Jüdische Schicksale in und aus Rumänien

Jüdische Schicksale in und aus Rumänien von Bartfeld-Feller,  Margit, Bercovici,  Mirjam, Bercovici-Korber,  Mirjam, Bessler,  Isiu, Brenner,  Hedwig, Chaimowitsch-Hirsch,  Mali, Dachlika,  Sassona, Deleanu,  Iulia, Finkel,  Jewgenija, Gall,  Matei, Govrin,  Yosef, Gross,  Sidi, Hoisie,  Beno, Hoişie-Korber,  Sylvia, Horowitz,  Bernhard, Horowitz,  Laura, Kahana-Aufleger,  Lotti, Kassner,  Sidi, Konradowitsch Abraham,  Herman, Korber,  Mirjam, Kornis,  Geza, Likwornik,  Zvi Harry, Marcu,  Valeriu, Melzer,  Jacob, Oisteanu,  Andrei, Palty,  Sonja, Pauker,  Marcel, Rosenstock,  Wolf, Rudel,  Josef N, Rusu,  Victor, Schächter,  Klara, Schwarz-Kara,  Itzik, Voinea,  Andrei, Wenkert,  Emil, Wiehn,  Erhard Roy, Winkler,  Markus, Zwieback,  Jacques
Aus dem Vorwort von Erhard Roy Wiehn: … Antijüdische Strömungen gab es in Rumänien schon mindestens seit dem 19. Jahrhundert. Im Jahre 1930 lebten in Rumänien rund 722.000 Jüdinnen und Juden, d.h. 4% der Gesamtbevölkerung, wobei ihre tatsächliche Zahl etwas höher angenommen werden kann. Die rechtliche Gleichstellung der Juden 1919 bzw. 1923 verstärkte die antijüdische Bewegung im Land, die von Intellektuellen, etwa an der Universität von Iasi, vor allem aber von den "Legionären" der "Eisernen Garde" getragen wurde, "national-religiös" motiviert war und sich besonders gegen die Juden Bessarabiens und der Moldau richtete. Nach dem Beschluss der rumänischen Regierung vom 9. Juli 1940 wurden Juden aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Ab 16. Oktober 1940 erschienen Gesetze zur Enteignung und "Rumänisierung", d.h. etwa das, was in Deutschland "Arisierung" hieß; es kam vermehrt zu Ausschreitungen und am 22. und 23. Januar 1941 zu einem blutigen Pogrom in Bukarest. Am 29. Juli 1941, noch bevor Rumänien in den Krieg eingetreten war, wurde der schwere Pogrom in Iasi inszeniert, bei dem Tausende von Menschen starben (Jacques Zwieback S. 155 ff.). Am 13. Oktober 1941 wurde die jüdische Bevölkerung der Südbukowina nach Transnistrien deportiert (hier S. 43 ff u. viele weitere Beiträge). Nach der raschen Rückeroberung der seit 1940 sowjetisch besetzen Bukowina und Bessarabiens begann hier eine Judenverfolgung gewaltigen Ausmaßes, welche die obwaltenden antijüdischen Maßnahmen im rumänischen Kernland beinahe in den Schatten stellte. "Mit der stillschweigenden Zustimmung der Bukarester Regierung", so Andrei Corbea-Hoisie, "haben Einheiten der rumänischen Armee in Bessarabien und in der Nordbukowina kleinere und größere Pogrome organisiert, denen Tausende von Unschuldigen zum Opfer fielen." Die Absichten der Regierung Antonescu seien aber viel weiter gegangen: "Als Strafe für die vermeintliche Kollaboration der Juden mit den Sowjets sollte die ganze jüdische Bevölkerung aus Bessarabien und der Bukowina in die ukrainischen Territorien jenseits des Bug deportiert werden, der Anfang einer beabsichtigten Säuberung Rumäniens von allen seinen Juden. Da die Deutschen es ablehnten, die deportierten Juden zu nahe an die Front umzusiedeln, entschied man sich in einer deutsch-rumänischen Konvention vom August 1941, dass die Konzentrationslager für die Juden aus Bessarabien und der Bukowina in der Region zwischen Dnjestr und Bug, also in dem von der rumänischen Armee verwalteten sogenannten "Transnistrien" lokalisiert wer-den sollten."1 Raul Hilberg bemerkt, dass die Rumänen in "Transnistrien", der be-setzten damaligen südwestlichen Sowjet-Ukraine, mit größter Härte gegen die Juden vorgegangen seien: "In diesem Gebiet, genauer ge-sagt im Raum Odessa und Golta töteten die Rumänen (…) etwa 15.000 einheimische Juden. Außer Deutschland war kein anderes Land in Judenmassaker solchen Ausmaßes verstrickt." Am 8. Juli 1941 hatte "Staatsführer" Antonescu in einer Sitzung des Ministerrates erklärt, "dass heute ein günstiger Augenblick in unserer Geschichte besteht, um die Juden aus Bessarabien und der Bukowina zwangsauszusiedeln." Am gleichen Tag habe der Befehlshaber der Gendarmerie in Bessarabien, Oberst Meculescu, die Festnahme aller Juden in den ländlichen Gebieten der Provinz angeordnet: "In der letzten Juliwoche (1941) begannen die Rumänen in lokaler Initiative, etwa 25.000-30.000 Juden aus dem nordbessarabischen Raum über den Dnjestr hinweg in ein Gebiet abzuschieben, das seinerzeit noch deutsches Militär- und 'Interessengebiet' war."2 … 1 Andrei Corbea-Hoişie in: Mirjam Korber, Deportiert. Konstanz 1993, S. 23. 2 Raul Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden. (1961) 3 Bände, Frankfurt/M. 1990, S. 812 u. 823.
Aktualisiert: 2022-01-27
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Jüdische Mädchen und Frauen in der Schoáh

Jüdische Mädchen und Frauen in der Schoáh von Ahlfeld-Heymann,  Marianne, Auerbacher,  Inge, Bartfeld-Feller,  Margit, Baum,  Julie, Baum,  Norbert, Baum-Merom,  Gretel, Beck-Klein,  Grete, Bercovici-Korber,  Mirjam, Bernhard-Ithai,  Lilli, Bernheim-Friedmann,  Rachel, Blitzer,  Hanna, Bohny-Reiter,  Friedel, Büchler,  Else, Chaimowitsch-Hirsch,  Mali, Chuwis Thau,  Lili, Cwiakowska,  Anna, Dachlika,  Sassona, Davidson-Rosenblatt,  Bronia, Decker,  Ingrid, Ernst-Drori,  Edith, Felix,  Ruth, Finkel,  Jewgenija, Freudenberg-Hübner,  Dorothee, Gross,  Sidi, Hempel,  Olga, Hoişie-Korber,  Sylvia, Jungmann-Bradt,  Tutti, Kahana-Aufleger,  Lotti, Kahn,  Selma, Kassner,  Sidi, Klein,  Zelma, Korber,  Mirjam, Kounio-Amariglio,  Erika, Levy-Rosenberg,  Jeanne, Liefmann,  Else, Liefmann,  Martha, Meiri-Minerbi,  Haya, Mühlfelder-Bravmann,  Beatrice, Müller,  Therese, Ornstein,  Anna, Potuckova-Taussigova,  Jarmila, Rajk,  Klara, Randall,  Marga L, Rubin,  Evelyn Pike, Ruda,  Nava, Schächter,  Klara, Shinar,  Lea, Wajsbort,  Inka, Weiss-Balazs,  Agnes, Wicki-Schwarzschild,  Hannelore, Wicki-Schwarzschild,  Margot, Wiehn,  Erhard Roy, Zelmanowicz Olewski,  Rachela, Zin,  Basja
Vorwort: Durch Vorhöllen und Höllen Marianne Ahlfeld-Heymann: Von Köln durch Gurs nach Haifa (1994) Inge Auerbacher: Alptraum Theresienstadt und danach (2005) Margit Bartfeld-Feller: Mama Cilly in Sibirien verschonen (2009/15) Margit Bartfeld-Feller: Schulfreundin Selma in Czernowitz (2013) Gretel Baum Merom: Von Frankfurt/M. nach Erez Israel (1996/2011) Julie u. Norbert Baum: Elternbriefe an den emigrierten Sohn (2011) Grete Beck-Klein: Von Wien über Schanghai nach Haifa (1997) Mirjam Bercovici-Korber: Famlienschicksale in Rumänien (1996) Mirjam Bercovici: Alte jüdische Menschen in Bukarest (1998) Lilli Bernhard-Ithai: Von Berlin über Brüssel in die Schweiz (1999) Rachel Bernheim-Friedmann: Durch die Hölle von Auschwitz (2002) Hanna Blitzer: Deutsch schreiben in Israel (2008) Friedel Bohny-Reiter: Tagebuch im Camp Rivesaltes (1995/2010) Else Büchler: Mit Angst und Mut in Konstanz überlebt (2019) Mali Chaimowitsch-Hirsch: Bukowina, Transnistrien, Israel (1999) Anna Ćwiakowska: Verstecken vor dem Tod in Polen (2003) Sassona Dachlika: Als "Volksfeinde" nach Sibirien deportiert (2002) Bronia Davidson-Rosenblatt: Aus Polen n. Sibirien verbannt (2000) Ingrid Decker: Jüdisches Exil in Mexiko und der Karibik (2011) Edith Ernst Drori: In der Slowakei des Lebensrechts beraubt (2000) Ruth Felix: In Theresienstadt u. durch die Hölle v. Auschwitz (1995) Jewgenija Finkel u. Winkler: Juden aus Czernowitz (2004) Dorothee Freudenberg-Hübner: Deportierte in Frankreich (1993) Sidi Gross: Zeitzeugin in Czernowitz und Israel (2005) Olga Hempel: Lebenserinnerungen einer jüdischen Ärztin (2005) Sylvia Hoişie-Korber: Zur Vertreibung aus der Bukowina (1993/95) Tutti Jungmann-Bradt: Die Bradts in Berlin (1999) Lotti Kahana-Aufleger: Von Czernowitz nach Transnistrien (2009) Selma Kahn: Der Weg ins Dritte Reich (2002) Sidi Kassner: Von Czernowitz durch Sibirien nach Israel (2008) Zelma Klein: Aus d. Slowakei durch Auschwitz nach Bergen-B. (2006) Mirjam Korber: Aus d. Bukowina n. Transnistrien deportiert (1993) Erika Kounio-Amariglio: Von Saloniki n. Auschwitz u. zurück (2001) Jeanne Levy-Rosenberg; Durch die Hölle von Auschwitz (2000) Martha u. Else Liefmann: Von Freiburg durch Gurs i.d. Schweiz(95) Haya Meiri-Minerbi: Juden im slowakischen Kesmark (2002) Beatrice Mühlfelder-Bravmann: Fort von Konstanz 1938 (1995) Therese Müllers Leben und Leiden als ungarische Jüdin (2014) Rachela Zelmanowicz Olewski: Im Mädchenorchester (2018) Anna Ornstein: Aus Ungarn in die Versklavung u. Befreiung (2001) Jarmila Potůčková-Taussigová: Jüdische Schicksale in Böhmen (2000) Klára Rajk: In Budapest überlebt und über Israel nach Belgien (2000) Marga L. Randall: Wie erst gestern geschehen in Schermbeck( 1997) Evelyn Pike Rubin: Aus Breslau ins Ghetto Schanghai (2002) Nava Ruda: Zum ewigen Andenken der Leiden in Polen (2000) Klara Schächter: Woss ich hob durchgelebt in Transnistrien (1996) Lea Shinar: Wie ein Becher Tränen in Polen (1999) Lili Chuwis Thau: Ein schaurig-schönes Schicksal in Galizien (2016) Inka Wajsbort: Im Angesicht des Todes in Oberschlesien (2000) Agnes Weiss-Balazs: Siebenbürgen, Auschwitz, Ravensbrück (2005) Hannelore u. Margot Wicki-Schwarzschild: In Gurs u. Rivesaltes (2011) Basja Zin: Wie ein grauenhafter Traum in Lettland (1998)
Aktualisiert: 2021-07-14
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Vergiss nicht

Vergiss nicht von Bercovici-Korber,  Mirjam, Rosenstock,  Wolf, Wiehn,  Erhard Roy
Aus dem Nachwort der Zeitzeugin Frau Dr. Mirjam Bercovici-Korber: Dass es wirklich wahr ist Nachwort zu Wolf Rosenstocks Notizen aus Dschurin Ich, Mirjam Korber (Bercovici), bin eine der noch sehr wenigen Überlebenden des Ghettos von Dschurin und habe mein Tagebuch vor vielen Jahren im Hartung- Gorre Verlag (Konstanz) veröffentlicht, herausgegeben von Professor Erhard Roy Wiehn: Deportiert – Jüdische Überlebensschicksale in Rumänien 1941-1943. Aus dem Rumänischen von Andrei Hoişie (1993). Zunächst dachte ich, dass ich Wolf Rosenstock kannte. Doch bin ich nicht sicher, weil ich mich nicht mehr an Einzelheiten erinnere. Aber es kommt mir vor, dass die beiden Tagebücher, seines in Deutsch und meines in Rumänisch, sehr ähnlich sind. Natürlich ist die Chronik Das vergiss nicht von einem sehr gebildeten und erwachsenen Menschen geschrieben. Ich aber war damals 18 Jahre alt, hatte die Schule ein Jahr zuvor verlassen müssen. Die Geschehnisse und auch viele Ausdrücke und Gedanken und sind dieselben. Wolf Rosenstocks Chronik von Dschurin ist vollständiger, weil sie auch Aufzeichnungen über die Atmosphäre vor der Deportation enthält, und sie ist genauer bezüglich der Situation der sozialen Schichten im Ghetto, bezüglich der Macht der rumänischen Gendarmen, der ukrainischen und jüdischen Miliz, der jüdischen Kultusgemeinde, usw. Beide Tagebücher sind mit Bleistift geschrieben und beide nur bis Oktober 1943, beide enden mit der gleichen Resignation: Es hat keinen Sinn zu schreiben – für wen und wozu? Seither sind so viele Jahre vergangen, und ich persönlich habe manchmal das Gefühl, dass nicht mir und nicht in meinem Leben die Deportation und die Qualen im Ghetto geschehen sind. Aber indem ich lese, was Wolf Rosenstock aufgeschrieben hat, sehe ich, dass es wirklich wahr ist, und dass es – Gott behüte – wieder geschehen kann. Bukarest, 3. August 2020
Aktualisiert: 2020-12-03
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Exkursionen in die Vergangenheit

Exkursionen in die Vergangenheit von Bercovici-Korber,  Mirjam, Corbea-Hoisie,  Andrei, Hoişie-Korber,  Sylvia, Wiehn,  Erhard Roy
In ihrem neuen Buch, das sich als "Intervention" zur Debatte über "Das neue Unbehagen an der Erinnerungskultur" versteht, erwähnt Aleida Assmann u.a. jenen von Reinhart Koselleck zugespitzten Vorwurf der Berufshistoriker an die Zeitzeugnisse, die sich auf dem menschlichen Erinnern stützen: ihrer "Subjektivität" und "Emotionalität", von denen einen gradliniger Weg zur "Ideologie" und zum "Mythos" führe, setzte Koselleck die "Objektivität" und die "Distanz" der Geschichtsschreibung entgegen, die den Zugang zur "Wahrheit" garantieren könnten. Dieser vermeintlichen Dichotomie, die sie bloß für "platt" hält, erwidert die Konstanzer Kulturwissenschaftlerin dadurch, dass sie gerade dem individuellen und kollektiven Gedächtnis die Rolle zuschreibt, "der Masse des historischen Wissens Leben einzuhauchen in Form von Bedeutung, Perspektive und Relevanz". Selbstverständlich müsste man, laut Aleida Assmann, auch die Konstruktionen des Gedächtnisses in ihrem unmittelbaren Gegenwartsbezug kritisch überprüfen, aber dies würde keinesfalls die Tatsache beeinträchtigen, dass gerade "im Medium der Erinnerung […] man sich in der Gegenwart für die Zukunft gemeinsam Ziele [setzt]". Eine derartige theoretische Erörterung ermutigt mich, zu behaupten, dass die zwanzig Jahre, die seit der ersten Drucklegung (in deutscher Sprache und dann in rumänischer Originalfassung) des vorliegenden Tagebuchs, das die Adoleszentin Mirjam Korber aus dem rumänischen Câmpulung (Kimpolung) zwischen 1941–1943 in der transnistrischen Verbannung geführt hatte, nicht "umsonst" vergangen sind. Diese Schrift, zusammen mit einer ganzen Reihe ähnlicher Zeugnisse, wirkte im Laufe der vergangenen Dezennien tatsächlich "gesellschaftsbildend": nicht nur weil im gegenwärtigen Rumänien und ebenso im deutsch-sprachigen und westeuropäischen Raum das öffentliche Wissen um die lange – aus verschiedenen Gründen – unterdrückte Episode der Verschleppung und Ermordung rumänischer Juden in Transnistrien während des Zweiten Weltkriegs sich (auch) dadurch bereicherte und befestigte, sondern auch weil die bisher ausgebliebene Befragung der Opfer zu einer tiefen und radikalen Umbildung des kollektiven Bewusstseins und dessen moralischen Bewertung dieser zu bewältigenden Vergangenheit beitrug. Nicht zufällig wuchs dann das Interesse der Historiker für diesen in vielen Aspekten noch unerforschten "Stoff" – ein Interesse, das 2003 in der Einberufung jener von Elie Wiesel geleiten internationalen Kommission von Fachleuten gipfelte, die den als offizielles Dokument des rumänischen Staates angenommenen Bericht über den Holocaust in Rumänien anfertigte. Es war immerhin undenkbar vor zwanzig Jahren, dass rumänische Jugendliche aufgrund von speziell redigierten Lehrbüchern über die Geschichte der Schoáh in den jetzigen Schulen unterrichtet werden. Unter den "Funken", die im Dienste einer solchen einleuchtenden Entwicklung standen, die ebenfalls die Hoffnung auf eine historisch verantwortungsvollere Zukunft der in Europa integrierten rumänischen Gesellschaft hegt, befand sich zweifelsohne auch die frühe Publikation von Schriften von der Art des transnistrischen Tagebuchs von Mirjam Korber. Diese in der eigenen Familie beharrlich gepflegte "Erinnerungskultur", die mein Weltverständnis tief geprägt hatte, blieb nicht ohne Folgen in der Auswahl der Themen und der Schwerpunkte, denen ich meine Arbeit als Germanist und Historiker gewidmet habe. Die erneute Lektüre des Tagebuchs meiner Tante und der Erinnerungen meiner Mutter an die Deportation habe ich diesmal von dem überwältigenden Eindruck nicht trennen können, die auf mich die Sammlung der von Benjamin Grilj im Czernowitzer Archiv entdeckten und heuer edierten Briefe aus Transnistrien machte. Die durch das Spiel des Zufalls gebündelte Korrespondenz, die im Herbst 1941 bei einem aus Mohyliw zurückkehrenden Überbringer von den rumänischen Behörden beschlagnahmt wurde, lässt sich als eine Stichprobe der menschlichen (historisch, soziologisch und psychologisch bedeutsamen) Verzweiflung ohnegleichen auswerten. Die brutale und für die Menschen unerklärliche Schicksalswende, die sie aus ihrem bürgerlichen Alltag riss und von heute auf morgen in zu einem langsamen Tod verurteilte "Unpersonen" verwandelte, das Unbegreifen, dass ein solcher "kultureller" Bruch in einer Welt, der sie sich zugehörig fühlten, geschehen und sie betreffen konnte – man erinnere sich an die allgemeine Blendung der Figuren aus dem Aharon Appelfelds Roman Badenheim, die auch beim Besteigen der Waggons, die sie in die Lager wegtransportieren sollten, diese die Vernunft trotzende Wirklichkeit nicht wahrnehmen wollten – haben u.a. auch den anständigen Apotheker Garaj (vgl. S. 25 u. 51 f.) aus Câmpulung (Kimpolung), von dem die beiden Zeugnisse in dem vorliegenden Buch erzählen, in den Wahn getrieben. Dieser narrative Höhepunkt markiert aus meiner Sicht jenen dramatischen Augenblick in der Existenz der zu Unrecht Vertriebenen, als sie zwischen unheilbarer Entmutigung und dem Hoffnung stiftenden Lebenswillen zu entscheiden hatten. Die Stimmen der Überlebenden sind heute immer weniger geworden, jedoch gerade wegen des allmählichen Verschwindens der Zeitzeugen, wodurch die Judenverfolgung während des Zweiten Weltkriegs – so neulich der Historiker Norbert Frei – aus der "Zeitgeschichte" endgültig herausfallen wird, werden die Aufgaben der Geschichtsschreibung bei der Handhabung der geerbten "Erinnerungskultur" von Tag zu Tag anspruchsvoller und komplexer. Die in der Reihe "Schoáh & Judaica" aufbewahrten Zeugnisse und Dokumente zur transnistrischen "Episode" in der Geschichte Rumäniens und Europas stellen damit eine unerschöpfliche Quelle für jene Historiographie dar, die mit den Worten Walter Benjamins "nicht allein eine Wissenschaft, sondern nicht minder eine Form des Eingedenkens ist".
Aktualisiert: 2020-03-17
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