Der Urweg Zweiter Teil

Der Urweg Zweiter Teil von Buchholz,  K. V.
Es gibt in Europa einen alten Weg, der seit urewigen Zeiten als Herdenwanderweg, Völkerweg und Handelsweg benutzt wurde. Dieser Weg zusammen mit Wasserläufen, Seen, Tälern und Bergen können dem aufmerksamen Wandersmann oftmals eine Erklärung dafür geben, weshalb dieses oder jenes gerade hier geschah. Der Weg beginnt in Norddänemark bei Viborg, unterhalb des Limfjordes. Von hier verläuft er fast in der Mitte der jütländischen Halbinsel, geht durch ganz Deutschland hindurch und führt nach Rom, Akka, Jerusalem (und weiter nach Nordafrika) und nach Santiago de Compostela. Der nordeuropäische Heerweg verband sich mit den Straßen in Schleswig-Holstein, aus der Dänemark wie eine ausgestreckte Hand hervorragt. Dänemarks längste und älteste Großroute streckt sich wie ein breiter Fluss durch Jütland, von dem Schleswig geographisch gesehen, ein Teil ist. Eine interessante Stelle finden wir in Schleswig-Holstein bei Haithabu am „Danewerk“. Die Befestigung bestand aus einer Reihe von Wallanlagen, die nur einen einzigen Durchlass für den Heerweg hatte. Das Entstehen der Dörfer und Städte ist wiederum durch die Handels- und Transportwege früherer Zeiten bestimmt worden, und zwar haben sowohl der See- als auch der Landtransport die Bildung der Städte geprägt. Der antike Verkehrsknotenpunkt und zentrale Handelsplatz Haithabu ist ein gutes Beispiel hierfür. Von Snorri Sturluson erfahren wir, dass der dänische König Niels (1104-1134) den norwegischen König Sigurd Jorsalfar in Haithabu empfing, als er auf der Rückreise von Palästina bei ihm einkehrte. Er war auf der Kreuzritterroute unterwegs. Seine Reise führte ihn über Byzanz-Bulgarien-Ungarn- Pannonien-Schwaben-Bayern und weiter nach Schleswig, wo er zur Mittsommerzeit eintraf. Der dänische König arrangierte ein großes Gastmahl, begleitete ihn dann bis nach Nordjütland und gab ihm ein Schiff mit allem Zubehör für die Rückreise. Dann reiste König Sigurd nach Norwegen. Über eine lange Strecke wandert der Weg nach Süden bis nach Rendsburg und von hier weiter bis nach Itzehoe und Stade. Warum der Weg ausgerechnet bei Stade über die Elbe führt, lädt ein zur Spekulation. Jahrtausende musste der Weg die dunklen und geheimnisvollen Moore umgehen, da die frühen Völker sie fürchteten und mieden. Erst spät begann man damit, die Moore trocken zu legen und zu kultivieren. Der Weg führt durch die berühmte Porta Westfalica und durch die Limespforte bei Butzbach. Geduldig arbeitet er sich weiter bis an den Rhein, ohne jemals sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Spätere Bebauungen und ähnliches haben ihn gezwungen, hin und wieder ein wenig weiter in eine andere Richtung zu rücken. Er ist nicht immer einfach zu finden, aber schon dort, wo in alten Zeiten Schlachten stattgefunden haben, kann man erkennen, dass auf ihm einst auch große Streitmächte unterwegs waren. Natürlich auch Feinde des Landes, wie z.B. Attila, der im Jahre 436 auf ihn von Wiesloch bis nach Mannheim mit seinem riesigen Heer entlangzog. An einigen Stellen, wo jahrhundertelang beharrlich das Land kultiviert wurde, sind die Spuren fast verschwunden. Aber an anderen Stellen hat der Verkehr tiefe Spuren in der Erde hinterlassen - stark gefährdet von den Pflugeisen - kämpft der alte Weg hier um sein Leben. In einigen Gebieten hat die moderne Industrie, der Straßenbau oder die Flurbereinigung ihn - aus welchen Gründen auch immer - verschwinden lassen. Aber so ohne weiteres lässt sich das ein jahrtausendealter Weg nicht gefallen; denn kaum ein anderer Weg kann sich altersmäßig mit ihm messen. Der Weg führt an den Geschehnisorten des Nibelungenliedes vorbei. Der Schleier des Geheimnisses wird ein wenig angehoben und man erkennt, dass auf ihm auch schon die Helden der Nibelungen gewandert sein könnten, die im Codex regius der älteren Edda verewigt wurden. Historiker vermuten, dass die Anfänge des Handelsweges in der Zeit zwischen 4.200 und 1.800 vor Chr. liegen. Dass der Weg aber älter sein muss, kann man an einigen Stellen erkennen. Schon in der Eiszeit lebten hier Menschen in der Tundra und in der Kaltsteppe. Sie zogen den großen Rentierherden und Mammuten nach und jagten andere der vielen arktischen Tiere. In großen Gebieten, wo er für die Menschen sehr nützlich ist, findet man ihn heute als Straße asphaltiert vor - aber schon dort, wo der moderne Verkehr ihn aus seinen festen Klauen loslässt, verzichtet der Weg gerne auf den ihm auferzwungenen Putz und setzt ungebrochen, beharrlich und zielstrebig seine Wanderung in Richtung Süden fort, sodass man den Eindruck gewinnen könnte, dass seine Sturheit an Starrsinn grenzt. So beschrieb ihn einst der dänische Historiker Hugo Matthiessen. Der alte Heerweg, der sich wie ein Bach durch das Land schlängelt, um die natürlichen Hindernisse zu umgehen, hat in Dänemark und Deutschland im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Namen erhalten. Einige dieser Namen sind: Töpferweg (Heimindustrie), Adelsweg, Sachsenweg, Königsweg, Kaiserweg, Ochsenweg, Hessweg (lokale Namen), Romweg, Jacobusweg, Milchstraße, Frankfurter Weg, Kölner Weg, Aachener Weg (Pilgerzeit), Hellweg, Bergstraße (Keltenzeit). Ob der Begriff Heerweg allein militärisch zu deuten ist, kann man übrigens nur raten. Sicher ist, dass Heere diesen Weg benutzt haben, und dass Kampfhandlungen in seiner Nähe stattgefunden haben. Heer hatte früher auch die Bedeutung „eine große Menge“ und „eine große Schar“. Man beachte auch das Wort „Herberge“ oder die Beschreibung „hin und her“. Im 7. Jahrhundert und 8. Jahrhundert bedeutete Heer eine Kriegsschar. Im 15. bis 16. Jahrhundert sagte man Heer auch zu einer Ansammlung von Tieren. Die Schreibweise mit einem doppelten „e“ ist erst seit ca. dem 14. Jahrhundert gebräuchlich. Vor aller Geschichte war jedoch die Landschaft. Hier lebten und arbeiteten Menschen, hier fanden sie, was zum Leben nötig ist. Die Landschaft bestimmte ihr Schicksal. Generationen von Menschen und Tieren sind Meile für Meile auf diesem Weg gelaufen und jeder Schritt hat aus einem Pfad einen breiten Weg entstehen lassen. Der Verlauf des alten Weges ist geologisch bedingt. Zu keiner Zeit waren die Menschen immobil und manchmal herrschte ein so lebhafter Betrieb, dass man immer wieder dem Gegenverkehr ausweichen musste. Wenn man aber den Anschluss an seine Mitreisenden verloren hatte, dann konnte es einem schon übel ergehen. Das Sprichwort „allein und verloren“ erhielt dann seine traurige Bedeutung. Heilig war der Weg im Mittelalter als die frommen Pilger auf ihm wanderten. Heilig ist der Weg auch für uns, wenn wir daran denken, dass tausende von Menschen auf ihm ihr Leben lassen mussten - aus welchen Gründen auch immer. Der Zauber einer längst vergangenen Zeit liegt noch heute über dem Weg, auch wenn er uns an vielen Stellen zum Frösteln bringen wird.Vor uns liegt groß und breit der alte Weg. Soweit der Blick reicht, schlängelt sich die Spur weg in die große Leere. Aber dennoch ist er schön, immer noch gefüllt mit Stimmung und Poesie. Und jeder Schritt auf dem Weg weckt in uns ein Echo des jahrtausendealten Verkehrs.
Aktualisiert: 2021-12-29
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Der Urweg Zweiter Teil

Der Urweg Zweiter Teil von Buchholz,  K. V.
Mit „Der Urweg Zweiter Teil. Heerwege von der Elbe an den Rhein“ veröffentlicht K.V. Buchholz den zweiten Band aus der Reihe „Urwege“ bei TRIGA – Der Verlag. Der Urweg – ein einzigartiger Weg, der es verdient hat, als kulturhistorisches Denkmal behütet zu werden. Nimmt man die Heerwege von der Elbe bis an den Rhein, sieht man Jahrtausende vor sich liegen. Tierherden waren hier zuerst unterwegs, ihnen folgten Händler, Pilger und ganze Heerzüge, die viele Ortschaften in Schutt und Asche legten. Der Weg hat alles miterlebt und ist Zeuge. Wie in ihrem ersten Buch 'Der Urweg' mit dem Schwerpunkt Nordeuropa, ebenfalls bei TRIGA - Der Verlag in Gelnhausen erschienen, spürt K. V. Buchholz detailliert und ausführlich der Geschichte des Urwegs nach – diesmal in der Region zwischen Elbe und Rhein. Historische Reisenotizen, Erzählungen, Sagen und Legenden bringen den Mythos der alten Wege und Straßen zum Klingen.
Aktualisiert: 2022-12-26
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Außenseiter und ‚Insider‘

Außenseiter und ‚Insider‘ von Brakhman,  Anastasia
Die vergleichende kommunikationsgeschichtliche Untersuchung zentraler historiografischer Schriften aus der Zeit Ottos I. versucht, den außergewöhnlichen Charakter der Werke Liudprands von Cremona aus dem Verhältnis zwischen seiner sozialen Position und den Schriften heraus zu erklären. Die Hypothese über einen maßgeblichen Einfluss von Liudprands Laufbahn auf sein OEuvre wird durch eine Analyse seines Lebenslaufs und seiner Werke belegt und in einem Vergleich mit Texten weiterer ottonischer Geschichtsschreiber (Widukinds von Corvey und Hrotsvits von Gandersheim) überprüft, deren Position als ‚Insider‘ sich durch eine dauerhafte, institutionell geprägte Stellung im sozialen Gefüge des sächsischen Reichs auszeichnet. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass Liudprands Verhältnis zu und Kommunikation mit dem Herrscherhof durch die Unsicherheit seiner sozialen Stellung geprägt ist. Sein Werk zeigt die Kommunikation eines Außenseiters, der die angestrebte Integration nur beschränkt erreicht hat.
Aktualisiert: 2020-04-03
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