Freihandel vs. Saatgut-Souveränität
Sortenschutz und Saatgutrecht in Kolumbien und Peru im Kontext des Handelsabkommens mit der EU
Andreas Riekeberg
Fünf Jahre nach dem vorläufigen Inkrafttreten des Freihandelsabkommen zwischen der EU, Kolumbien und Peru ist es Zeit, in verschiedenen Bereichen Bilanz zu ziehen. Einer dieser Bereiche betrifft den Schutz geistiger Eigentumsrechte, die mit dem EU-Freihandelsabkommen – wie bei anderen Freihandelsabkommen ähnlichen Zuschnitts auch – über die Bestimmungen des TRIPS-Abkommens (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) der Welthandelsorganisation WTO ausgedehnt werden.
Eine solche, deshalb auch als „TRIPS-plus“ bezeichnete Anforderung des Freihandelsabkommens EU- Kolumbien/Peru bezieht sich auf den Rechtsschutz für Neuzüchtungen von Pflanzensorten, denn mit der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens verpflichteten sich die beiden Staaten dazu, die diesbezüglichen Anforderungen des UPOV-Übereinkommens (Union Internationale pour la Protection des Obtentions Vegetales) von 1991 in nationales Recht umzusetzen. Seit seiner Unterzeichnung im Jahre 1961 wurde das UPOV-Übereinkommen dreimal überarbeitet (1972, 1978 und 1991). Die Fassung von 1991 weitete die Züchterrechte zulasten der Rechte der Bäuerinnen und Bauern und deren Zugang zu Saatgut aus. Das Freihandelsabkommen EU-Kolumbien/Peru forciert – ebenso wie die bereits vorher in Kraft getretenen jeweiligen Freihandelsabkommen mit den USA – die Verankerung UPOV-konformer Züchterrechtsregelungen und ihre Durchsetzung in den beiden südamerikanischen Staaten, womit deren Möglichkeiten massiv beschränkt werden, den bäuerlichen Saatgutsystemen angepasste Regelungen zu entwickeln.
In dieser Studie wird den Fragen nachgegangen, wie die Regelungen der UPOV bezüglich Züchterrechte in Peru und Kolumbien implementiert wurden, wie diese zugunsten der internationalen Agrarchemie- und Saatgutkonzerne wirken, auf vielfältige Weise die traditionelle Landwirtschaft behindern und sowohl deren Funktionsweise als auch deren Zukunftsfähigkeit untergraben: angefangen durch die Definition dessen, was als „Sorte“ gilt, über die Bestimmungen, was die UPOV-Mitgliedsstaaten an Zulassungskriterien für Sorten aufstellen müssen, bis hin dazu, welche möglichen Voraussetzungen sie gerade nicht machen dürfen.