war wie die anderen ostwärts gegangen, der Sonne entgegen, die diesen Samstagmorgen im frühen Frühjahr noch nicht allzu hoch am Himmel gestanden war und geblendet hatte.
Wegen der Blendung hatte die Augen zusammengekniffen und nichts deutlich erkennen können. Halb blind war zu den Stimmen hin und ihnen nachgegangen …
Ihr erster Urlaubstag fühlte sich an wie ein Zwischenwind aus lauem Süd, hart am Föhn. Der Montagmorgen hatte etwas überraschend Leichtes, was vielleicht mit dem Summen der Insekten zu tun hatte. Karin flog mit den Käfern aus dem Nachttraum hinaus und mit den Schmetterlingen in den Tagtraum hinein, bruchlos und ohne Kante. An diesem sommerlichen Vorfrühlingstag trugen sie und die meisten anderen Menschen in der Stadt aus Gewohnheit noch Reste der warmen Kleider. Die hingen an ihr wie Fetzen von Winterpelz an einem Rentier, das sich an einem Birkenstamm reibt und das Fell vom Leib schabt. Niemand hatte mit so etwas Lauem gerechnet, und jetzt stand allen die Überraschung im Gesicht, dass es von jetzt auf jetzt so warm sein konnte. Das Hautgefühl Karins knüpfte nahtlos am Spätsommer an, als hätte der sich über Nacht zum Frühsommer verjüngt. Als wäre nie ein Winter gekommen.
Vielleicht hatte alles Weitere, das sich an diesem Tag ereignen sollte, inklusive Nichterwachen und Tagträumen, mit dem Zeitsprung zu tun. Gestern Winter. Heute Fastschonsommer. Das Dazwischenliegende vergessen. Der Tag war wie ein Schalttag, nicht wirklich wirkaben, damit die Zeitrechnung mit der Erdbahn und der Position zur Sonne zusammenpassen möge. Zeit war an diesem Tag eine weltfremde Übergangsphase von einer Zeitrechnung in eine andere, ein Zwischenschritt, mit dem eine andere Welt übersprungen wurde wie ein Graben oder ein Erdspalt voller Geheimnisse. Etwas Besonderes. Eine Ausnahme.
Aktualisiert: 2022-11-15
> findR *
Verbittert erduldet der namenlose Schuhputzer Suha Vratas ein Dasein, das man bestenfalls als Qual bezeichnen kann, bis ein schiffbrüchiges Roma-Quartett im Port der Stadt strandet.
Die Neuankömmlinge bringen einen Stein ins Rollen, der den Schuhputzer beinahe Kopf und Kragen kostet.
Schließlich verliert dieser bei einer nächtlichen Verfolgungsjagd den Boden unter den Füßen und stürzt in eine tiefe Grube, aus der es kein Entrinnen gibt. Dem Tode nahe, durchlebt er in Träumen die Vergangenheit von Stadthonoratioren und Wegbegleitern. Das Leben der Zigeunerin D’Artagnan wird ihm dabei zum Vorbild und er lernt, seine eigenen Fallstricke zu entwirren. Keine Minute zu früh!
Aktualisiert: 2022-06-23
> findR *
Eine Geschichten-Gemischtwarenhandlung
Mein erstes überwiegend österreichheimatliches Buch. In „herzberühren“ finden Sie ein Sammelsurium an Erzählungen und Geschichten über Menschen, die mein Leben berührt haben und das immer noch tun. Hundertprozentig Jorgos. Wo Jorgos draufsteht, ist auch Jorgos drin. Na ja, und natürlich auch eine kräftige Prise Theodosios. Also enthält es auch einen guten Schuss Griechenland. Natürlich auch den Otto, beziehungsweise den Otti von ganz früher. Die beiden kann ich ja doch nicht leugnen. Jorgos. Theodosios. Otto. Otti. Aus kontrolliertem, hundertprozentig authentischem, zertifiziert ökologischem und streng limitiertem Geschichtenanbau.
Das Buch ist im übertragenen Sinn also eine Gemischtwarenhandlung für Geschichten. So verstehe ich mich selbst erstmals als ein Geschichtengreißler. Ein Buch zum Schmunzeln, Lachen, Glücklichsein, Nachdenken …
Aktualisiert: 2021-11-22
> findR *
»Stiller Frieden ist uns die liebste Musik; unser Leben ist schwer, wir können uns, auch wenn wir einmal alle Tagessorgen abzuschütteln versucht haben, nicht mehr zu solchen, unserem sonstigen Leben so fernen Dingen erheben, wie es die Musik ist.«
Aktualisiert: 2021-11-29
> findR *
In jener Zeit zog in einem Wiener Viertel ziemlich abgewohnter Villen ein altes Ehepaar zu, das schon nach wenigen Wochen rundum Mister und Missis Tweed genannt wurde – dies nicht etwa seiner Herkunft, sondern der Kleidung wegen, denn man sah sie nur selten anders als im gleichen verdrückten Wollstoff, ihn im Anzug, sie im Kostüm, und das täglich bei ihrem Spaziergang. Man konnte die Uhr danach richten: Punkt vier knallte ihre Gartentür ins Schloss, und dann kamen sie, nahezu gleich gross, schlank, aufrecht, im gleichen langen und schnellen Schritt wie zwei Wachsoldaten. Sie sprachen nicht miteinander, sie sprachen nicht mit anderen. Um siebzehn Uhr knallte wieder das Gartentor, und dann waren die Tweeds verschwunden.
Man hätte ihnen gerne einen Beagle oder Basset zugestanden, aber sie teilten ihr Heim bloss mit einem Siamkater, den sie Prinz Achmed getauft hatten, und der nun in manchen Nächten wie ein betrunkener Seemann grölte und damit alle Katzendamen der Nachbarschaft durcheinander brachte. Besonders Beherzte sprachen ihn an, freilich ohne Ergebnis. Der Prinz floh nicht, sah zur Seite, leckte ein wenig die Pfote und liess deutlich merken, dass er nicht gewohnt war, Plebejer in seine Bekanntschaft einzureihen.
Mister Tweed hiess Conrad mit dem Vor- und Zunamen, wofür man ihn nicht verantwortlich machen durfte, weil uns ja bekanntlich beide Namen aufgezwungen werden: sein Vater hatte über diesen Scherz sehr gelacht. Auch Tweed lachte, wenn ihn jemand nach einer Verwandtschaft mit dem ehemaligen Feldmarschall Conrad von Hötzendorf befragte, lachte und verneinte in ironischem Entsetzen: „Um Gottes Willen! Monarchie, Adel und Militär? Wollen Sie mich ruinieren?“ In Wien konnte Ironie und Entsetzen freilich nur den Erfolg haben, dass die meisten Neugierigen nun fest davon überzeugt waren, Conrad müsse ein Nachkomme des 1918 gegraften Feldmarschalls sein.
Vielleicht half ihnen dabei sein Aussehen, das dem Hötzendorfs überhaupt nicht, dafür aber der Klischeevorstellung vom altösterreichischen Offizier entsprach: gross, schlank, schmaler Schädel, das dünne graue Haar eng daran geklebt, tief in die Wangen geschnittene Falten und schwere Tränensäcke, über denen nur das Monokel fehlte. Eine Dame hatte einmal gestanden, es falle ihr schwer, ihn nicht als Exzellenz zu titulieren.
Natürlich wusste er das, aber es langweilte ihn schon seit mehr als zwanzig Jahren. Es langweilte ihn vieles.
Seine jüngeren Kollegen sahen in ihm eine Wachsfigur, und das mit Recht, denn es war schon lange her, dass er mit heiligem Eifer gegen die alten Tabus in den Krieg gezogen war. Freilich hatte er so manches Tabu bewahrt und auch neue aufgestellt, wogegen die nächste Generation Sturm lief. Das erbitterte ihn, weil hier ja kulturlose Plebejer bemüht waren, ihr schmutziges Weltbild zum allgemein gültigen zu machen. Die sogenannte sexuelle Befreiung schliesslich bestimmte ihn dazu, lieber eine Wachsfigur und Ritter für die seelische Liebe zu sein, als für diesen dreckigen Reigen einzutreten, den Viktor Frankl den „Tanz um das goldene Schwein“ genannt hatte.
Conrad Conrad hatte abgeschlossen. Diese Zeit war nicht mehr seine Zeit. Er lebte in seiner abgewohnten Villa und notierte täglich die Temperatur in seinem Kalender. Den Tag hatten die Tweeds gut aufgeteilt: der Vormittag gehörte ihr, die Nacht ihm. Sie stand früh auf, erledigte ihre Einkäufe, besuchte einmal diese, dann jene Freundin und war um zwölf zurück. Früher durfte sie nicht kommen, denn Mister Tweed erhob sich um elf, duschte, rasierte und kämmte sich, wärmte den von seiner Frau bereiteten Kaffee, las die von ihr besorgte Zeitung und wollte in dieser Stunde niemanden sehen, niemanden hören; auch das Telefon war abgestellt, obwohl ohnedies kaum jemand anrief.
Zu Mittag holte jeder von beiden zu der ihm genehmen Zeit den ihm genehmen Lunch aus dem Eiskasten, am Nachmittag sass er über seinen Patiencen, sie über ihren Illustrierten, abends ass man gemeinsam und hockte nachher vor dem Fernsehkasten. Um halb elf ging Missis Tweed zu Bett und Mister Tweed begab sich an seinen Schreibtisch, wo er bis gegen drei aushielt. Einmal wöchentlich sollte dieser geliebte Trott durch den Besuch des Clubabends durchbrochen werden, stets fand Conrad eine Ausrede und immer wieder musste er von seiner Frau ermahnt werden, wenigstens diesen schwachen Kontakt zur Umwelt nicht abreissen zu lassen …
Aktualisiert: 2022-02-17
> findR *
Leicht war das Leben in dem thibetanischen Dorf Tsampo nie. Nun hörte es auf.
Zwei Mönche überlebten das Massaker der Chinesen an ihrer sechzehnköpfigen Gemeinde. Zwei, das waren für die Verhältnisse viel.
Wenn zwei meditieren, sagten sie sich, kommt auch nichts heraus außer Liebe. Und sie liebten sich.
Kloakenficker, nannten die Chinesen die wenigen Mönche, die überlebt hatten.
Die Weite war verloren gegangen.
Wenn es keinen Menschen mehr gibt, gibt es auch keinen Buddha mehr. Das wussten die zwei Mönche. Gibt es keine Religion mehr. Nicht den Gott oder die Götter der anderen Religionen.
Aktualisiert: 2022-01-14
> findR *
In das Blau des Himmels
schreibe ich noch einmal
mit begehrender Hand
meinen Namen
Unberührt öffnet
der dämmernde Abend
den Blick zu den Sternen
Aktualisiert: 2022-02-03
> findR *
MEHR ANZEIGEN
Bücher zum Thema Verdemütigung
Sie suchen ein Buch über Verdemütigung? Bei Buch findr finden Sie eine große Auswahl Bücher zum
Thema Verdemütigung. Entdecken Sie neue Bücher oder Klassiker für Sie selbst oder zum Verschenken. Buch findr
hat zahlreiche Bücher zum Thema Verdemütigung im Sortiment. Nehmen Sie sich Zeit zum Stöbern und finden Sie das
passende Buch für Ihr Lesevergnügen. Stöbern Sie durch unser Angebot und finden Sie aus unserer großen Auswahl das
Buch, das Ihnen zusagt. Bei Buch findr finden Sie Romane, Ratgeber, wissenschaftliche und populärwissenschaftliche
Bücher uvm. Bestellen Sie Ihr Buch zum Thema Verdemütigung einfach online und lassen Sie es sich bequem nach
Hause schicken. Wir wünschen Ihnen schöne und entspannte Lesemomente mit Ihrem Buch.
Verdemütigung - Große Auswahl Bücher bei Buch findr
Bei uns finden Sie Bücher beliebter Autoren, Neuerscheinungen, Bestseller genauso wie alte Schätze. Bücher zum
Thema Verdemütigung, die Ihre Fantasie anregen und Bücher, die Sie weiterbilden und Ihnen wissenschaftliche
Fakten vermitteln. Ganz nach Ihrem Geschmack ist das passende Buch für Sie dabei. Finden Sie eine große Auswahl
Bücher verschiedenster Genres, Verlage, Autoren bei Buchfindr:
Sie haben viele Möglichkeiten bei Buch findr die passenden Bücher für Ihr Lesevergnügen zu entdecken. Nutzen Sie
unsere Suchfunktionen, um zu stöbern und für Sie interessante Bücher in den unterschiedlichen Genres und Kategorien
zu finden. Unter Verdemütigung und weitere Themen und Kategorien finden Sie schnell und einfach eine Auflistung
thematisch passender Bücher. Probieren Sie es aus, legen Sie jetzt los! Ihrem Lesevergnügen steht nichts im Wege.
Nutzen Sie die Vorteile Ihre Bücher online zu kaufen und bekommen Sie die bestellten Bücher schnell und bequem
zugestellt. Nehmen Sie sich die Zeit, online die Bücher Ihrer Wahl anzulesen, Buchempfehlungen und Rezensionen zu
studieren, Informationen zu Autoren zu lesen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen das Team von Buchfindr.