Dresdner Kreuzchor und zeitgenössische Chormusik
Ur- und Erstaufführungen zwischen Richter und Kreile
Matthias Herrmann
Der Bogen dieses Buches wird von der Frühzeit des 20. Jahrhunderts bis in die unmittelbare Gegenwart (2015) gespannt, also von Otto Richter (Kreuzkantor 1906–1930) bis hin zu Roderich Kreile, der 1997 das Kreuzkantorat übernahm. Seit den Kantoraten Rudolf Mauersbergers und Martin Flämigs zwischen 1930 und 1990 ist die Pflege zeitgenössischer Musik repräsentativ im Repertoire des Dresdner Kreuzchores verankert. Dank unzähliger Ur- und Erstaufführungen, ja Wiederaufnahmen wurde die Moderne kontinuierlich der großen Kreuzchorgemeinde nahegebracht, in der Kreuzkirche wie an anderen Aufführungsorten, auch außerhalb Dresdens. Galt in den 1930er-Jahren das Interesse u.?a. Günter Raphael und Ernst Pepping, so war es später Rudolf Mauersberger, in den 1950/60er-Jahren Heinz-Werner Zimmermann und Hans Werner Henze, in den 1970/80er-Jahren Frank Martin, Alfred Schnittke, Mikis Theodorakis und Udo Zimmermann. Unter Kreuzkantor Roderich Kreile haben verstärkt Professoren der Dresdner Hochschule für Musik Carl Maria von Weber für die Kruzianer komponiert. Auch Werke außereuropäischer Komponisten sind für Kreile von Interesse, wie die Uraufführung der „Pilgerfahrten“ von Chaya Czernowin (Boston) 2006 im Festspielhaus Hellerau anlässlich des 800-jährigen Dresdner Stadtjubiläums belegt. Den Einstieg ins Buch bieten ehemalige Kruzianer, die eine musikalische Laufbahn eingeschlagen haben und sich der Moderne ihrer Chorzeit erinnern; erwähnt seien stellvertretend Peter Schreier, Hartmut Haenchen, Torsten Rasch und Eckehard Stier. Während die Kapitel zu den Kantoraten zwischen Otto Richter und Matthias Jung aus der Feder von Musikwissenschaftlern stammen, berichtet Roderich Kreile im Schlusskapitel über die Stellung der Moderne beim Kreuzchor in der jüngsten Vergangenheit. Zu zehn ausgewählten Uraufführungsprojekten unter seiner Leitung nehmen die Komponisten selbst Stellung, ergänzt durch dokumentarisches Material.