Geboren im Jahr 1933
Ein Erfahrungsbericht
Georg Martin Peters
Das Buch wendet sich an Jugendliche und Erwachsene, die sich ein wenig für unsere jüngere Vergangenheit interessieren. Deren Geschichtsbild wird oft verstellt durch Schlagworte wie „Das Naziregime war ein verbrecherisches Regime“ und „Was dort an Untaten verübt wurde, das darf sich nie wiederholen!“ Beide Aussagen sind nicht falsch, aber sie enthalten dennoch einen großen Fehler: Sie treffen zu für den historischen Rückblick auf die Nazizeit, aber nicht auf die Vorderansicht, auf die Erfahrungswelt der Zeitgenossen. Durch diesen Fehler erhält die heutige Vergangenheitsbewältigung eine schiefe Perspektive. Durch sie wurden die Eltern und Großeltern der sogenannten 68er zu Verbrechergenerationen abgestempelt, während die 68er selbst in eine falsche Selbstgewissheit versetzt wurden. „Unsere Großeltern waren Verbrecher, sie waren die Bösen, während wir uns niemals einer verbrecherischen Führung anvertrauen würden. Wir sind die Guten!“
Mit freier Presse in einem demokratischen Staat aufgewachsen fällt es den Heutigen schwer, sich in die damalige Zeit hinein zu versetzen. Neu war das Radio, durch das die Stimme der Führung in jede Wohnstube übertragen wurde, so dass eine zentral gelenkte Propaganda das Weltbild jedes einzelnen gestalten konnte.
Kriege gehörten wie selbstverständlich zum Leben dazu. Der Führer wie vorher der Kaiser oder König entschied darüber, ob Krieg oder Frieden herrschte. Jugendliche Männer wurden zum Kriegsdienst einberufen – ein Befehl, dem selbstverständlich Folge zu leisten war. Es war nicht Mordlust oder Kriegsbegeisterung, die die Menschen nach dem Jahr 1939 an die Front trieb. Eine Einberufung war etwas Tragisches. Ich hatte zwei Cousins. Beide wurden eingezogen; beide starben an der Front. Ich wurde nur verschont, weil ich vier Jahre jünger war.
Das Weltbild wurde durch die Propaganda beherrscht. Judenverfolgung oder sonstige Gräueltaten wurde da herausgehalten.
Nach dem schrecklichen Erlebnis des ersten Weltkriegs, nach Inflation und Weltwirtschaftskrise erlebten die Menschen die Befreiung aus Not und Elend. Die dreißiger Jahre waren für die Menschen eine Art Wirtschaftswunder. Es ging aufwärts! Jedenfalls schien es so.
Der demokratische Verfassungsstaat war den Deutschen nicht so selbstverständlich wie den Engländern und Franzosen. Deshalb erlebten sie den Führerstaat als eine hoffnungsvolle Zukunftsperspektive. Und er besaß für die Menschen einen selbstverständlichen Gegenwartscharakter. „Die Ausländer beneiden uns um unseren Führer!“ glaubten sie.
Es ist zu hoffen, dass die heutigen Selbstverständlichkeiten nicht ebenfalls auf tönernen Füßen stehen.