Nicht nur Hundeküsse

Nicht nur Hundeküsse von Le Huray,  Judith
Nele ist entsetzt, als der "Lackaffe" Philip in der Hundeschule auftaucht. Er begegnet ihr auf Schritt und Tritt. Wegen ihm bekommt sie sogar Streit mit ihren besten Freundinnen. Zu allem Übel verschwindet auch noch ihre Hündin Tessy. Für Nele bricht eine Welt zusammen. Dann kommt noch die Krankheit hinzu, von der sie das matschige Gefühl im Kopf und wackelige Beine bekommt. Leseprobe 2. Fehl am Platz Unterwegs trafen wir noch Lea mit ihrem kurzbeinigen aber drolligen Schäferhund-Dackel-Mischling Barty. So konnten wir Mädels noch ein bisschen quatschen und die Hunde zusammen rennen. Lea und ich hatten vor einem dreiviertel Jahr gleichzeitig mit dem Training in der Jugendgruppe begonnen. Sie ist nur etwas mehr als ein Jahr älter als ich und geht in dieselbe Schule. Für uns beide waren die Hunde unser ein und alles, so fanden wir immer ein Thema, über das wir labern konnten. Wir kamen gerade rechtzeitig, pünktlich um elf. Zwar soll es nach Aussage von Mami ordentlichere Menschen auf diesem Planeten geben als mich, wahrscheinlich alles Leute, die zu faul zum Suchen sind, aber ich bin gerne pünktlich. Also nicht zu spät. Und nicht zu früh. Vor allem nicht am Sonntagmorgen. Alina war noch dabei, hinter ihrem Hund herzurennen. „Rambo, komm hierher“, flötete sie in den höchsten Tönen. „Komm zu mir, mein Schnuckelchen.“ Doch Schnuckelchen dachte gar nicht daran. Der Jack Russel-Terrier flitzte lieber über die riesige Wiese der Hundeschule. Die Handtaschen-Portion hatte Frauchen voll im Griff! Alina war schon fünfzehn, gleich alt wie Lea. Aber von Hundeerziehung hatte sie absolut null Ahnung. An ihr wären vermutlich sämtliche Tiernannys dieser Welt verzweifelt. „So, lasst uns anfangen“, sagte Bernd, unser Trainer. Er ist für die Jugendgruppe unseres Hundesportvereins zuständig und sollte uns für die Begleithundeprüfung vorbereiten. Beim Blick auf Alina schüttelte er leicht entnervt den Kopf. Wir anderen stellten uns im Kreis auf und hielten unsere Hunde fest. Die hätten nämlich auch lieber auf der Wiese herumgetollt, als „Fuß“ und „Platz“ zu üben. Während wir mit Leibeskräften unsere Schnuffel am Abhauen hinderten und Alina für Rambo den Hampelmann spielte, fiel mein Blick zum Eingang. Ich dachte, ich seh nicht recht! Da stolzierte doch tatsächlich ein Lackaffe mit schwarzer Stoffhose, weißem Hemd und gescheiteltem dunklem Haar in unsere Mitte. Sein Gesicht sah recht jung aus, wie fünfzehn oder sechzehn, aber sonst wäre er glatt als vierzig durchgegangen. Es fehlte nur noch eine Krawatte, dann hätte er die Wirtschaftsnachrichten sprechen können. Als ich zu Lea sah, trafen sich unsere Blicke. Sie rollte mit den Augen. Vermutlich dachte sie dasselbe wie ich. Kein Mensch geht mit Klamotten eines Bankangestellten in die Hundeschule! Der Typ wirkte absolut fehl am Platz. Natürlich wurde der feine Herr begleitet von einem reinrassigen Tier, vermutlich aus einer edlen Zucht, mit kilometerlangem Stammbaum, vergoldeter Urkunde und gräflichem Namen. Es war ein Golden Retriever, der genauso blitzeblank und geschniegelt aussah wie sein Herrchen. Sicher hätte er sich gut auf einem weißen Ledersofa in einer der Zeitschriften gemacht, die immer beim Friseur herumliegen. Und er hätte garantiert kein Stäubchen darauf hinterlassen. Ich liebe meine all-inclusive-Mischung Tessy. Sie ist mittelgroß, also genau richtig, und hat alle Farben von weiß über grau, beige, rötlich und braun bis schwarz. Wie ein modernes Gemälde. Kein Mensch weiß, wer ihre Eltern waren. Mir ist das, ehrlich gesagt, auch schnurzpiepegal. Als ich sie mit Mami und Paps aus dem Tierheim holte, war es Liebe auf den ersten Blick. Tessy ist der hübscheste, süßeste, witzigste, liebste, klügste und knuffigste Hund der Welt. Und der bravste. Meistens. „Das ist Philip, ein neues Mitglied in unserer Gruppe“, stellte Bernd den Schnösel vor. Na, das passte ja. Ich musste bei dem Namen gleich an den trauten Gatten der Königin Elizabeth von England denken. Deshalb nahm ich mir vor, den feinen Pinkel „Prinz Philip“ zu nennen. „Er ist neu zugezogen und wird ab heute mit seinem Hund Hugo hier trainieren.“ Hugo? Niemand nennt seinen Hund Hugo! Alina hatte endlich ihren Rambo eingesammelt. Wir standen im Kreis, die Hunde saßen mehr oder weniger aufmerksam neben dem linken Bein von Herrchen oder Frauchen. Dummerweise hatte ich nicht aufgepasst und links von Tessy und mir eine Lücke gelassen. Nun stand der makellose Prinz Philip ausgerechnet neben uns. Ich konnte sogar die Pomade in seinen Haaren riechen. Na ja, vielleicht war es auch nur das Duschgel. Auf jeden Fall müffelte er nach Drogerieabteilung. Wir sollten nacheinander mit den Hunden im Fuß durch den Kreis gehen. Dazu durften wir ein Leckerchen benutzen, aber möglichst keine Leine. Alina ließ Rambo trotzdem vorsichtshalber angeleint. Weil aber der freche Winzling keine rechte Lust hatte, neben Frauchen herzutrotten, war es eher ein Gezerre. Auch Alinas süßliches Gesäusele und die leckeren Wurststückchen konnten ihn nicht locken. Wie sollte es anders sein: Hugo ging natürlich vorbildlich neben Prinz Philips linkem Bein, den Blick aufmerksam auf sein Herrchen gerichtet. Wie im Bilderbuch. Streber. Zum Schluss wandte Bernd sich an mich: „Nele, jetzt bist du noch dran.“ „O.k. Tessy, Fuß!“ Ich hielt das Belohnungsstückchen vor Tessys Nase und ging mit ihr forschen Schrittes in Schlangenlinien zwischen den Leuten und Hunden durch. Auch meine Süße machte ihre Sache prima und ließ sich nicht von den anderen Hunden ablenken. Zwar hatte sie nicht so toll zu mir hoch gesehen wie der adlige Vorgänger, aber ich war mächtig stolz auf uns. Auch Bernd war sehr zufrieden. „Das hat doch schon sehr gut geklappt! Klasse, Nele!“ Doch der Neue meinte, er müsse seinen Senf dazugeben. „Das war nicht schlecht“, wisperte er mir zu, das Gesicht zu einem neunmalklugen Lächeln verzogen. „Aber du solltest dein Leckerchen etwas höher halten, damit dein Hund zu dir hoch sieht.“ Auch das noch! Nun war er gerade seit ein paar Minuten bei uns, schon musste Mister Wichtig sich als Oberlehrer aufspielen. Ich hasse Besserwisser und Alleskönner! „O.k.“, sagte ich kurz angebunden. Dann drehte ich mich schnell weg, damit er nicht noch auf die Idee kommen konnte, mir einen wissenschaftlichen Vortrag zu halten. Nach dem Training lassen wir die Hunde immer auf der Wiese neben der Hundeschule rennen, damit sie sich nach der Arbeit auspowern können. Bernd meinte zum Neuen, dass das doch eine ideale Gelegenheit wäre, um die Mitglieder der Gruppe kennenzulernen. „Ich habe aber nur kurz Zeit“, sagte der daraufhin. Na klar. Wahrscheinlich musste er schnell nach Hause und Börsennachrichten gucken. Tessy hatte merkwürdigerweise gleich einen Narren an dem Designerhund gefressen. Sie stupste ihn an, forderte Hugo zum Spiel auf, und sogar der adelige Hund des Prinzen schien einem Spielchen mit meiner Straßenpromenadenmischung nicht abgeneigt. Und dann, ich dachte, ich glaub’s nicht, ließ Prinz Philip seinen Hund an der Leine, während alle anderen über die Wiese tobten. „Damit Hugo sich nicht schmutzig macht“, sagte der feine Herr. Na, das war nun wirklich die Krönung! Mein Kopf schüttelte sich ganz von alleine, ohne mein Zutun. Zum Glück musste ich dem Typ nur einmal in der Woche in der Hundeschule begegnen. Das war mehr als genug!
Aktualisiert: 2020-04-22
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Himmel und Hufe

Himmel und Hufe von Fiedler,  Regine
Als Pia an die Nordseeküste zieht, findet sie das überhaupt nicht komisch. Sie mag weder die Landschaft noch die Einsamkeit hier. Als sie aber die Norwegerstute Njala in Pflege bekommt und sich mit Jana anfreundet, sieht sie ihr Leben positiver. Und sie verliebt sich in Sören. Pia beginnt, Njala zu vernachlässigen. Dann geschehen immer mehr merkwürdige Dinge, die Pia nicht zuordnen kann. Leseprobe Kapitel 2 Ein letzter Versuch, Tabea! Warum meldest du dich nicht? Stell dir vor, ich habe nebenan ein Pony gefunden, das ich versorgen werde. So langsam wird es besser hier! Pia war von der Schule auf dem Nachhauseweg. Der erste Tag war geschafft. Sie tippte die Nachricht noch rasch ein, dachte, sie könne vor Tabea ruhig ein bisschen übertreiben. Zwar hatte sie das mit Wodan gar nicht sicher und reiten würde sie diesen Winzling auch nicht können, aber all das wusste Tabea ja nicht. Wenn sie so blöd war und nicht einmal eine SMS für sie übrig hatte, sollte sie zumindest denken, dass Pia sich hier prächtig amüsierte. Das wollte sie doch wenigstens noch loswerden, bevor Mama sie gleich beim Essen mit ihren Fragen über die neue Schule bombardierte. „Na, wie war es heute?“, fragte sie auch gleich, noch bevor Pia das Haus überhaupt richtig betreten hatte. Pia schleuderte ihre Schuhe demonstrativ in die Ecke und warf ihre Jacke mit einem gezielten Wurf über den Garderobenhaken. „Nun sag schon!“ Mama wirkte richtig aufgeregt. „Blöd, wie an jedem ersten Tag, aber wahrlich nicht hoffnungslos“, begann Pia. „Scheinen ein paar nette Leute dabei zu sein. Ich habe da ein Mädchen kennen gelernt. Sie heißt Jana. Hat auch zwei Ponys…“ Von diesem Sören und seinem netten Grinsen erzählte Pia lieber nichts. Und auch nicht, dass dort eigentlich keine Dorftrottel, sondern ganz normale Schüler herumliefen. Sogar mit noch bunteren Haaren als sie es hatte. Ganz normal eben. Es war aber besser, Eltern nur mit den absolut notwendigsten Informationen zu füttern. Alles andere konnte in einem peinlichen Verhör enden. „Schon gut, Pia.“ Ihre Mutter strahlte. „Dann brauchen wir ja nur noch einen Reitstall für dich finden. Wollen wir nachher mal losfahren?“ Pia schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, Mama. Aber ich muss zu Herrn Ommen, ihm bei Wodan helfen. Hab ich ihm gestern versprochen.“ Mama legte ihre Hand auf Pias Arm. Ihre in Falten gelegte Stirn verhieß nichts Gutes, das wusste Pia. „Ich kenne diese Familie ja gar nicht, mir ist das nicht so recht, wenn du zu wildfremden Leuten gehst.“ „Hallo? Der Mann ist nett und uralt, der braucht Hilfe!“ Mama war noch nicht überzeugt. „Was heißt uralt, Pia? Bei dir sind alle Leute ab vierzig alt und ab fünfzig scheintot.“ „Na ja, er ist schon älter als ihr, aber scheintot ist er auch noch nicht, ne, nicht wirklich.“ „Du bist unmöglich, Pia Dormann“, lachte ihre Mutter. „Also, Herr Ommen könnte dein Großvater sein, trifft es das?“ „Ja, kann schon sein“, antwortete Pia gedehnt. Wie alt Herr Ommen nun wirklich war, vermochte sie nicht zu sagen. Auf jeden Fall hatte er ja was mit der Hüfte und das hatten nach ihrer Vorstellung eher alte Leute. „Du kannst ja mitkommen und ihn kennen lernen. Dann kannst du sein Alter selbst schätzen und siehst, dass es okay ist mit ihm“, schlug sie vor. „Und Mama, der hat eine Kutsche, das hast du noch nicht gesehen.“ „Ist in Ordnung, ich komme nachher mit und sehe es mir mal an.“ Erleichtert griff Pia nach der Kartoffelschüssel. „Hast du viel auf?“, fragte Mama. War klar, dass das kam. Standardfrage beim Essen. „Viel zu viel. Und ganz andere Sachen als wir gemacht haben.“ Pia stürzte noch schnell ein Glas Apfelschorle hinunter. Sie hatte einfach keine Lust mehr auf ein weiteres Frage-Antwort-Spiel. Sie sprang die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, um dann rasch in ihrem Zimmer zu verschwinden. Pia kramte ihre Hefte heraus und versuchte sich auf die Hausaufgaben zu konzentrieren. Das war aber nicht so einfach. Zum einen machten sie in der neuen Schule wirklich ganz andere Sachen, die sie erst lernen musste und zum anderen ertappte sie sich immer wieder dabei, an diesen Sören zu denken. So hatte sie noch nie ein Junge angesehen. So herzklopfmäßig. Das hatte es nicht einmal bei Leon gegeben. Mit dem war sie in Gelsenkirchen zusammen gewesen. Was man so Zusammensein nennt. Händchen hatten sie gehalten. Und ein Mal hatte Leon ihr einen Kuss auf den Scheitel gehaucht. Vorne, wo jetzt die rote Strähne anfing. Nicht einmal dabei hatte ihr Herz solch eine Geschwindigkeit hingelegt wie jetzt, wenn Sören sie nur ansah. Unter diesen Umständen war es einfach ein Ding der Unmöglichkeit, Hausaufgaben zu machen. Pia blickte aus dem Fenster. Sie konnte das rote Dach des Stalles durch die Bäume schimmern sehen. Dahinter stand Wodan. Pia freute sich darauf, nachher rüber zu gehen. Die Sonne kam heraus und heute wehte zum ersten Mal seit ihrer Ankunft der Wind nicht so stark. „Siehst du, Pia, vielleicht wird doch alles gut“, sagte sie sich. Dann zerbrach sie sich doch noch eine Weile den Kopf über englische Vokabeln und einer Bildergeschichte.
Aktualisiert: 2019-08-30
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