Verhalten von Hochstrom-Steckverbindungen mit Kontaktelementen bei kurzer Strombelastung
Toni Israel
In dieser Arbeit werden versilberte Hochstrom-Steckverbindungen mit Kontaktelementen betrachtet, die in der Elektroenergieversorgung bei Belastung mit Fehlerströmen im Bereich von 24 µs bis 5 s eingesetzt werden. Am Flach- und Rundeinbau der Kontaktelemente werden Kurzschlussversuche im Bereich von (0,01…5) s durchgeführt. Der Kurzschlussstrom erwärmt die Steckverbindung und die Kontaktelemente innerhalb dieser Zeit auf mehrere 100 °C und führt zu einer thermisch aktivierten Schädigung. Dabei baut sich die Kontaktkraft durch Spannungsrelaxation zum Teil ab, und es kann zum Verschweißen der Mikrokontakte und Blasenbildung durch lokales Ablösen der Beschichtung kommen. Bei einer zu starken Schädigung kann ein sicherer Betrieb der Steckverbindung nicht mehr sichergestellt werden. Daher werden für die Mechanismen der Schädigung Grenzwerte festgelegt und eine maximale Belastung definiert.
Ausgehend von den experimentellen Untersuchungen wird ein Berechnungsmodell auf Basis der Finiten-Elemente-Methode weiterentwickelt. Ein vereinfachtes Widerstandsmodell der Punktkontakte abhängig von Kontaktkraft und Kontakthärte bildet dabei das Verhalten der Mikrokontakte nach. Da das Verhalten der Kontakthärte bei starker Erwärmung im ms-Bereich nur unzureichend erforscht ist, werden aus Experimenten näherungsweise die benötigten Parameter bestimmt. Mit dem erweiterten Berechnungsmodell ist es möglich, die thermische Wirkung praktischer Kurzschlussversuche nachzubilden.
Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass die Höhe des Stoßstroms zu Beginn des Kurzschlusses einen entscheidenden Einfluss auf die maximale Erwärmung hat. Bei sehr hohen Stoßströmen am Anfang eines Kurzschlusses wird der Kontaktwiderstand stark reduziert. Für den weiteren Verlauf des Kurzschlusses entsteht in den Kontakten daher weniger Wärme, als wenn diese Reduktion nicht stattfindet. Das bedeutet, dass DC-Kurzschlüsse unter Umständen zu einer höheren thermischen Belastung und mechanischen Schädigung führen können als AC-Kurzschlüsse mit gleichem Effektivwert. Experimente bestätigen diese Theorie. Dies gilt allerdings nur, wenn der Stoßstrom nicht zum sofortigen Verschweißen der Kontakte führt.
Anhand der Erkenntnisse aus den Experimenten und Berechnungen werden Empfehlungen für die Auslegung und die Prüfung von Hochstrom-Steckverbindungen gegeben. Es zeigte sich, dass das für Prüfungen oft verwendete I2t-Kriterium bei Steckverbindungen nur sehr eingeschränkt anwendbar ist. Die Kurzschlussdauer kann damit nur um ca. (13…17) % verändert werden, ohne dass sich die Beanspruchung in der Prüfung unzulässig ändert. Alternativ schlägt die Arbeit das Ixt-Kriterium vor. Dieses lässt es bei bekannter Geometrie der Steckverbindung zu, einen Prüfstroms in einem vielfach größeren Zeitbereich einzustellen und erzeugt dabei eine vergleichbare thermische Beanspruchung oder mechanische Schädigung.
Ein Erwärmen der Steckverbindung auf die maximal zulässige Betriebstemperatur vor dem Kurzschluss, was beispielsweise bei einem Fehler im realen Betrieb stattfinden kann, hat einen vergleichsweise geringeren Einfluss auf die Erwärmung und die mechanische Schädigung. Hintergrund ist, dass die Vorerwärmung zu einer Reduktion der Kontakthärte führt und damit große Kontaktflächen erzeugt, die einen geringen Kontaktwiderstand haben. Hierdurch entsteht weniger Verlustleistung, was die Erwärmung der Steckverbindung reduziert.
Aus den gewonnen Erkenntnissen werden Empfehlungen für die Auslegung, Prüfung und die Modellierung des Kurzschlussverhaltens von Steckverbindungen mit Kontaktelementen für die Elektroenergieversorgung abgeleitet.