TOEGYE, eigentlich Lee Hwang oder Yi Hwang, geboren 1501 in Ongyeri bei Andong, Provinz Kyongsanpukdo, war der jüngste von sieben Brüdern und einer Schwester. Schon als kleiner Junge brachte ihm sein Onkel Yi-Ho die Lehrgespräche 'Lunyü' von Konfuzius näher. Und er begeisterte sich für die Gedichte des großen chinesischen Dichters Do Yeonmyong (365-427), auch Tao Yuanming oder Tao Qian genannt, des berühmten Meisters der fünf Weiden. So eiferte er ihm nach und schrieb seine ersten Gedichte. Mit 14 Jahren entstand beispielsweise sein Hanshi-Vierzeiler 'Der Krebs', der den 'Auftakt' in dieser chronologischen Werkauswahl bildet. Als er 20 Jahre alt war, vertiefte er sich in das 'Buch der Wandlung' (I Ching) und setzte sich mit neokonfuzianischen Schriften auseinander. Er verließ seine Heimat im Südwesten der koreanischen Halbinsel und ging 1523 zum Grundstudium der Geisteswissenschaften nach Seoul, das er 1528 mit der Jinsa-Prüfung abschloß. Er begann im Anschluß daran seine Amtslaufbahn als Inspektor und war 'Im Dienst der Königs unterwegs', wie das zweite Kapitel lautet. Er bereiste dabei mehrere Provinzen und besuchte die geschichtsträchtigen Ortschaften berühmter Dichter und Gelehrter, worüber er bisweilen gerne schrieb.
Mit 33 Jahren lebte er erneut in Seoul und legte im Folgejahr die geisteswissenschaftliche Staatsprüfung in Literatur, Geschichte und Philosophie ab, die ihn zum gehobenen Dienst in der königlichen Regierung der Choson-Dynastie befähigte. Als seine Mutter starb, kehrte er in das Dorf seiner Kindheit zurück und trauerte drei Jahre, bevor er mit 39 Jahren seine königlichen Amtsgeschäfte wieder aufnahm. Er verabscheute die machthascherischen Intrigen am Königshof – einer seiner Brüder wurde ein Opfer einer großangelegten politischen Säuberungsmaßnahme – und war für seine moralische Integrität und unbestechliche Diensttreue bekannt, zumal er zu unterschiedlichen Anlässen die Hauptstadt verließ, um seine festen Grundsätze weiterhin wahren zu können. Mit 43 Jahren genoß er ein Freijahr – 'Die Zeit im Lesehaus', wie das zweite Kapitel heißt, in dem er sich am Rand der Hauptstadt weiterbilden sollte und vom König mit allerlei Speisen und Trank beliefert wurde. Seine poetischen und philosophischen Zwiegespräche mit chinesischen und koreanischen Klassikern spiegeln sich gerade in jenen Gedichten wider. Aber vor allem wuchs die innerer Zwiespältigkeit, sowohl Dichter und Philosoph, der allzugerne in der ländlichen Heimat leben möchte, als auch königlicher Amtmann im Bann der Hauptstadt zu sein. Schließlich zog er sich mit 49 Jahren in 'Das ersehnte Landleben' zurück, wie das dritte Kapitel überschrieben ist.
Toegye folgte seinem großen Vorbild Konfuzius, um als Privatgelehrter zurückgezogen in seiner Heimat zu leben. Dort gründete er in Dosan bei Andong die Privatakademie 'Dosan-Seowon' für konfuzianisches Gedankengut, die dann als 'Toegye-Schule des Denkens' bekannt wurde und vier Jahrhunderte eine führende koreanische Akademie war. Bis zu seinem Tod 1570 wurde Toegye wiederholtermaßen zu immer höheren Ämtern berufen, aus denen er sich regelmäßig alsbald wieder entlassen ließ. Im Verlauf seines bewegten Lebens diente er den folgenden vier Königen: Jungjong (1506–1544), Injong (1544–1545), Myeongjong (1545–1567) und Seonjo (1567–1608). Er zählt mit dem jüngeren Dichter und Philosophen Yulgok (1536-1584), eigentlich Lee Sukheon oder Yi I, zu den großen Denkern des koreanischen Neokonfuzianismus und gleichzeitig zu den bedeutenden koreanischen Dichtern des 16. Jahrhunderts, die ihre Werke noch mit chinesischen Zeichen schrieben, die erst später in koreanischen Lautzeichen transkribiert worden sind, danach ins Koreanische. Sein Werk umfaßt mehr als zweitausend Gedichte und mehrere hundert philosophische Schriften. Für diese Werkauswahl haben Doo-Hwan und Regine Choi die Textgrundlage akribisch erarbeitet, aus der die deutsche Fassung anschließend entstanden ist. Nun können 53 Gedichte des koreanischen Denkers Toegye erstmals hier entdeckt und bekannt werden.
Eine bemerkenswerte Eigenheit seiner Poetik ist die Lehre des Pung ryu do, 'der Kern der drei Lehren, nämlich Konfuzianismus, Buddhismus und Daoismus' (Choi Chi Un), eine tiefsinnige koreanische Naturphilosophie, deren traditionelle Spuren Toegye nicht allein nur sucht, sondern selbst als Pungryudo-Meister gestaltet und vorlebt, was ihm besonders im vierten Kapitel 'Lehrer in der Heimat' gelingt. Dabei verquicken die poetischen Motive der Gestaltlosigkeit, Abgeschiedenheit und Vervollkommnung durch Nichttun des Daoismus, der großen Leere und des Sitzens im leeren Raum der zen-buddhistische Betrachtung mit jener Klarheit und wachen Helle der konfuzianischen Erkenntnis. Er versöhnt sozusagen die Rationalität Li mit der Lebensenergie Qi und erlangt ein metaphysisches Herzdenken, das sowohl ethische als auch ästhetische Früchte nach sich trägt. Toegye spricht mitunter in der Stimme des Wassers oder der Pflaumenblüte und verleiht Felsen, Hochtälern und Flüssen neue Bezeichnungen, die noch heute gelten. Interessant sind zudem die Pavillon-Gedichte, die einerseits den Namen im Titel führen und andererseits eine landschaftsverbundene Architektur aufweisen, die mit den Jahreszeiten und augenblicklichen Naturereignissen als Lebensraum der Poesie korrespondiert. Nicht allein den Denker Toegye, sondern gerade auch den Dichter Toegye gilt es zu beachten.
Tobias Burghardt (Jadeperlen)
Aktualisiert: 2020-02-09
> findR *
GUSTAVO PEREIRA gehört zu den großen lateinamerikanischen Lyrikern der Gegenwart. Der venezolanische Dichter wurde im vergangenen Sommer mit der höchsten poetischen Auszeichnung der spanischsprachigen Welt geehrt, dem renommierten Internationalen Lyrikpreis Víctor Valera Mora vom Zentrum für Lateinamerika-Studien Rómulo Gallegos (Celarg), das auch den traditionellen Romanpreis Rómulo Gallegos auslobt. In der Begründung der Preisjury hieß es: 'ein Dichter wundersamer Epiphanien wie der poetischen Erfindung der Somaris – eine inspirierte und erleuchtende Gedichtform, die das vordergründig Ästhetische mit einer humanistischen Haltung, tiefer Weisheit, ironischen Tupfern und Erotik durchdringt'.
Gustavo Pereira, geboren am 7. März 1940 in Punta de Piedras, Isla Margarita, wechselte in der Kindheit und Jugend mit seiner Familie mehrmals den Wohnort, mit fünf Jahren nach Puerto la Cruz, mit zwölf nach Maracaibo, wo er seine ersten Gedichte schrieb, und ein Jahr später wieder zurück nach Puerto la Cruz, wo er im nahegelegenen venezolanischen Barcelona weiter zur Schule ging, bevor er als Achtzehnjähriger in der Hauptstadt Caracas das Abitur ablegte und danach Jura und Literatur studierte. Als junger Anwalt verteidigte er in den turbulenten sechziger Jahren Arbeiter, Gewerkschaften und politische Häftlinge, veröffentlichte seine frühen Gedichtbände, für die er mehrere Lyrikpreise venezolanischer Universitäten erhielt, und wurde Mitbegründer der einflußreichen Zeitschrift 'Trópico uno'. 1970 wurde ihm der Lateinamerikanische Poesiepreis der Zeitschrift 'Imagen' zugesprochen. In jener Zeit entwickelte er poetologisch 'ein kleines, fähiges Instrument, um es mit dem Scharfsinn, den diese vielschichtige Gesellschaft verlangt, zu lesen.' Gustavo Pereira erfand dafür das Neuwort 'Somari': 'Mit diesem Wort wollte ich einen Gedichttypus benennen, der durch seine Kürze und zugleich durch seine Ungezwungenheit, seine Spontaneität gekennzeichnet ist.' Sowohl Erkenntnis als auch Erleben, Imagination, Rätsel, Traum, Wissen, Liebe und Erfahrung verschmelzen im Somari zur poetischen Möglichkeitsform und Gestaltfreiheit.
1982 promovierte er beim argentinisch-jüdischen Dichter, Essayisten und Humanisten Saúl Yurkievich an der Université Paris VIII Vincennes-Saint Denis in lateinamerikanischer Literatur und lehrte danach zwei Jahrzehnte venezolanische und hispanoamerikanische Literatur an der Universidad de Oriente in Barcelona, Anzoátegui. Sein Engagement als Dichter führte ihn 1999 als unabhängigen Kandidaten in den Nationalkongreß, der zur verfassungsgebenden Nationalversammlung wurde, in der er als Abgeordneter die kulturellen und indigenen Grundrechte in der Präambel zur neuen demokratischen Verfassung Venezuelas festschrieb.
Im Jahr 2000 wurde er mit dem Nationalpreis für Literatur gewürdigt. Die Literaturbiennale der Karibikinsel Margarita trägt seinen Namen. Gustavo Pereira hat inzwischen mehr als dreißig Lyrikbände veröffentlicht, darunter befinden sich leitmotivisch annähernd 500 Somaris aus über 40 Jahren, verstreut auf bislang elf Einzeltitel, aus all denen rund die Hälfte hier erstmals zum eingehenden Kennenlernen vorliegt.
Der Begriff 'somari' kann als Symbiose der Wörter 'soma' (Körper), 'mar' (Meer) und 'Mari', ein Frauenname, der aus der vorchristlich baskischen Mythologie stammt, gelesen werden und verbindet gleichsam metaphorisch die Grundelemente seiner zeitgenössischen Poetik, die sowohl wortmächtig als auch wortkarg mit sanften, aber zugleich subversiven Perspektivwechseln zu überraschen weiß. Auch das französische Adjektiv 'sommaire' beschreibt jene minimalistische und lakonische Blickrichtung: einfach, schlicht, flüchtig, kurz- bzw. zusammengefaßt. Bisweilen erinnern die Somaris mit ihrer universalen Strahlkraft an fernöstliche Lyrikminiaturen, obwohl keinerlei metrische oder spezifische Merkmale übereinstimmen, an Gedichte der Tang- und Ming-Dynastien, an die indigene Poesie, an arabische, persische und afrikanische Gedichttraditionen, ebenso wie an antike Texte, etwa des lateinischen Dichters der Iberischen Halbinsel Marcus Valerius Martialis oder auch Catulls, und mancherlei ost- wie westeuropäische Klassiker der Moderne, die er neben den großen lateinamerikanischen Dichtern wie Rubén Darío, Vicente Huidobro, Pablo Neruda, César Vallejo, Nicanor Parra, Octavio Paz, Roberto Juarroz, Juan Gelman und José Emilio Pacheco mit Begeisterung las.
Zu seinen Publikationen zählen zudem historische Schriften, indigene Forschungen und ein magischer Gedichtzyklus mit dem Titel 'Emeruk' (Lieder) in der Sprache der Pemón-Indios aus der Großen Savanne im Süden Venezuelas.
Seine Werke wurden ins Arabische, Englische, Französische, Italienische, Portugiesische und Koreanische übersetzt. Die originäre Poesie des venezolanischen Dichters Gustavo Pereira schreibt sich in das universelle 'Konzert' der Stimmen ein: 'Sie alle schrieben das BUCH miteinander' (Gonzalo Rojas).
Tobias Burghardt (Biogramm)
Aktualisiert: 2020-02-09
> findR *
MEHR ANZEIGEN
Bücher von Burghardt, Tobias & Juana
Sie suchen ein Buch oder Publikation vonBurghardt, Tobias & Juana ? Bei Buch findr finden Sie alle Bücher Burghardt, Tobias & Juana.
Entdecken Sie neue Bücher oder Klassiker für Sie selbst oder zum Verschenken. Buch findr hat zahlreiche Bücher
von Burghardt, Tobias & Juana im Sortiment. Nehmen Sie sich Zeit zum Stöbern und finden Sie das passende Buch oder die
Publiketion für Ihr Lesevergnügen oder Ihr Interessensgebiet. Stöbern Sie durch unser Angebot und finden Sie aus
unserer großen Auswahl das Buch, das Ihnen zusagt. Bei Buch findr finden Sie Romane, Ratgeber, wissenschaftliche und
populärwissenschaftliche Bücher uvm. Bestellen Sie Ihr Buch zu Ihrem Thema einfach online und lassen Sie es sich
bequem nach Hause schicken. Wir wünschen Ihnen schöne und entspannte Lesemomente mit Ihrem Buch
von Burghardt, Tobias & Juana .
Burghardt, Tobias & Juana - Große Auswahl an Publikationen bei Buch findr
Bei uns finden Sie Bücher aller beliebter Autoren, Neuerscheinungen, Bestseller genauso wie alte Schätze. Bücher
von Burghardt, Tobias & Juana die Ihre Fantasie anregen und Bücher, die Sie weiterbilden und Ihnen wissenschaftliche Fakten
vermitteln. Ganz nach Ihrem Geschmack ist das passende Buch für Sie dabei. Finden Sie eine große Auswahl Bücher
verschiedenster Genres, Verlage, Schlagworte Genre bei Buchfindr:
Unser Repertoire umfasst Bücher von
- Burghart, A.
- Burghart, Axel
- Burghart, Claudia
- Burghart, Dagmar
- Burghart, Diether
- Burghart, Gerd
- Burghart, Gert
- Burghart, Heinz
- Burghart, Manu
- Burghart, Martin
Sie haben viele Möglichkeiten bei Buch findr die passenden Bücher für Ihr Lesevergnügen zu entdecken. Nutzen Sie
unsere Suchfunktionen, um zu stöbern und für Sie interessante Bücher in den unterschiedlichen Genres und Kategorien
zu finden. Neben Büchern von Burghardt, Tobias & Juana und Büchern aus verschiedenen Kategorien finden Sie schnell und
einfach auch eine Auflistung thematisch passender Publikationen. Probieren Sie es aus, legen Sie jetzt los! Ihrem
Lesevergnügen steht nichts im Wege. Nutzen Sie die Vorteile Ihre Bücher online zu kaufen und bekommen Sie die
bestellten Bücher schnell und bequem zugestellt. Nehmen Sie sich die Zeit, online die Bücher Ihrer Wahl anzulesen,
Buchempfehlungen und Rezensionen zu studieren, Informationen zu Autoren zu lesen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
das Team von Buchfindr.