Werke Band 7
Das Jahr danach, Texte 1990-1992
Wolfgang Pohrt
Das Jahr nach der Wiedervereinigung beginnt mit dem Rückblick auf das Staatsbesäufnis, wo die Menge sich die nationale Einheit andrehen ließ wie Rentner die Rheumadecke bei der Kaffeefahrt. Es beschreibt, wie aus der Verbitterung über die eigene Blödheit das neue Nationalbewusstsein wurde. Und es protokolliert den Übergang in eine andere Welt, die der Mumien, Monster, Mutationen. Wenn die auftraten oder eintraten, nannte man das einen »historischen Augenblick«. Geliefert wird ein Bericht aus der zeitlosen Schattenwelt, die keine Gegenwart kennt und deshalb auch keine Geschichte. Da die Menschheit sich für den Spätkapitalismus entschied, lag es nur in der Natur der Sache, alle Erwartungen zu setzen in eine Nation, welche als Erfinderin des fabrikmäßig betriebenen Massenmords und als Verursacherin zweier Weltkriege Geschichte machte. So ist dieses Buch eigentlich eines über den Drang, sich ins Verderben zu stürzen, ohne dass es den Anspruch erhöbe, diesen Drang wirklich begreifen zu können.