Seele in Not

Seele in Not von Geest,  Zanne van den
Als das Telefon früh morgens um sieben klingelt, ahne ich gleich nichts Gutes. Michaels Nachbarin bittet um Hilfe. Keine zehn Minuten später betrete ich Michaels Wohnung und erstarre. Michael sitzt, völlig verschreckt und zitternd auf der Couch. Hält die Hände abwehrend vor sich. Murmelt immer wieder, dass er wohl vom Teufel besessen ist, dass er Angst hat, nicht weiß, wo er nun hin soll. Er schaut mich mit weit aufgerissenen Augen an. Was auch immer hier passiert sein mag, das Endergebnis ist eine Katastrophe. Michaels Leben ist aus den Fugen geraten. Das Immunsystem seiner Seele hat versagt. Seele in Not. Nichts könnte die Gefühlslage eines Menschen, der an Depression leidet, passender umschreiben. Hilfe? Wie und wo kann die stattfinden? Verständnis. Wie lange kann man es haben? Wut? Darf man diese fühlen? Soll man Kontakt halten? Wenn ja, wie viel? Lieber nicht? Was dann? Wo bekommt man schnelle Hilfe? Fragen über Fragen. Wir alle, Eltern, Angehörige und Freunde verlieren ebenfalls den Boden unter den Füßen. Wir alle werden katapultartig aus unserem gewohnten Leben geschleudert. Mit der neuen und harten Realität konfrontiert. Und wir werden alle, unabhängig voneinander, die Erfahrung machen, dass wir mit unseren Nöten, der Verzweiflung, der Trauer, der Ratlosigkeit, der Wut und der Hilflosigkeit ziemlich alleine sind. Wir durchleiden jedes Tief hautnah mit. Wir wollen helfen, unterstützen und sind doch in unserer Hilflosigkeit auch schier am Verzweifeln. „Ich will nicht mehr leben.“ Nur ein Satz. Zitternd sind wir alle voller Angst durch diese Tage gegangen. Haben uns vor Angst übergeben. Und konnten doch nur abwarten. Hilflos. Und hoffen, dass Michael sich nichts antut. Er irgendwie durchhält. Wie oft haben wir Robert Enke verflucht. Nein, nicht ihn, eher seine Entscheidung, sein Leben auf den Zuggleisen zu beenden. Michael kann von seinem Klinikbett aus einen Zug vorbeifahren sehen. Jeden Tag, wenn er alleine und verzweifelt draußen seine Runden dreht, kommt er an den Bahngleisen vorbei. Ruft mich an, weiß nicht, ob man sich längs oder quer davor legen muss. Ich höre den Zug kommen und mein Herz bleibt stehen. Angst frisst meine Seele auf. Mein Herz schlägt bis zum Anschlag. Der Zug fährt vorbei. Wie oft hat uns Michaels Verhalten an den Rand unserer Kräfte getrieben. Und doch ist er gefangen in ihrer Krankheit. Alle Diagnosen haben wir schon auf dem Papier stehen. Depression, Verdacht auf Schizophrenie, Burn out. Aber erst im elften Jahr seines langen Leidensweges stoßen wir durch Zufall auf die Diagnose, die die Wende bringen sollte. Dass es im Durchschnitt zehn bis zwölf Jahre dauert, bis diese Diagnose im Normalfall bestätigt wird, tröstet uns nicht. Zuviel wertvolle Lebenszeit ist verstrichen. Zu lang der Leidensweg durch all die Kliniken in diesen Jahren. Die Verursacher der Krankheit sind meist genetische, biologische und psychosoziale Komponenten. Niemand vermag bis heute mit Sicherheit zu sagen, ob die Medikamente letztendlich zur Heilung führen oder es die Macht über die eigenen Gedanken ist, die wieder ins Leben zurück führt. Wahrscheinlich ist es auch eine Mischung aus beiden Faktoren. Was ich aber mit Sicherheit weiß ist, dass Betroffene und Angehörige Unterstützung brauchen. Hilfestellung, schnell und unbürokratisch. Entlastung, vielleicht auch nur für Stunden. Einen Ort der Sicherheit und keinen Ort der Bedrohung. Einen Ort, an dem man mehr anbieten kann, als malen, basteln und tonen. Liebe, Krankheitsakzeptanz, Herzenswärme und Geduld. Ein wichtiges Fundament für alle. Für die Betroffenen und die Angehörigen. Wenn elf von zwölf Patienten ins soziale Aus geschossen werden, dann sind das elf zu viel.
Aktualisiert: 2020-01-01
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„Tu es in Liebe!“

„Tu es in Liebe!“ von Geest,  Zanne van den
Wie anmutig sie ist. Wie zart und zerbrechlich sie dort neben mir liegt. In die weiße Bettdecke eingerollt hat. Einer kleinen Katze gleich. Ein Lächeln im Gesicht. Wovon sie wohl gerade träumt? Ich streiche ihr eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie räkelt sich verschlafen, dreht sich zur Seite, rückt dichter an mich heran. Ich spüre ihren Atem an meinem Busen. Sonnenstrahlen fallen durch den Spalt der beiden Vorhänge. Wärmen ihren Rücken, der die Spuren der letzten Nacht trägt. Zärtlich decke ich sie wieder zu. Auch die Spuren der letzten Nacht. Striemen, die die Peitschen hinterlassen haben. Spuren von den Schlägen meiner Hände, die sie trafen. Ihr Körper ist gezeichnet von den Spuren der Nacht. Spuren, die ich hinterlassen habe. Wunden, die ich ihr zugefügt habe. Auch ich trage Spuren der letzten Nacht auf meinem Körper. Die Dornen der roten Rosen sind tief in unsere Haut gefahren. Spitz und scharf sind sie in unsere Haut eingedrungen. Stechender Schmerz, der uns hat zusammenschmelzen lassen. Im Schmerz vereint. In einem Schmerz, der voller Liebe war. Ich fahre mit der Hand vorsichtig über meinen Busen. Kleine rote Punkte reihen sich aneinander. Lauter kleine Wunden der scharfen Dornen. Sie werden verheilen. Es werden keine Narben zurück bleiben. Auch ihre Spuren werden wieder verblassen. Aber die Bilder, die Erinnerungen werden uns durch das ganze Leben begleiten. Die Liebe, die wir in diesem Moment gespürt haben, wird uns nicht mehr verlassen. Nie mehr. Mein Blick schweift durch das Zimmer. Wie anders wirkt es jetzt, wo die Sonne es erhellt. Die Rosen liegen verstreut auf dem Boden. Hilflos, wehrlos hatte sie sich mir angeboten, sich mir ausgeliefert. Ängstlich war sie mit mir den gemeinsamen Weg gegangen. Mutig und stolz zugleich. All ihre Sehnsüchte, Träume, Hoffnungen hatte sie mir preisgegeben. Ich kannte ihre Not, ihre Ängste. Hatte ihr Herz und ihre Seele berührt. Schon lange, bevor ich sie zum ersten Mal berührte. Ohne Liebe zu spüren, kann man diesen Weg nicht zu Ende gehen. Angstvoll, erwartungsvoll, hoffnungsvoll, bittend, flehend zugleich, hatten mich ihre blauen Augen angeschaut. Angst und Sehnsucht lag gleichzeitig in ihrem Blick. Sie schrie im Schmerz und doch hörte ich am Klang ihrer Stimme, dass es Schreie der Lust und der Erfüllung waren. Und nun unser erster gemeinsamer Morgen. Ein erstes gemeinsames Erwachen. Ich schließe die Augen, genieße die Wärme der Sonne. Streichel ihr übers Haar. Ich spüre, wie sie sich räkelt. Der Atem, der näher kommt, die Zunge, die meinen Busen verwöhnt. Warm und weich fühlt es sich an, als sie unter meine Decke rutscht. Ich spüre ihre Hand auf meinem Rücken, die langsam nach unten wandert. Ihre Zunge, die über meine Wunden auf dem Busen fährt. Brennender Schmerz. Zärtliche Bisse in meine Knospen, die sich erregt aufgestellt haben. Ich kippe auf den Rücken, als sie sich abrupt aufrichtet und sich auf mich setzt. Ich öffne überrascht die Augen. Katharina thront regelrecht auf mir. Verlegen, übermütig, frech. Legt mir den Zeigefinger auf die Lippen. Lächelt mich an. Tiefblau sind ihre Augen. Glücklich sieht sie aus. Auf den Fotos, die ich von ihr bekam, lachte sie oft. Ihre Augen lachten nie. Wie hübsch sie ist. Sie weiß es auch. Und doch ist sie schüchtern, verlegen. Ich streichel mit beiden Händen über ihren Bauch. Schiebe meine Hände langsam nach oben, bis sie ihre Brüste umhüllen. Sie beobachtet mich. Knabbert mit den Zähnen verlegen auf ihrer Lippe. Ihr Atem wird schwerer. Die Brüste heben und senken sich mit meinen Händen. Unruhig rutscht sie ein wenig weiter nach unten. Ich spüre längst ihre feuchte Erregung auf meinem Bauch.
Aktualisiert: 2020-01-01
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