Kaiserliche Mußestunden
«Otia imperialia». Zweiter Halbband
Gervasius von Tilbury, Heinz Erich Stiene
Eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Heinz Erich Stiene Mehrere Jahrzehnte trug der aus einer englischen Adelsfamilie stammende Gervasius von Tilbury (um 1155/60 bis nach 1222) Stoff und Wissen für ein umfängliches Werk in drei Büchern zusammen, das er um 1215 dem deutschen Kaiser Otto IV. widmete, dessen Kanzleileiter und Marschall er unter anderem war. Ihn, einen Sohn Heinrichs des Löwen und Mathildes, der Tochter Heinrichs II. von England, hatte der weit gereiste Gervasius schon als Knaben am englischen Königshof kennengelernt. Enzyklopädischen Anspruch erheben die beiden ersten Bücher; sie bieten eine Abhandlung der Schöpfungsgeschichte nach dem Alten Testament sowie eine geographische Beschreibung der Welt und eine Darstellung ihrer Geschichte, in der Gervasius die antike Einteilung in mehrere aufeinanderfolgende Weltreiche übernimmt und mit dem Wissen eines hochmittelalterlichen Zeitgenossen ergänzt. Mirakelerzählungen gewidmet ist der dritte Teil. Darin hat Gervasius wundersame Begebenheiten, Aberglauben und Erscheinungen, vor allem Naturwunder und Sagenhaftes, aus seiner Zeit dokumentiert und damit der Volkskunde und Motivforschung unserer Tage einen reichen Schatz für den Volksglauben im hohen Mittelalter hinterlassen.