und Vergangenheit.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
Mit seinen kühnen Sprüngen in die Bewusstseinsströme der Protagonisten zählt ›Mrs Dalloway‹ längst zu den Klassikern der Moderne. Ob erotische Phantasien beim Einkauf in der Stadt, ob Todesängste oder die Erinnerung an alte Träume – was den Roman so einzigartig macht, ist Virginia Woolfs wacher Sinn für die Brüchigkeit unserer Existenz.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
Vierhundert Jahre im Leben Orlandos: Im 16. Jahrhundert ist er ein hübscher Page mit literarischen Ambitionen am englischen Hof, als Gesandter in Konstantinopel wird er eine Frau, lebt bei einem Zigeunerstamm, kehrt als große Dame der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts nach England zurück, sucht, als Mann verkleidet, verbotene Abenteuer, verliebt sich und ist, in der Gegenwart angekommen, eine erfolgreiche Schriftstellerin. Diese einzigartige, virtuose Romanbiographie gehört zu den unvergänglichen Werken der Weltliteratur.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Virginia Woolfs Gedanken zu Literatur und Leben
Ihre Romane gehören zur Weltliteratur, ihre Tagebücher und autobiographischen Schriften sind berühmt. Aber als glänzende, höchst anregende Essayistin ist Virginia Woolf immer noch zu entdecken. Die leidenschaftliche Leserin schrieb viele ihrer Rezensionen und Betrachtungen für das renommierte ›Times Literary Supplement‹ und andere Zeitschriften. Mit schwebender Aufmerksamkeit widmet sie sich den Themen, die Literatur, Kunst und Leben ihr stellen, und offenbart dabei den ganzen Reichtum ihres Wissens und Denkens, die Vielfalt ihrer gestalterischen Möglichkeiten und den Zauber ihrer Prosa. Die beiden Textsammlungen ›Granit und Regenbogen‹ (Bd. 092568) und ›Das Totenbett des Kapitäns‹ (Bd. 092560), ausgewählt aus dem immensen essayistischen Werk, bilden den Abschluss der Ausgabe der Gesammelten Werke von Virginia Woolf.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Zum ersten Mal in einer großen, geschlossenen Ausgabe: Sämtliche Romane und Erzählungen von Virginia Woolf in der Neuedition von Klaus Reichert. Diese Ausgabe bietet erstmals die Gelegenheit, das gesamte erzählerische Werk von Virginia Woolf (wieder) zu entdecken. Unter den zehn Romanen und drei Erzählbänden finden sich die berühmtesten Werke dieser bedeutenden Autorin der literarischen Moderne: ›Mrs Dalloway‹, ›Zum Leuchtturm‹, ›Orlando‹ und ›Die Wellen‹.
Aktualisiert: 2023-06-03
Autor:
Walter Boehlich,
Maria Bosse-Sporleder,
Adelheid Dormagen,
Hannelore Faden,
Marianne Frisch,
Karin Kersten,
Helmut Viebrock,
Brigitte Walitzek,
Michael Walter,
Claudia Wenner,
Virginia Woolf,
Heidi Zerning,
Dieter E. Zimmer
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Virginia Woolf erzählt vom Spaniel des Dichterpaares Elizabeth Barrett und Robert Browning, und nie ist die uralte Beziehung zwischen Mensch und Hund, die Gemeinsamkeit und Getrenntheit der Kreatur, sensibler geschildert worden als in dieser graziös unterhaltsamen, das Gegenständliche, das Sinnhafte, das Bewusste und das Unbewusste zart und fest greifenden Prosa.
Aktualisiert: 2023-06-03
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»Der stille junge Mann«, heißt es von Jacob Flanders, und: »wie besonders er aussieht«. Er hat das College in Cambridge verlassen und lebt in London. Flüchtige Freundschaften und Liebeserlebnisse lassen ihn spüren, wie einsam er mit seinem vielleicht nicht mehr zeitgemäßen Weltbild ist. Mehr und mehr zieht er sich in sein Zimmer und seinen eigenen geistig-seelischen Bereich zurück, liest bis spät in die Nacht Autoren der griechischen und römischen Antike und der elisabethanischen Zeit. Auf einer Reise nach Italien und Griechenland will er die klassischen Kunstdenkmäler als den Ausdruck von Einheit und Größe erleben, der seinem Ideal entspricht. Ist es das, was er erlebt? Nach seiner Rückkehr findet er den Kontakt zur Gegenwart nicht mehr. Der Erste Weltkrieg ist ausgebrochen; Jacobs Spur verliert sich in Flandern. In sein Zimmer dringen jetzt durch das offene Fenster die Laute des modernen Lebens. Mit ihrem dritten Roman hat Virginia Woolf den entscheidenden Schritt in ihrer künstlerischen Entwicklung getan. Flüchtige Sinneswahrnehmungen, Momentaufnahmen, Gesprächsfetzen, wie mit dem Blick des Malers eingefangene Impressionen, das sind die Mittel, die sie nun bewußt einsetzt. Mit vierzig Jahren, schrieb Virginia Woolf in ihr Tagebuch, habe sie herausgefunden, »wie ich es anfangen muß, etwas mit eigener Stimme zu sagen.«
Aktualisiert: 2023-06-03
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›Zwischen den Akten‹ »spielt« im Sommer 1939, und die politischen Veränderungen in Europa sind mitzudenken, wenn sie auch nicht beim Namen genannt sind - die Annexionen Österreichs und der Tschechoslowakei, die Bedrohung Polens, der Fall Barcelonas. Alles deutet auf eine bevorstehende Katastrophe, und der größte Teil des Romans wurde denn auch geschrieben, als die Katastrophe bereits geschehen war – die Niederlage Frankreichs, der »Battle of Britain« mit Blitzkrieg und drohender Invasion. Gegen diesen sichtbaren und am eigenen Leib im Süden Englands und in London erfahrenen Untergang der alten Welt lässt Virginia Woolf in ›Zwischen den Akten‹ noch einmal Revue passieren, was für sie England war, seine Geschichte und Literatur, Landleben und Mentalität – dramatisch gestaltet in einem großen historischen Bilderbogen, episodisch erzählt an einem einzigen Sommertag und voll von lyrischen »Einlagen«, häufig Zitaten, aber ebenso häufig auch nicht, sondern von einzelnen Charakteren »in Imitation« großer englischer Poesie produziert, nach- und anempfunden. Das »vollständige Ganze«, das Virginia Woolf vorschwebte, ist eine Art Gesamtkunstwerk, aber es hat zugleich, wie keiner ihrer früheren Romane, eine Leichtigkeit und Beiläufigkeit, auch den Anschein von Skizzenhaftigkeit, die vielleicht das Raffinement der Konstruktion übersehen lassen.
Am 20. März 1941 schickte sie das Typoskript an John Lehmann, den Leiter der Hogarth Press, mit der Bitte, es zu lesen und ihr sein Urteil mitzuteilen - sie selbst halte den »sogenannten Roman« für »viel zu leichtgewichtig und skizzenhaft«, Leonard sei anderer Meinung. Lehmann war begeistert. Etwa am 27. März schrieb ihm Virginia Woolf noch einmal – der Roman sei zu töricht (silly) und trivial, sie wolle ihn gründlich revidieren, jedenfalls in dieser Form nicht publizieren. Als Lehmann diesen Brief erhielt, war sie bereits tot – am 28. März 1941 nahm sie sich das Leben.
Aktualisiert: 2023-06-03
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Nach einer behüteten Kindheit bei ihren »kleinen, ziemlich blassen« Tanten in Richmond bricht Rachel Vinrace auf dem Schiff ihres Vaters, der ›Euphrosyne‹, nach Südamerika auf. Während dieser ›Fahrt hinaus‹ erfährt sie zum erstenmal »eine Offenbarung ihrer eigenen Persönlichkeit, eine Offenbarung von sich selbst als wirklichem, dauerhaftem Ding, verschieden von allem anderen, unverschmelzbar, wie das Meer oder der Wind«. In Santa Marina wird Rachel in den privilegierten englischen Zirkel aufgenommen, aber sie ist abgestoßen von der sterilen Selbstzufriedenheit der Menschen, denen sie dort begegnet. Selbst die Liebe und das Glück, die sie mit dem jungen Schriftsteller Terence Hewett findet, können sie nicht völlig befriedigen, denn »sie wollte viel mehr als die Liebe eines einzigen Menschen«. Rachels plötzlicher Tod unterstreicht die Hoffnungslosigkeit und zugleich die Schönheit ihres romantischen Idealismus.
Aktualisiert: 2023-06-02
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Der zweite Teil dieser Auswahl aus Virginia Woolfs umfangreichem Briefwerk führt in die Jahre ihrer schriftstellerischen Erfolge. Der Roman Orlando, eine Liebeserklärung an ihre Freundin Vita Sackville-West, erscheint und wird von Publikum und Presse gefeiert. Sie arbeitet bereits an ihrem großen Essay zum literarischen und politischen Feminismus, Ein eigenes Zimmer. Dieser Text erregt die Bewunderung der Komponistin und Frauenrechtlerin Ethel Smyth, mit der sich eine spannungsreiche Freundschaft und intensive Korrespondenz entwickelt. Der älteren Freundin gegenüber offenbart Virginia Woolf viel über ihr Leben, ihr Schreiben und ihre psychische Labilität: »Als Erfahrung ist Wahnsinn großartig, das kann ich Dir versichern, und nichts, worüber man die Nase rümpfen sollte; und in seiner Lava finde ich noch immer die meisten der Dinge, über die ich schreibe.« Urteile über die Werke von Kollegen sowie das eigene Schreiben sind wiederkehrende Themen in diesen späteren Briefen. »Weißt Du, manchmal packt mich eine solche Leidenschaft für das Lesen, daß es wie diese andere Leidenschaft ist – das Schreiben – nur auf der falschen Seite des Teppichs.« Doch auch Verzweiflung und tiefe Erschöpfung bei der Arbeit an den Romanen Die Wellen und Die Jahre klingen durch, nicht nur zwischen den Zeilen.Krankheit und Tod naher Freunde – des Schriftstellers Lytton Strachey, der Malerin Dora Carrington, des Malers und Kunsthistorikers Roger Fry – erschüttern Virginia Woolf zutiefst. Als ihr Neffe Julian Bell im Spanischen Bürgerkrieg tödlich verwundet wird, versucht sie in täglichen Briefen ihre Schwester Vanessa zu stützen. Der eigenen Depression, der Zerstörung der Wohnung in London durch einen deutschen Bombenangriff und schließlich der Furcht, wieder wahnsinnig zu werden, kann sie nicht mehr standhalten. In ihrem Abschiedsbrief an Leonard Woolf schreibt sie: »Wenn überhaupt jemand mich hätte retten können, wärst Du es gewesen. Alles ist von mir gegangen bis auf die Gewißheit Deiner Güte.«((Hintere Klappe))Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Bereits mit 22 Jahren bildete sie gemeinsam mit ihrem Bruder den Mittelpunkt der intellektuellen ›Bloomsbury Group‹. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag ›The Hogarth Press‹. Ihre Romane, die zur Weltliteratur gehören, stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuchwerk.Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.
Der Herausgeber Klaus Reichert war Professor für Anglistik an der Universität Frankfurt am Main. Er arbeitet über die Renaissance, die klassische Moderne und über Übersetzungstheorie und -geschichte. Er hat u. a. Shakespeare, Lewis Carroll, James Joyce, John Cage und das Hohelied Salomos übersetzt. Er ist Herausgeber der deutschen James-Joyce-Ausgabe. 1993 gründete er das interdisziplinäre ›Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit‹ in Frankfurt. Seit 2002 ist er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
»Der Briefwechsel der Virginia Woolf. Tausende Seiten mit der Feder geschrieben, weitere Hunderte auf der Schreibmaschine verfaßt. Glühende Federn, glühende Lettern. Die aufsteigenden Flammen konturieren die Figuren der Adressaten.Ich glaube ein Scharnier zu entdecken: ein Scharnier, an dem noch das Blut von damals klebt. Aus einem Grund, den ich nicht kenne, schafft es eine Verbindung zur heutigen Wiederentdeckung einer Millionen Jahre alten Baumart (Wollemia nobilis). Diese Bäume mit ihrem tausendjährigen Wurzelwerk findet man in einer Schlucht.« Sarah Schumann zur Umschlaggestaltung
Aktualisiert: 2023-06-02
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»Kaum jemand wird das Schreiben so sehr als Folter empfinden wie ich«, ist im Juni 1936 vermerkt. Und im Februar 1939, mitten in der Atmosphäre wachsender Kriegsgefahr: »Ein Tag des Glücks« über die Arbeit an dem Roman Between the Acts. Schreiben war Bedrohung und Rettung zugleich für Virginia Woolf. Es führte sie bis zur äußersten Erschöpfung und Verzweiflung, an den Rand des Lebens – und es war ihre Flucht aus der Realität.
In den Vorkriegs- und Kriegsjahren, die dieses Tagebuch umfasst, hat Virginia Woolf eine ungeheure Arbeitsleistung vollbracht. Der Roman The Years wurde beendet und überarbeitet. Riesige Mengen Material hat sie durchgesehen, um die Biographie ihres verstorbenen Freundes, des Malers und Kunstwissenschaftlers Roger Fry zu schreiben. Und fast prophetisch setzte sie sich mit der Frage auseinander, wie Frauen dazu beitragen können, Kriege zu verhindern. Ihr leidenschaftlicher politisch-feministischer Essay Three Guineas erschien ein Jahr vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.
Ihr Tagebuch nutzt Virginia Woolf zur Erholung vom disziplinierten Schreiben; mit ihrem Sinn für groteske Situationen beobachtet sie den Alltag, sie beschreibt Menschen und Gesellschaften, Landschaften und Reisen, genießt die geliebten Klatschgeschichten. Es scheint, als sei sie in diesen schwierigen Jahren dem Leben besonders zugewandt. Zugleich aber lässt sie Gedanken an das Alter und den Tod, »der eine ungeheure Erfahrung ist«, näher an die Oberfläche kommen. Besorgt und engagiert kommentiert sie fast täglich die politischen Ereignisse und die bevorstehende Katastrophe in Europa. Die Bedrohung und schließlich der Krieg dringen immer stärker in ihr Leben ein. Tapfer kämpft Virginia Woolf gegen die aufsteigende Depression und versucht sich beim Schreiben aufzumuntern. Aber in ihrer Erschöpfung während der letzten Arbeiten an dem Roman Between the Acts kann sie der Verdunkelung ihres Gemüts nicht mehr standhalten.
Aktualisiert: 2023-06-02
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Aktualisiert: 2023-06-02
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Der zweite Band der Tagebücher Virginia Woolfs umfasst jene wichtigen Jahre, in denen ›Jacobs Zimmer‹ und ›Mrs Dalloway‹ entstanden. Das Aufregende, Herausfordernde, aber auch das Beängstigende der eigenen schriftstellerischen Entwicklung stehen im Zentrum.Der sich ständig erweiternde Freundeskreis innerhalb der Londoner Gesellschaft, das manchmal zermürbende häusliche Leben in Richmond, die Intensität ihrer Reaktion auf visuelle Schönheit – dies alles wird mit sprühender Direktheit und natürlicher Eloquenz ausgebreitet. Virginia Woolf hält ihre Gedanken zu Katherine Mansfield und T. S. Eliot fest, beschreibt die Anfänge ihrer leidenschaftlichen Freundschaft zu Vita Sackville-West und beginnt, ihre Ideen für eine neue Romanform zu entwickeln.
Aktualisiert: 2023-06-02
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Wie anregend, witzig und schlagfertig Virginia Woolf im Gespräch gewesen sein muß, vermitteln auch ihre Briefe. Und doch schreibt sie ihrer Schwester Vanessa Bell: »Das Schreiben scheint mir eine seltsame Sache zu sein. Es macht wirklich einen Unterschied. Ich würde nie so mit Dir reden. Zum einen weiß ich nicht, in welcher Stimmung Du bist, und dann – aber die Subtilitäten sind unendlich.« Mehr als viertausend Briefe von Virginia Woolf sind bisher bekannt; eine Auswahl daraus liegt nun in zwei Bänden zum ersten Mal in deutscher Übersetzung vor. Spontan, mit übersprudelnder Phantasie und unverhohlener Freude an Klatsch korrespondiert sie mit ihrer Familie und ihrem großen Freundeskreis aus Künstlern und Literaten. Dabei offenbart sich ihre Fähigkeit und Bereitschaft, intensiv, mit Wärme und Anteilnahme auf ihr Gegenüber einzugehen, aber auch viel von sich mitzuteilen. Nach den ersten Schreibversuchen der Sechsjährigen und frühen Briefen an die Familie dokumentiert die viele Jahre dauernde Korrespondenz mit Violet Dickinson, der mütterlichen Freundin und Vertrauten, Virginia Woolfs Entwicklungsweg zum eigenständigen Leben – und Schreiben. Die Briefe an die intellektuellen Freunde aus der »Bloomsbury Group« erfordern, bei allem Sinn für Komik, einen ernsthafteren Ton. In ganz neuem Licht erscheinen wichtige Lebensfreundschaften und Beziehungen, vor allem die leidenschaftliche Liebe zur Schriftstellerin Vita Sackville-West.Im literarischen Leben ist Virginia Woolf spätestens seit der Publikation ihres Romans Jacobs Zimmer präsent; über die Entstehung von Mrs Dalloway und Zum Leuchtturm äußert sie sich häufiger in ihren Tagebüchern als in den Briefen, doch was sie beschäftigt, schreibt sie 1922 dem Maler Jacques Raverat: »Ich wünschte, ich könnte in diesem Augenblick mit Dir über die Kunst des Schreibens diskutieren. Ich bin beschämt, oder vielleicht auch stolz, zu sagen, wieviel meiner Zeit damit verbracht wird, über die Literatur nachzudenken, nachzudenken, nachzudenken.« ((Hintere Klappe:))Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Bereits mit 22 Jahren bildete sie gemeinsam mit ihrem Bruder den Mittelpunkt der intellektuellen ›Bloomsbury Group‹. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag ›The Hogarth Press‹. Ihre Romane, die zur Weltliteratur gehören, stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuchwerk.Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.
Der Herausgeber Klaus Reichert war Professor für Anglistik an der Universität Frankfurt am Main. Er arbeitet über die Renaissance, die klassische Moderne und über Übersetzungstheorie und -geschichte. Er hat u. a. Shakespeare, Lewis Carroll, James Joyce, John Cage und das Hohelied Salomos übersetzt. Er ist Herausgeber der deutschen James-Joyce-Ausgabe. 1993 gründete er das interdisziplinäre ›Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit‹ in Frankfurt. Seit 2002 ist er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
»Der Briefwechsel der Virginia Woolf. Eine Freundschaftsgravur, in deren Zentrum: die Dichterin. Figuren, die sich über die Sätze hinweg anziehen, die sich durch die Zeilen hindurch von ihr fortbewegen und kreiselnd die Seiten überwindend wiederkehren. Die Figuren haben kein Alter.Mit dem Stichel, den ich jetzt auf den Buchumschlag appliziere, gravierte – noch zu Lebzeiten der Dichterin – mein Vater seine optischen Visionen in das Metall für eine Radierung.«Sarah Schumann zur Umschlaggestaltung
Aktualisiert: 2023-06-02
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Bereits in ihren früheren Erzählungen zeigt sich Virginia Woolf als überaus experimentierfreudig, nicht nur, was den stilistischen Aspekt dieser Texte anbelangt, vor allem auch in bezug auf die Themen: Von einem Aufenthalt in Norfolk läßt sie sich zum fiktiven ›Tagebuch der Mistress Joan Martyn‹ inspirieren, was sie weit in das fünfzehnte Jahrhundert zurückführt; die Erlebnisse einer Griechenland-Reise mit ihren Geschwistern verarbeitet sie im ›Dialog auf dem Berg Pentelicus‹ (einem Text, der erst 1987 wiederentdeckt wurde). ›Phyllis und Rosamond‹, Virginia Woolfs erste Erzählung, belegt bereits ihr Interesse an »feministischen« Themen: sie gibt ein Stimmungsbild höherer Töchter, die für gesellschaftliche Verpflichtungen abgerichtet werden, kein »eigenes Zimmer« haben und denen keine formale Erziehung zuteil wird, die es ihnen ermöglichen würde, ein eigenes, selbstbestimmtes Leben aufzubauen. In dieser originellen, lebendigen Sammlung finden sich durchkomponierte Kurzgeschichten neben experimentierenden Skizzen und eher impressionistischen Texten.›Phyllis und Rosamond‹ vereinigt sämtliche frühen Erzählungen Virginia Woolfs. Alle Texte sind in dem Band ›Das Mal an der Wand. Gesammelte Kurzprosa‹ (S. Eiseher Verlag, 1989), erstmals auf deutseh erschienen und von Klaus Reichert, dem Herausgeber der Gesammelten Werke (seit 1989 bei S. Fischer), kommentiert. Zwei der im Anhang aufgenommenen Essays sind deutsche Erstveröffentlichungen.
Aktualisiert: 2023-06-02
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Die literaturkritischen und biographischen Essays entstammen allen Schaffensperioden Virginia Woolfs. Gedankenspiele, analytische Reflexionen zu Sterne, Sir Walter Scott und Roger Fry stehen neben Betrachtungen über Das Wiederlesen von Romanen und Der Künstler und die Politik, um nur einige zu nennen. Eine Auswahl, die im Innersten durch jene schwebende Aufmerksamkeit zusammengehalten wird, die Virginia Woolf ihren gedanklichen Gegenständen widmet, und die zu tiefer, gleichsam beiläufig anmutender Durchdringung führt.
Aktualisiert: 2023-06-02
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