Literarische und filmische Darstellung von Psychopathologie in den Romanen und deren gleichnamigen Verfilmungen „Die Klavierspielerin“ und „Das Parfum“ von Liu,  Chi-Chun

Literarische und filmische Darstellung von Psychopathologie in den Romanen und deren gleichnamigen Verfilmungen „Die Klavierspielerin“ und „Das Parfum“

Mit dem Begriffspaar literarisch und filmisch ist bereits das Programm dieser Dissertation umrissen. Das leitende Motiv der Psychopathologie und ihrer Darstellung in Literatur und Film wird dahingehend untersucht, dass nicht das Ziel einer Fachgeschichte am Anfang der vorliegenden Arbeit steht, sondern die Beschreibung eines Übergangs vom medizinischen Vokabular einer klinischen Spezialdisziplin in den erweiterten Raum der Literatur. Mit der literarischen und filmischen Darstellung von Psychopathologie soll somit ein Stoff- und Motivkreis in den Blick literaturwissenschaftlicher Analyse genommen werden, der seit den antiken Tragödien bis in unsere Moderne hinein wie ein roter Faden die Literaturgeschichte durchzieht, der aber in seiner Spezifik für die zeitgenössische Literatur bisher kaum untersucht worden ist.
Schilderungen wahnhafter oder psychisch krankhafter Bewusstseinszustände sind von Beginn an zentrale Motive in der abendländischen Literatur, wobei es insbesondere die Darstellung ihrer inneren und äußeren Wahrnehmung ist, die im Zentrum des Interesses steht. Dabei sind es nicht nur die antiken Tragödien, allen voran Sophokles’ König Ödipus (429–425 v. Chr.), die zu einem Denken über die Wechselbeziehung von Literatur und Psychopathologie anregen, sondern auch moderne Klassiker von Hugo von Hofmannsthal über Gottfried Benn zu Georg Heym. So ist es nicht nur wichtig zu sehen, was als pathologisch geschildert wird, sondern auch wer diese Einschätzung vornimmt und welche Mittel verwendet werden, um die Pathologie einer Figurenpsyche zu beschreiben und in eine literarische oder filmische Form zu bringen. Welche Strategien und Darstellungsweisen werden in Anschlag gebracht? Wie wird ein krankhafter Seelenzustand zum Motiv in der Literatur? Und nicht zuletzt: Was kann über den Bereich und die Organisationsform der Psychopathologie gesagt werden, wenn sie sich als Stichwortgeberin für die literarischen Beschreibungen krank- oder wahnhafter Psychen in der Literatur reflektiert? Umgekehrt ließe sich weiter fragen: Was bedeutet es für die Literatur, wenn Psychopathologie gar zu einer Strategie des Aufschreibens wird?
Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist demnach die literarische und filmische Darstellung von Psychopathologie und die damit verbundenen spezifischen Erzählarten und Darstellungstechniken am Beispiel der Romane Die Klavierspielerin von Elfriede Jelinek und Das Parfum von Patrick Süskind. Beide Romane weisen eine große thematische Ähnlichkeit auf, indem sie die wichtigsten Problembereiche der Psychopathologie, so wie sie in der Fachliteratur zur Sache beschrieben werden, zusammenfassen. Bei Elfriede Jelinek geht es um das Zusammenspiel verschiedener innerer und äußerer Kräfte, die eine Pianistin einer dauernden Zerreißprobe unterstellen und unter denen die charakterliche Integrität und schließlich ihre berufliche, private und sexuelle Identität entstellt werden. Bei Patrick Süskind geht es um einen Mörder, der durch eine biologische Anomalie über einen absolut perfekten Geruchssinn verfügt, gleichzeitig aber durch das Fehlen eines eigenen Körpergeruchs nicht in der Lage ist, in Gemeinschaft mit Menschen zu leben. Aus dem hieraus resultierenden Mangel an Identitätszuschreibung entwickelt sich schließlich eine religiös aufgeladene Allmachtsfantasie, die zum mehrfachen Mord führt. Der inhaltlichen Nähe beider Romane – beide handeln von der Kunst als Kanalisierung psychischer Wahnvorstellungen und in beiden steht das Thema der gestörten Identität im Zentrum – korrespondiert zugleich ein eklatanter Unterschied ihrer Erzählformen. Ist für Jelinek die Sprache selbst ein Vehikel zum Ausdruck psychopathologischer Zustände, so ist bei Süskind eine soziopathische Daseinsweise durch eine klare und eindeutige Sprache geschildert. Durch diese Spannbreite wird ein möglichst weites Spektrum von Darstellungsformen von Psychopathologie in den Blick genommen. Um diesen Komplex adäquat auszuloten, sollen zunächst in einer genauen Lektüre die einzelnen Motive und Figurenkonstellationen isoliert werden, um sodann ihre literarischen und filmischen Strukturen, Funktionen und Darstellungsweisen zu analysieren. Auf diese Art wird ein Vergleich zwischen Jelinek, Haneke, Süskind und Tykwer möglich, aus dessen Perspektive die Darstellung psychopathologischer Zustände und der speziellen Bedeutung des obsessiven Verhaltens der beiden Hauptprotagonisten untersucht wird. Neben der Psychopathologie der Figuren Erika Kohut und Jean-Baptiste Grenouille interessiert daher also vor allem auch die unterschiedliche Darstellung von deren Handlungsweisen in den Romanen und Filmen. Darüber hinaus soll die Arbeit klären, inwiefern der exzessiven Schilderung innerer und äußerer pathologischer Zustände nicht auch ein Schreibprogramm unterliegt, das die je spezifische Darstellung hervorbringt oder zumindest begünstigt.
Zunächst wird die Arbeit im Kapitel 2 den Begriff der Psychopathologie in einem begriffsgeschichtlichen und theoretischen Überblick umreißen, wobei die wichtigsten Untersuchungen und Ergebnisse ihrer Geschichte chronologisch zusammengefasst werden. Neben Sigmund Freud, der als Vater der Psychoanalyse den ersten Begriffskorpus für die Beschreibung des Unbewussten sowie für dessen Anomalien entwickelte, ist vor allem das Denken des französischen Philosophen und Psychoanalytikers Jacques Lacan ein wichtiger Orientierungspunkt für die der Arbeit zugrunde gelegte Theorie. Mit seinem Text über das Spiegelstadium als Bildner der Ich-Funktion liefert er das strukturalistische Werkzeug zur Beschreibung der in den Romanen vorkommenden Identitätsstörungen.
In Kapitel 3 und 4 werden die beiden Romane dann inhaltlich, formal und literaturgeschichtlich untersucht. Beide sind Romane der Postmoderne, die zur bekanntesten deutschsprachigen Literatur in den 80er und 90er Jahren zählen. Bei Jelinek wird Identität beziehungsweise die Störung von Identität vor allem durch eine vermeintliche Vermischung von Sprache und Biographie, aber auch durch ein zur Schau getragenes gestörtes Verhältnis zur Sprache ausgedrückt. Bei Süskind ist die Störung der Identität in der Gemeinschaft als literarisches Motiv virulent. Beide wurden schließlich zur Vorlage der gleichnamigen Filme von Michael Haneke und Tom Tykwer. Auf der erarbeiteten Vergleichsgrundlage der beiden Romane werden in Kapitel 5 die Filmadaptionen als eine Form der Interpretation und Transformation der literarischen Darstellung in Augenschein genommen. Die Phänomene Film und Roman stehen in einer Wechselbeziehung, die seit den Anfängen des Kinos eine lebhafte Debatte über die Verbindung beider befeuert hat. Diesem Aspekt wird im Vergleich besonders großer Raum gegeben, da es gerade die Unterschiede zwischen beiden Formen sind, die für die Untersuchung von Relevanz sind. Im letzten Kapitel werden schließlich die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick auf künftige Forschungsfragen formuliert.

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