Das 41. Jahr ist zugleich das spannendste der gesamten DDR-Geschichte. Zwischen dem 7. Oktober 1989 und dem 3. Oktober 1990 überschlagen sich die Ereignisse: Das Volk stürzt die alte SED-Führung und erzwingt die Öffnung der Mauer, am Runden Tisch entsteht eine Parallelregierung, die demokratische Wahlen durchsetzt. Dabei siegt die konservative Parteienallianz für eine schnelle deutsche Einheit, die unter wirtschaftlichen Zwängen in nur wenigen Monaten vollzogen wird – mit Unterstützung der früheren Siegermächte.
All diese Vorgänge schildern die Autoren in kompakter Form und geben dabei zugleich mit Dokumenten, Hintergrundmaterial, Zeitzeugenberichten und Porträts Einblicke in das langjährige Funktionieren des ostdeutschen Staates.
Aktualisiert: 2021-01-02
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Eine lebendige Chronik des 41. Jahres der DDR
Aktualisiert: 2021-03-31
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Stichtag ist Donnerstag, der 13. August 1987, Demo an der Berliner Mauer am Brandenburger Tor. Dort endet auch die Chronik am 31. Dezember 1989. Sie dokumentiert Tagesereignisse in Originaltexten, Flugblättern, Pressemitteilungen, Tagebucheinträgen. Die Beteiligten erläutern die Handlungszusammenhänge, teilweise werden sie aus Akten rekonstruiert. Kurzbiographien ergänzen die Faktenlage.
Optisch ist die Chronik durch verschiedene Schriftarten zweigeteilt sowie mit Textblöcken abgesetzt, die das riesige Werk auflockern. Auf den ersten Blick wird erkennbar, was Originaltext vom Tage und was spätere Erläuterung des Gesamtzusammenhanges ist, was subjektive Erlebnisse und was sachliche Hintergründe sind. So kann das Buch in verschiedenen Strängen gelesen werden. Ein umfangreicher Apparat hilft bei sachbezogener Arbeit im Detail, so dass die Geschichte einzelner Orte, Personen oder Medien verfolgt werden kann.
Die Auswahl der Ereignisse stellt bis Mitte Oktober 1989 die damalige Informationslage der Koordinierungsgruppe des Arbeitskreises Gerechtigkeit sowie der Koordinierungsgruppe zum Sonnabendskreis dar. Für den Zeitraum danach wurden wichtige Daten aus den Handakten von Krenz, Streletz und Dickel ergänzt bzw. weitere Unterlagen der damaligen Machthaber für die Rekonstruktion der Ereignisse sowie der Archivbestand der Initiative für Frieden und Menschenrechte (IFM) Magdeburg und der IFM Leipzig sowie weiterer Gruppen und Einzelpersonen herangezogen.
Über den Sonnabendskreis waren die Bürger- und Menschenrechtsgruppen der DDR, ca. 20 Samisdat-Redaktionen, 15 alternative Bibliotheken sowie ca. 20 weitere Friedens- und Umweltgruppen in ca. 50 Orten Ostdeutschlands vernetzt. Sie waren die wesentlichen Träger DDR-weiter Kampagnen der Opposition in Ostdeutschland wie u. a. der Proteste gegen die Inhaftierung von Oppositionellen im Januar 1988, Januar 1989 und September 1989, der Proteste gegen die Politik des rumänischen Diktators Ceaucescu (November 1988), der Aktionen für die Freilassung von Dissidenten der Charta 77 – wie Vaclav Havel – (Februar/März 1989) sowie der Auszählungskontrolle der Kommunalwahl in den einzelnen Orten. Für die Koordinierung und den Informationsaustausch der Gruppen des Sonnabendskreises waren im September 1989 fünf Personen vollzeitbeschäftigt tätig, darunter Thomas Rudolph bereits seit Juli 1988, sowie zwei weitere Sprecher des Arbeitskreises Gerechtigkeit, ein Sprecher der Arbeitsgruppe Menschenrechte und ein Mitarbeiter der Umweltbibliothek in Ostberlin.
Der Sonnabendskreis verfügte über ein durch Christoph Wonneberger in der Lukaskirchgemeinde abgedecktes Büro, welches ab Dezember 1988 von den beiden Leipziger Bürger- und Menschenrechtsgruppen Arbeitskreis Gerechtigkeit und Arbeitsgruppe Menschenrechte betrieben wurde.
Die Chronik greift vorrangig auf die aus diesem Büro im IFM-Archiv vorhandenen Materialien und Informationen zurück. Sie ist mithin aus einem Leipziger Blickwinkel mit einem gewissen Schwerpunkt auf Leipzig und den Süden der Republik heraus verfasst. Dabei werden sowohl Leipzig-spezifische Themen und kommunalpolitische Aspekte als auch der DDR-weite Aktionszusammenhang der organisierten Opposition umrissen. Bewusst wird dabei auch auf Texte aus dem gesamten Herrschaftsbereich der Sowjetunion sowie auf Texte, die den Ost-West-Konflikt beleuchten, zurückgegriffen. Ziel ist auch, die Interaktionen mit Gruppen in West-, Ost- und Ostmitteleuropa offenzulegen und, sofern das damals bekannt war, Auffassungen und Handlungen westlicher Organisationen in das Blickfeld der interessierten Öffentlichkeit und von Historikern zu rücken.
Erstmals werden konspirative Strukturen und das methodische Vorgehen des Teiles der organisierten Opposition, an dem die Grenzfall-Redaktion der Initiative Frieden und Menschenrechte, Teile der Umweltbibliothek Ost-Berlin, der Arbeitskreis Gerechtigkeit sowie ab 1989 auch die Arbeitsgruppe Menschenrechte beteiligt waren, offengelegt.
Erstmals werden handschriftliche Aufzeichnungen von u.a. Klaus Kaden, Christoph Wonneberger, Kathrin Walther sowie Mitschriften von Kathrin Walther zum Sonnabendskreis zugänglich gemacht. Die Chronik greift auch auf Abschriften von durch die Opposition mitgeschnittenen Veranstaltungen zurück. Diese Dokumente stellen eine authentische Ergänzung, oft auch eine Gegenüberstellung von bereits veröffentlichten Protokollen oder Berichten von Dienststellen der Machthaber oder von Gesprächsnotizen kirchlicher Stellen dar.
Erstmals wird die versuchte Steuerung der Ausreiseantragsteller Leipzigs mittels der Arbeitsgruppe Ausreise des Arbeitskreises Gerechtigkeit über den sogenannten Kaden-Kreis bis zu den Hauskreisen der Ausreiseantragsteller und deren mit dem AK Gerechtigkeit abgestimmten Aktionen offengelegt.
Für den Herbst 1989 wurden die im Zusammenhang des 1. Untersuchungsausschusses des sächsischen Landtages von Michael Arnold, Maik Ringel und Thomas Rudolph gesichteten Unterlagen zur Befehls- und Informationslage sowie zu den Ereignissen selbst nochmals herangezogen. Der aktuelle Mobilmachungsstand bis hin zur Aufzählung bestimmter Einheiten der NVA und die je aktuelle Stufe der Gefechtsbereitschaft wurde nach innen eingearbeitet. Tagesaktuelle Aufzählungen über Informationsveranstaltungen, Demonstrationen, Festnahmen wegen sogenannter Republikflucht und die Anzahl der Visaerteilungen sowie Ein- und Ausreisezahlen runden die Tagesberichterstattung in einem bisher nicht vorliegendem Umfange ab. Auf Leipzig bezogen wird detailliert wie nie zuvor der Weg der oppositionellen Vereinigungen zu Gesprächen mit den Machthabern und später der Übernahme kommunalpolitischer Verantwortung sowohl in der Stadt als auch im Bezirk Leipzig mit Dokumenten der Opposition belegt.
Neben diesen Schwerpunkten berücksichtigt die Chronik auch den spontanen unorganisierten Widerstand Einzelner und den organisierten Widerstand in kleineren Orten an einzelnen Beispielen.
Erstmals auch wird das organisierte Interagieren von Gruppen außerhalb Leipzigs mit den Aktivisten in Leipzig verdeutlicht. Friedensgebete, Öko-Demos (wie den Pleiße-Umzug) und öffentliche alternative Kulturveranstaltungen (wie etwa das Straßenmusikfestival) gab es auch in anderen Städten. Die kleinen Schritte in Leipzig (an denen sich auch kleinere Kirchengruppen beteiligt haben) wurden jedoch zum DDR-weiten, im September und Oktober ´89 auch weltweiten Politikum. Zentralredaktionen von Rom über Paris und London bis Australien ließen sich am Telefon der Sprecher und Sprecherinnen der Arbeitsgruppe Menschenrechte und des Arbeitskreises Gerechtigkeit in der Lukaskirchgemeinde zuerst erklären, was der Stand der Bemühungen um die Freilassung der Inhaftierten ist, und - nachdem es am 25. September 1989 gelungen war, eine erste Großdemo auszulösen - wie sich die Demonstrationen für Freiheit und Demokratie weiterentwickeln.
Erstmals: Im zweiten Teil des Buches werden die über 100 Mitarbeiter und Mitglieder der beiden Leipziger Menschen- und Bürgerrechtsgruppen AG Menschenrechte und AK Gerechtigkeit mit ihren Arbeitsfeldern und -gruppen sowie deren Aufgaben benannt, mithin die Strukturen öffentlich gemacht.
Erstmals: Der AK Gerechtigkeit wird seine „verdeckten" Mitarbeiter bekanntgeben, um auch deren damaliges Wirken festzuhalten. In diesem 2. Teil wird auch die personelle Struktur des Sonnabendskreises, der beteiligten Gruppen, Redaktionen und Bibliotheken sowie des DDR-weiten Arbeitskreises zum Wehrdienstproblem vorgelegt.
Im dritten Teil werden einige wichtige Texte der IFM aus der Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 3. Oktober 1990 der Öffentlichkeit vorgelegt. Dabei handelt es sich zumeist um Texte, an denen Mitglieder der IFM Leipzig mitgearbeitet haben oder die in Interaktion mit Informationen der IFM Leipzig entstanden.
Ein vollständiges Register von Orten, Personen, Samisdat, Medien, Organisationen und Einrichtungen soll Historikern und Interessierten ermöglichen, die Chronik auch als Kompendium zu nutzen.
Bisher erschienene Dokumentensammlungen und Sekundärliteratur sind - sofern die Chronik diese tangiert oder sofern Korrekturen notwendig waren - in allen drei Bänden mit über 1500 Fußnoten eingearbeitet. Das Gesamtwerk wird ca 1100 Seiten umfassen.
Aktualisiert: 2020-11-26
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