Duftige Ferne

Duftige Ferne von Werner,  Petra
Ich öffne einen Schrank, eine Flasche, eine alte Truhe und er ist da, der Duft der Kindheit: die Fenster in die Vergangenheit sind aufgestoßen... Ein Geruch kann, wie Baudelaire in einem Gedicht schreibt, beißend, verstaubt und finster sein, aber manchmal entspringt einem alten Flakon eine Seele, die lebendig wiederkehrt, werden gute Gedanken und Erinnerungen geweckt, die schliefen. Für mich gibt es Düfte, die wie Leitfossilien für eine ganze Epoche des eigenen Lebens stehen. Darunter spielen Blumendüfte eine große Rolle. Sie lassen mich nicht nur an Schönes denken, sondern lösen auch eine Assoziationskette aus, die meine Phantasie und Kreativität beflügelt, meine Sehnsucht entfacht, mich sogar tröstet. Manche Düfte sind mit frühen Kindheitserinnerungen verknüpft, beispielsweise der Lavendelduft im Wäscheschrank der Großmutter, dann wieder waren es Erzählungen von Narzissen-Wiesen bei Montreux und ein kleiner Flakon, die mich inspirierten, jene Duft-Orte aufzusuchen. Auch das Rosenöl, das meine Mutter gelegentlich benutzte, regte mich dazu an, der Damaszener-Rose ins Tal der Rosen nach Bulgarien zu folgen – dennoch waren die persönlichen Erinnerungen nur Anlass für diese Texte, in denen ich meiner Phantasie freien Lauf gelassen habe, sie sind keinesfalls eine Autobiographie, vieles ist frei erfunden. In meinem Arbeitsleben begegneten mir Duftstoffe im Labor, ebenfalls beim Studium der Geschichte von Medizin und Naturwissenschaften, in historischen Aufsätzen, aber auch in schöngeistiger Literatur. Düfte wurden zu allen Zeiten geschätzt, sieht man von einigen antiken Philosophen wie Cicero ab, der Parfümläden als Orte der Verführung und des Müßiggangs verdammte, wo sich nur Leute versammelten, die von Pomade glänzten und in Purpur schimmerten. Dann wieder, so bei Vergil, wurde Duft, vor allem der von persischen Rosen, mit dem „Goldenen Zeitalter“ verbunden, wo nur paradiesisch duftende Pflanzen gediehen. Alexander der Große liebte, folgt man seinen Biographen, Düfte, trank parfümierte Weine und trug mit Essenzen besprühte Kleidung. In einem Buch aus dem 18. Jahrhundert heißt es über „parfümierte Sachen“ anklagend, dass sie von „Frauenzimmern aus bloßer Wollust hochgeachtet“ werden. Aber Duft, Gesundheit und Küche sind verschwistert, was zunächst in der Geschichte der Pharmazie Heilmittel war oder als Küchenkraut verwendet wurde, kam oft als geruchsverbessernde Substanz zu Ehren. Auch Heilige und Hexer stellten Duftstoffe in den Dienst ihrer Sache, so im alten Thessalien, im präkolumbianischen Mexiko, auf den Hochebenen im Innersten von Afrika, aber auch im alten Europa, wie Hans Baldung Griens „Hexensabbat“ aus dem Jahre 1510, der kräuterkochende Hexen zeigt, beweist. Düfte sind Kuppler, sie betören, werden aber auch mit Heiligen in Verbindung gebracht, so soll Jeanne d’Arc die in ihrem Prozess gestellte Frage, ob die ihr erschienenen Sancti von Düften begleitet gewesen seien, mit „Ja“ beantwortet haben. Auch in der Tierwelt bewirken Düfte Anziehung oder Abstoßung – Adolf Butenandt hat den Duftstoff aus Raupen isoliert, mit denen sie über große Entfernungen den Geschlechtspartner anlocken, Tierfotografen verwenden „Naturparfüme“, um ungestört Aufnahmen machen zu können. Düfte unterliegen Moden, so wie die Flakons, in die sie eingeschlossen werden. Auch diese repräsentieren den Zeitgeist. Wie werden neue Duft­kreationen geschaffen? Das Geheimnis ist groß, denn Parfümeure sind „Zwischenwesen“, Künstler, die sich (auch) wissenschaftlicher Methoden bedienen. Ich glaube daran, dass Literatur (wie Kunst überhaupt), trösten kann. „Geruchsforscher“ wie Hans Hatt sind davon überzeugt, dass die komplexen Blumendüfte selbst dann, wenn sie nur Erinnerungen sind, positive Assoziationen bewirken. Das auch mit literarischen Texten zu erreichen, wäre mein Ziel. Ach deshalb führten mich Dufterinnerungen als Reisende in schöne Blumenwiesen in Ferne und Nähe. Petra Werner, im Sommer 2017
Aktualisiert: 2022-11-20
> findR *
MEHR ANZEIGEN

Bücher zum Thema Staffa/Schottland

Sie suchen ein Buch über Staffa/Schottland? Bei Buch findr finden Sie eine große Auswahl Bücher zum Thema Staffa/Schottland. Entdecken Sie neue Bücher oder Klassiker für Sie selbst oder zum Verschenken. Buch findr hat zahlreiche Bücher zum Thema Staffa/Schottland im Sortiment. Nehmen Sie sich Zeit zum Stöbern und finden Sie das passende Buch für Ihr Lesevergnügen. Stöbern Sie durch unser Angebot und finden Sie aus unserer großen Auswahl das Buch, das Ihnen zusagt. Bei Buch findr finden Sie Romane, Ratgeber, wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Bücher uvm. Bestellen Sie Ihr Buch zum Thema Staffa/Schottland einfach online und lassen Sie es sich bequem nach Hause schicken. Wir wünschen Ihnen schöne und entspannte Lesemomente mit Ihrem Buch.

Staffa/Schottland - Große Auswahl Bücher bei Buch findr

Bei uns finden Sie Bücher beliebter Autoren, Neuerscheinungen, Bestseller genauso wie alte Schätze. Bücher zum Thema Staffa/Schottland, die Ihre Fantasie anregen und Bücher, die Sie weiterbilden und Ihnen wissenschaftliche Fakten vermitteln. Ganz nach Ihrem Geschmack ist das passende Buch für Sie dabei. Finden Sie eine große Auswahl Bücher verschiedenster Genres, Verlage, Autoren bei Buchfindr:

Sie haben viele Möglichkeiten bei Buch findr die passenden Bücher für Ihr Lesevergnügen zu entdecken. Nutzen Sie unsere Suchfunktionen, um zu stöbern und für Sie interessante Bücher in den unterschiedlichen Genres und Kategorien zu finden. Unter Staffa/Schottland und weitere Themen und Kategorien finden Sie schnell und einfach eine Auflistung thematisch passender Bücher. Probieren Sie es aus, legen Sie jetzt los! Ihrem Lesevergnügen steht nichts im Wege. Nutzen Sie die Vorteile Ihre Bücher online zu kaufen und bekommen Sie die bestellten Bücher schnell und bequem zugestellt. Nehmen Sie sich die Zeit, online die Bücher Ihrer Wahl anzulesen, Buchempfehlungen und Rezensionen zu studieren, Informationen zu Autoren zu lesen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen das Team von Buchfindr.