Die Leiden des alten Wärther
Ulrike Piechota
Adalbert Wärther ist achtzig, als er „Die Leiden des jungen Werther“ von Goethe in die Hand nimmt. Er ärgert sich über den jungen Werther, der sich aus Liebeskummer erschossen hat.
Liebeskummer? Peanuts gegen die Leiden, die das Alter täglich ins Haus bringt: Falten, Altersflecken, Vergesslichkeit, Bevormundung, Krankheit.
Zweiundzwanzig dieser zahllosen Leiden des Alters durchlebt Adalbert, bespricht sie am Abend vorwurfsvoll mit dem jungen Werther, der sich rechtzeitig davor gedrückt hat.
So erfahren wir, wie der alte Wärther zu seinem Ärger im Seniorenkreis basteln soll. Wie ihn die Dame von der Sozialstation für einen altersgerechten Toilettensitz überreden will. Wie er einen Hund erfindet, um nicht ins Altenheim aufgenommen zu werden und wie er sich vergebens vornimmt, das Haus für seinen Todesfall aufzuräumen.
Leiden, die trotz ihrer garstigen Ernsthaftigkeit zum Lachen reizen.
… „Der alte Wärther erschießt sich nicht so schnell, trotz der Leiden, die ihm das Alter nun einmal beschert.“