Shakespeares verschollene Schwester VITTORIA COLONNA
Das Wunder ihrer Lebendigkeit
Maria Dr. Musiol
Was mich, angepasste „Brave-New-World’erin“ in meiner zehnjährigen Symbiose mit Vittoria Colonna, in der ich sie nun schon forschend im Dunkel der Geschichte zu erhellen suche, an diesem weiblichen Genie der italienischen Renaissance so sehr faszinierte, dass ich ihr obsessiv verfiel, ist das Wunder ihrer unvergänglichen geistigen Lebendigkeit, die in allen Bereichen ihres Lebens, vor allem in ihrer Dichtung in intensiven Momenten ihres Seins aus einer tief menschlichen, zeitlosen Authentizität aufleuchtet und in ihr unbändige Aufbruchslust zu weiblicher Selbstbestimmung auslöste.
Ihre unvergängliche Lebendigkeit überbrückt spielend ein halbes Millennium, das uns zeitlich trennt, und schafft eine intensive persönliche Nähe, so dass mir die geistige Auseinandersetzung mit dieser genialen Renaissancefrau größere Erfüllung schenkt als die Gespräche mit meinesgleichen und nicht nur das:
In meinem zehnjährigen Umgang mit Vittoria Colonna wurde mir klar, wie sehr in den folgenden vier Jahrhunderten männlicher Fortschritt weiblichen Rückschritt bedeutete, dass sich aber in meiner Symbiose mit dieser authentischen Frau mein degeneriertes weibliches Bewusstsein dank ihrer größeren Komplexität regenerierte und sie mit ihrem weiblichen Selbstbewusstsein mir Auftrieb gab für ein eigenständigeres weibliches Leben.
So kam mir die Idee, das Wunder ihrer Lebendigkeit in den Mittelpunkt eines zweiten Buches über Vittoria Colonna zu stellen. In diesem gewagten Unterfangen fühle ich mich durch Michelangelo bestärkt, den sie ebenfalls mit ihrer geistigen Vitalität bezauberte, so dass er in spontanen, innigen Zeichnungen die außergewöhnliche geistig-seelische Dynamik seiner geliebten Marchesa extrovertierte.