Das Qabusname
Ein Denkmal persischer Lebensweisheit
Wolfgang Knauth, Seifeddin Najmabadi
Das weit über die Zeit seiner Abfassung und über die Grenzen seines Entstehungslandes hinaus unter dem Namen „Qabusname“ bekannte, literarisch wie kulturgeschichtlich bedeutsame Werk heißt wörtlich „Buch der Ratschläge“, persisch „nasihat-name“. Sein Verfasser Kej Kawus wurde um 1021/1022 n.Chr. geboren und genoss die für die persischen Fürstensöhne seit Jahrhunderten vorgeschriebene Erziehung, bei der eine Synthese von ritterlichen und geistigen, vornehmlich religiösen Tugenden angestrebt wurde. Das überlieferte altiranische Ideal der Fürstenerziehung war in dieser frühislamischen Epoche offenbar noch durchaus lebendig.Geschichtlich greifbar ist der Großvater Qabus, dem zu Ehren das Buch wohl den Namen trug. Er führte den Ehrentitel Samso-l-Ma‘ali („Sonne der Hoheit“) und regierte die am Südufer des Kaspischen Meeres gelegenen Provinzen Gorgan und Tabarestan, die etwa den antiken Landschaften Hyrkanien und Tapurien entsprachen. Sie wurden von einer Bevölkerung bewohnt, die auch damals noch die altertümliche iranische Überlieferung hütete und von mehr oder weniger unabhängigen Kleinfürsten regiert wurde. Es handelt sich um die heutigen Regierungsbezirke (Ostane) Gilan und Mazandaran.Mit Recht werden der intime Ton des Werks und die reizvolle Schlichtheit der hübschen Anekdoten sowie die auf Schmuck verzichtende Einfachheit der Erzählkunst gerühmt. Die vorliegende Übersetzung des „Qabusname“ ist die erste in deutscher Sprache, die nach dem persischen Original vorgenommen wurde. Die einzige frühere deutsche Übersetzung des Orientalisten H. F. von Diez erfolgte aus dem Türkischen und wurde 1811 veröffentlicht. Schon Goethe beschäftigte sich bei seiner Begegnung mit dem klassischen Schrifttum der Perser unter der Führung H. F. von Diez eindringlich mit dem „Qabusname“. Der Beziehung des Dichters zu diesem so bedeutsamen Stück der persischen Literatur ist daher ein besonderes Kapitel gewidmet.