Entlang der Weisseritz
Reimar Börnicke, Wolfgang Thomas
Als am 12. August 2002 über dem östlichen Erzgebirge ein unheimlicher Regenhimmel die Schleusen öffnete und seine ungeheueren Wassermassen auf Wald und Wiesen entlud, wurde die Weißeritz in kurzer Zeit ein reißender, brauner, unbändiger Strom, der Straßen unterspülte, Eisenbahnschienen und Häuser wegriss und sich entsetzlich brüllend zu Tal stürzte. Die Talsperren drohten überzulaufen. Der Dresdner Hauptbahnhof stand unter Wasser. Mit diesem Horrorszenario wurde das ansonsten kleine Flüsschen Weißeritz mit seinen beiden Sprösslingen Rote Weißeritz und Wilde Weißeritz im Wortsinne über Nacht in ganz Deutschland bekannt und das Osterzgebirge Nachrichtenthema Nummer eins. Längst sind die schlimmen Wunden geheilt und die Weißeritz hat sich in ihre Flussläufe zurückgefunden.
Bevor sich die Geschwister Rote und Wilde Weißeritz zu einem Fluss vereinen, führen sie ein eigenwilliges Dasein. Während sich die eine über die Jahre ganz unmittelbar mit Dörfern und Städten angefreundet hat, Straßen, Bahngleise, Industrie und Landwirtschaft ihre Ufer säumen, hat die andere, die einst 22 Wassermühlen trieb, heute die Ruhe lieblicher Wälder und Wiesen zu Gesellen und so genügend Freiheit, sich zu dehnen und zu räkeln. In ihren frühen Tagen waren beide sehr arbeitsam. Sie trieben nicht nur Wassermühlen an, sondern schaukelten auch Holz auf ihrem Rücken aus dem Gebirge bis vor die Tore von Dresden. Zwar schleppten sie keine langen Flöße, sondern trugen tausende Stücke Scheitholz flussab, das herausgefischt, verkohlt und veredelt als bevorzugtes Brennmaterial in der Stadt und in den Schmelzhütten benötigt wurde. Doch diese Dienstbarkeit ging ab Mitte des 19. Jahrhunderts zurück und hatte sich mit der letzten Flößerei auf der Wilden Weißeritz 1875 erledigt.
Der vorliegende Bildband stellt das Gebiet der beiden Weißeritzen erstmal umfassend dar und gibt gleichzeitig eine Zeitreise zwischen den letzten Monaten der DDR und der Gegenwart wieder.