Gesta, Fama, Scripta
Rheinische Mirakle des Hochmittelalters zwischen Geschichtsdeutung, Erzählung und sozialer Praxis
Uta Kleine
Wunder, so fremd sie unserem heutigen szientizistischen Weltbild sein mögen, waren eine zentrale Kategorie vormodernen Glaubens und Denkens. Die schier unübersehbare Fülle des uns Überlieferten läßt zudem erkennen, daß wundertätige Wallfahrten zu lokalen Heiligen im Hochmittelalter zu einem Massenereignis wurden. Die Wunder waren eine mächtige soziale Tatsache, das Wunder ein universales Deutungsparadigma, mit dessen Hilfe außerordentliche Phänomene der eigenen Erfahrungswelt geordnet und gedeutet wurden.
Doch vom Wunderbericht führt kein direkter Weg zum Wunderereignis. Am Beispiel ausgewählter Fallstudien zu Mirakelsammlungen der Erzdiözese Köln geht diese Arbeit den verschlungenen Wegen des Wunders im Spannungsfeld von außerordentlichem Tatzusammenhang, mündlicher Erzählung und schriftlichem Bericht nach und deckt dabei die soziale Logik des Wundergeschehens auf, aber auch seine Bedeutung für die Formierung und Stabilisierung lokaler Lebenswelten, Herrschaftsgefüge und politischer Allianzen.